Bernhard Vorhagen übergibt die Leitung der Musikschule Schleiden an Peter Rack. Der will die Arbeit seines Vorgängers fortsetzen.
Nach 32 JahrenDie Musikschule Schleiden hat einen neuen Leiter
Der oft bemühte Satz, dass eine Ära endet, ist in diesem Fall wohl passend. Nach 32 Jahren übergibt Bernhard Vorhagen die Leitung der Musikschule Schleiden an Peter Rack. „Ich freue mich jetzt beim Frühstück auf die zweite Tasse Tee. Ich muss ja nicht mehr um 7 Uhr im Büro sein“, sagt Vorhagen. Doch so ganz geht er dann doch nicht: „Ich bleibe noch ein Jahr als Berater und werde auch weiter Unterricht geben.“
Als der damals erst 51-jährige Musikschulleiter Hermann-Josef Poll 1991 nach schwerer Krankheit gestorben war, wählte die Verbandsversammlung der Musikschule Schleiden Bernhard Vorhagen, den aus Aachen stammenden und seit einigen Jahren für die Musikschule tätigen Flötisten, zu seinem Nachfolger.
1400 Schülerinnen und Schüler besuchen Musikschule Schleiden
Der Aachener setzte in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Umbau der Musikschule zu einem kundenorientierten Dienstleistungsbetrieb und weitere Steigerung der musikalischen Leistungsfähigkeit neue Akzente. Darüber hinaus setzte er sich für eine stärkere Vernetzung mit anderen Kulturträgern und für die Intensivierung der Kooperationen mit Schulen, Kindergärten und Familienzentren ein.
Heute werden mehr als 900 der gut 1400 Schülerinnen und Schüler im Rahmen von Kooperationen unterrichtet. Die Musikschule erreicht also breite Teile der Bevölkerung und spielt im Konzert aller Bildungseinrichtungen eine tragende Rolle.
Schleidener Musikschule durch Brand geschädigt
Durch die Weiterentwicklung der Ensemblekultur und die Förderung talentierter Musikschüler wurde ferner der Weg hin zu Konzerten geebnet und eine Vielzahl neuer Veranstaltungen in das Programm der Musikschule aufgenommen.
Nach der Brandserie im Johannes-Sturmius-Gymnasium, die einen der Lernorte der Musikschule sowie das darin gelagerte Material massiv beschädigte, stellte die Corona-Pandemie alle Beteiligten vor eine große Aufgabe. Die Flut sorgte schließlich dafür, dass Vorhagen seinen Ruhestand verschieben musste. „Er hat sich bereiterklärt, die Musikschule nach der Katastrophe wieder in die Spur zu bringen“, erklärt Verbandsvorsteher Ingo Pfennings.
Bernhard Vorhagen unterrichtete viele Kinder und Jugendliche
„Der Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen macht mir immer noch sehr viel Spaß“, betont der 67-jährige Vorhagen. Aktuell unterrichte er noch 22 Stunden pro Woche. „Wenn man über Jahre hinweg 55 bis 60 Stunden in der Woche gearbeitet hat, kann man nicht von heute auf morgen auf null reduzieren.“ Die vergangenen Jahre seien mit Corona und der Flut sehr hart gewesen. Die neu gewonnene Freizeit werde er vor allem für seine Hobbys Lesen und Fotografieren nutzen.
Peter Rack übernimmt zum 1. August das Zepter: „Nachdem mich Bernhard Vorhagen gefragt hatte, habe ich nur einen Tag überlegt.“ Rack wurde 1981 im polnischen Tychy geboren und begann seine musikalische Laufbahn mit zehn Jahren an der Trompete. Fünf Jahre später kamen die Gitarre und das Klavier sowie erste Kompositionen hinzu.
Noch vor Beginn seines Musikstudiums war Rack als Gitarrenlehrer in einer Musikschule tätig. Nach vielen Jahren der Tätigkeit in diversen Orchestern und Musikgruppierungen begann er sein Musikstudium an der Hochschule für Musik und Tanz Köln mit den Fächern Gitarre und Trompete. Wenig später kamen Tonsatz und Klavier hinzu. Nach seinem Abschluss vertiefte er seine kompositorischen und musiktheoretischen Fähigkeiten in einem Masterstudium.
Neuer Leiter will mehr Digitalisierung in Schleidener Musikschule
Neben dem Studium besuchte Rack Meisterkurse und vertiefte zudem seine Kenntnisse an der E-Gitarre. Als erste klassische Kompositionen erklangen 2008 sein Streichquintett und die Elegie für Gitarre. Es folgten weitere Werke für Klavier und Kammermusik sowie zahlreiche Werke in den unterschiedlichsten Besetzungen für die Gitarre.
Heute lebt er in Niederzier und war zuletzt unter anderem als Lehrer, Komponist, Instrumentalist sowie Toningenieur im eigenen kleinen Studio tätig. Erst seit Sommer 2022 unterrichtet er in der Schleidener Musikschule. „Es reizt mich, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und eine große Musikschule zu leiten“, erzählt Rack. Sein Ziel ist es, die Schülerzahl auszubauen und mit Hilfe der Digitalisierung neue Angebote zu machen.
„Für die Lehrer wurden gerade Tablets angeschafft, auf denen alle Noten gespeichert sind“, berichtet Pfennings. Die Unterrichtsräume würden mit Bluetooth-Boxen ausgerüstet. Ein Thema, mit dem sich Rack außerdem beschäftigen muss, ist der Fachkräftemangel. Aktuell gibt es laut Vorhagen nur einen Cellolehrer. „Geld für weitere Lehrkräfte wäre vorhanden, aber es gibt keine Bewerber“, erklärt Pfennings. „Bis vor einigen Jahren gab es noch Initiativbewerbungen. Heute ist das nicht mehr der Fall“, berichtet Vorhagen. Ein Problem sei, dass in den Städten besser bezahlt werde.
Rack will nun unter anderem seine Kontakte nutzen, um neue Lehrer zu gewinnen. „Ich freue mich auf die Herausforderung und werde alles tun, damit die Musikschule Schleiden weiter erfolgreich ist“, betont der neue Leiter.
Musikschulzweckverband Schleiden wurde 1969 gegründet
Der Musikschulzweckverband Schleiden ist der Nachfolger der städtischen Musikschule Schleiden, deren Gründung der Schleidener Stadtrat am 18. Dezember 1969 beschloss. In der Musikschule wurden neben Kindern aus dem Stadtgebiet Schleiden bereits im ersten Unterrichtsjahr auch Schüler der übrigen Gemeinden des damals noch existierenden Kreises Schleiden mit unterrichtet.
2001 wurde die Stadt Zülpich Mitglied des Verbands. Heute gehören zum Verbandsgebiet alle Kommunen des Kreises Euskirchen mit Ausnahme von Bad Münstereifel, Euskirchen und Weilerswist. „Damit ist die Musikschule Schleiden flächenmäßig wohl die größte in Nordrhein-Westfalen“, sagt deren scheidender Leiter Bernhard Vorhagen. Aktuell werden gut 1400 Schüler von 35 Lehrern an verschiedenen Lernorten unterrichtet. „25 davon sind fest angestellt, die restlichen zehn sind Honorarkräfte“, erklärt Verbandsvorsteher Ingo Pfennings.