Die Falschmeldung über Markus Herbrands vermeintliche Einkünfte in Millionen-Höhe wurde bundesweit von verschiedenen Medien verbreitet.
InterviewWie der Eifeler FDP-Abgeordnete Markus Herbrand die Millionen-Falschmeldung erlebte
Für einige Stunden galt der Gemünder Markus Herbrand (FDP) bundesweit in den Medien als der Bundestagsabgeordnete mit den zweithöchsten Nebeneinnahmen. Später wurde der Fehler korrigiert. Wie er diesen Tag erlebte, schildert Herbrand im Gespräch mit Michael Schwarz.
Herr Herbrand, am Dienstag meldeten Medien bundesweit, dass Sie 2022 „Nebeneinkünfte“ in Höhe von fast 3,3 Millionen Euro eingenommen hätten. Das stellte sich als falsch heraus. Wie haben Sie von der Falschmeldung erfahren?
Herbrand: Am Montagabend bekam ich einen Hinweis von einem Bekannten, dass ein Nachrichtenmagazin diese Zahl veröffentlicht hat. Es hat sie später korrigiert.
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Traf Sie das aus heiterem Himmel?
Schon in der vergangenen Woche hatte ein Journalist nachgefragt, wie es denn zu diesem vermeintlichen Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren gekommen sei. Da war ich erstmal erstaunt.
Wie kam der Mann darauf?
Er hatte die Einnahmen auf der Bundestagsinternetseite zusammengezählt und kam auf die 3,3 Millionen. Ich selbst hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht nachgeschaut, was auf der Bundestagsseite stand. Ich habe dem Journalisten erklärt, dass diese Zahl nicht stimmen könne. Er hat seinen Bericht dann mit meinen Angaben und den richtigen Zahlen korrigiert. So dachte ich, die Sache sei aus der Welt.
War sie aber nicht ...
...nein, umso überraschter war ich, dass nun am Montag und am Dienstag andere Medien diese falsche Zahl brachten.
Wie konnte es dazu kommen?
Ich habe der Bundestagsverwaltung monatlich anhand von Excel-Tabellen meine Brutto-Einnahmen als Inhaber einer Steuerberatungskanzlei aufgelistet. Das waren ganze Tapeten. Dabei habe ich Monat für Monat die Beträge addiert. Die Verwaltung hat aber die addierten Summen wiederum addiert. Dann kommt man schnell auf eine solch hohen Betrag.
In etwa so: Jemand erhält von einem Kunden im Januar 1000 Euro und im Februar nochmal 700 Euro. Dann gibt derjenige Ende Februar 1700 Euro als Gesamtsumme an. Die Bundestagsverwaltung rechnet aber 1700 Euro für Februar und addiert nochmal 1000 Euro vom Januar hinzu – und kommt auf 2700 Euro?
Ja, so ähnlich ist das über einen längeren Zeitraum gelaufen. Das nennt man wohl exponentielles Wachstum.
Sie nehmen es also mit Humor?
Ein Freund hat mir eine WhatsApp-Nachricht „Immer diese Millionäre“ mit Zwinkersmiley geschickt. Da habe ich gelacht. Aber schön ist die ganze Situation nicht. Solche Dinge zahlen ja auf das Vorurteil der angeblich nimmersatten Politiker ein. Bei Twitter ist die Blase nach solchen Meldungen am größten. Wenn ich die nächsten Tage in Gemünd vor die Tür gehe, werde ich darauf sicher immer wieder angesprochen. Das ist nicht angenehm, aber gehört wohl dazu, wenn man so ein Amt bekleidet.
Wie haben Sie reagiert, als Sie merkten, dass die falsche Zahl bundesweit im Umlauf war?
Ich war schon etwas schockiert und habe gedacht: Da ist etwas komplett schiefgelaufen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass man meine Angaben falsch verstehen könnte. Und ich habe mich gefragt: Warum sind die falschen Zahlen noch online gewesen, obwohl mir zugesagt wurde, sie von der Webseite zu entfernen, bis alles korrigiert und geprüft ist? Mein Büro und ich haben die Bundestagsverwaltung ja schon am vergangenen Donnerstag auf den Fehler hingewiesen.
Und es ist nichts geschehen?
Nachdem wir ihr die Tabellen über die Umsätze meines Steuerberatungsbüros sowie umfangreiche Erläuterungen zum offensichtlichen Additionsfehler nochmal haben zukommen lassen, waren die richtigen Nebeneinnahmen aus meiner Sicht klar erkennbar. Die Bundestagsverwaltung hat die Angaben dann zunächst intern geprüft, während die falschen Zahlen aber nach wie vor im Netz verfügbar waren. Die Prüfung vom Bundestag und mein grünes Licht für die dann endlich richtigen Zahlen und vor allem die Änderung auf der Bundestagshomepage haben dann leider bis übers Wochenende gedauert. Ich lege immer großen Wert drauf, die Angaben penibel aufzulisten. Ich weiß ja auch, dass das ein sensibler Vorgang ist – zurecht, vor allem nach den Maskendeals. Danach wurden die Regeln für die Angaben nochmal verschärft.
Das ist ja auch sinnvoll, damit die Bürgerinnen und Bürger eventuelle Interessenskonflikte der Mandatsträger erkennen können.
Unbedingt. Die Menschen wollen zurecht wissen, ob ein Bundestagsmitglied Beträge etwa von Maskenherstellern oder einem Rüstungskonzern erhält. Es geht ja um andere als mich, der sein Steuerbüro durch einen angestellten Büroträger betreiben lässt und dessen Mandanten in der Regel kleine Handwerksunternehmer in der Eifel sind. Wobei ich nicht davon ausgehe, dass etwa Maskendeals durch diese Regelungen auffallen werden. So dumm ist ja keiner.
Ihre Nebeneinnahmen liegen nun bei 563.569 Euro. Das setzt sich zusammen aus einer ganzen Reihe von Zahlungen der Mandanten Ihres damaligen Gemünder Steuerbüros ...
...ja, das ist die korrekte Zahl der veröffentlichungspflichtigen Einnahmen, wobei immer von Nebeneinkünften geschrieben wird. Das ist irreführend und es landet beileibe keine halbe Million in meinen Taschen. Angegeben werden die Brutto-Einnahmen, ohne die Ausgaben zu nennen. Von den 563.569 Euro gehen unter anderem Steuern, Mieten und Betriebskosten sowie die Löhne für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab.
Inzwischen haben Sie Ihr Büro an eine Steuerberatungsgesellschaft abgegeben. Warum?
Es ging nicht mehr neben dem Bundestagsmandat. Ich habe zuletzt viele Wochenenden und bis spät am Abend gearbeitet, um beides unter einen Hut zu kriegen. Heute kümmere ich mich als Freiberufler noch um einige wenige Mandanten, die ich seit mehr als 20 Jahren betreue. Ich schäme mich auch nicht dafür, dass ich einen Beruf erlernt habe. Es ist wichtig, dass wir Abgeordnete mit Berufserfahrung haben.
Und wenn Ihre Zeit als Abgeordneter mal enden wird ...
...dann kann ich nicht, wie etwa Beamte, auf meinen Posten zurückkehren, denn das Büro und die Mandanten sind ja nicht mehr da.