Stadtrat segnet Etat 2024 abIm Euskirchener Haushalt klafft ein 20-Millionen-Loch

Lesezeit 6 Minuten
Der Asphalt weist Löcher und Risse auf.

Die ramponierte Kreuzung Frauenberger Straße/Königsberger Straße ist kein Einzelfall. Der Rat stellte deshalb jetzt 500.000 Euro für die Sanierung der Infrastruktur in Euskirchen bereit.

Der Euskirchener Haushalt weist ein 20-Millionen-Euro-Defizit aus. Die nächsten Jahre werden ähnlich schlecht, prognostiziert die Kämmerer. 

Der Euskirchener Haushalt für 2024 ist unter Dach und Fach, Anlass zur Freude bietet er nicht. Denn bei Aufwendungen in Höhe von 206,2 Millionen Euro weist der Etat ein Defizit von 20,4 Millionen Euro aus.

Und nach den Prognosen von Kämmerer Klaus Schmitz wird es vorerst kaum besser. Er kalkuliert für die Zeit bis einschließlich 2027 mit einer Gesamtunterdeckung von etwa 94 Millionen Euro. Tröstlich ist allein, dass die Fehlbeträge über die Ausgleichsrücklage abgedeckt werden können, so Schmitz.

Euskirchens Kämmerer spricht von einer deutlichen Schieflage

Dass die Finanzen „in eine deutliche Schieflage“ geraten sind, führt er maßgeblich auf vier Faktoren zurück: gestiegene Energie- und Baukosten, höhere Personalaufwendungen, die permanent steigende Kreisumlage und eher unterdurchschnittliche Schlüsselzuweisungen, die die Stadt vom Land erhält. Angesichts der roten Zahlen gelte es, konsequent gegenzusteuern, forderte der Kämmerer.

Im Rat lehnten nur zwei der zehn Grünen-Stadtverordneten, Dorothee Kroll und Guido Bachem, die Haushaltssatzung ab. Einige Fraktionen hatten vorher Anträge formuliert. CDU-Chef Klaus Voussem sagte, seine Fraktion orientiere sich wegen des hohen Defizits mehr am Machbaren als am Wünschenswerten.

Viele Straßen in Euskirchen müssen saniert werden

So schlug die Union vor, in diesem und im nächsten Jahr jeweils 250.000 Euro – auch wenn tatsächlich deutlich mehr notwendig sei – für die Sanierung von Straßen in den Etat einzustellen. SPD-Sprecher Michael Höllmann war überrascht: Er sagte, auf Initiative seiner Fraktion sei seit Jahren immer wieder Geld für diesen Zweck reserviert worden, zuletzt 400.000 Euro. „Das Geld ist aber nie verbaut worden.“ Besser sei es daher, einen Masterplan für Straßensanierungen zu entwickeln. Der CDU-Antrag wurde trotzdem abgesegnet. Wie er umgesetzt werden soll, wird der zuständige Fachausschuss festlegen.

Dies gilt auch für die Umgestaltung des Platzes auf dem Münsterberg in Kreuzweingarten. Die Bewohner wollen nach Voussems Worten, dass dort ein Begegnungsplatz „für kleine Feste“ entsteht, mit Wasser- und Stromanschluss und Spielgeräten für Kinder.

Auf dem Platz stehen Bäume, ein altes Buswartehäuschen und Autos. Er ist von Straßen mit Einfamilienhäusern gesäumt.

Der Platz auf dem Münsterberg in Kreuzweingarten soll auf Antrag der CDU zu einem Treffpunkt für die Dorfbevölkerung ausgebaut werden.

Wieder meldete sich Höllmann zu Wort. Die SPD unterstütze die Initiative, man dürfe jedoch nicht vergessen, dass sie einen ähnlichen Antrag für den Raiffeisenplatz in Stotzheim eingebracht habe. Dort habe sogar schon ein Bürgerworkshop stattgefunden. Am Ende folgte eine große Mehrheit der CDU und gab für Kreuzweingarten 40.000 Euro frei, während die SPD mit ihrem Vorstoß scheiterte, den gleichen Betrag für Stotzheim bereitzustellen.

Mehr Erfolg hatte sie mit ihrer Idee, fünf weitere mobile Displays anzuschaffen, die die Geschwindigkeit von vorbeifahrenden Autos anzeigen. In welchen Ortschaften die Stadt sie platziert, soll der Verkehrsausschuss entscheiden.

Eine Forderung im Stadtrat: mehr bezahlbarer Wohnraum in Euskirchen 

SPD-Sprecher Höllmann forderte darüber hinaus mehr Anstrengungen für die Umsetzung des städtischen Mobilitätskonzepts, von dem der Fußgänger- und der Radverkehr profitieren sollen, und bekräftige zwei bekannte Anliegen seiner Fraktion: die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum und die Abschaffung oder wenigstens die Senkung der Gebühren für Kindergarten und Offene Ganztagsschule.

Diese beiden Ziele gab auch Claudia Hegeler (Die Partei/Die Linke) aus. Sie regte zudem an, sich mit der Frage zu befassen, ob ein für die Kundinnen und Kunden kostenloser ÖPNV möglich sei – „auch wenn es ein Loch in den Haushalt reißt“.

Die CDU will, dass Euskirchen sich ein Leitbild gibt

Höllmann hatte zuvor den düsteren Vorhersagen von Kämmerer Schmitz widersprochen. Zur Erklärung blickte er zurück: Für die Jahre 2014 bis 2023 habe die Verwaltung ein Gesamtdefizit von 50 Millionen Euro errechnet. „Im Ergebnis sind daraus aber 100 Millionen Euro plus geworden.“ Auch diesmal werde die Prognose nicht   zutreffen.

Auch Voussem blickte in die Zukunft: Er will, dass Euskirchen sich ein Leitbild gibt. Von 2025 soll es um Fragen wie diese gehen: „Welche Art von Stadt wollen wir sein? Wie können wir die Lebensqualität der Bewohner verbessern, wie unsere natürlichen Ressourcen schützen?“

Die Grünen erinnern an die „Trierer Erklärung“

Grünen-Sprecherin Dr. Simone Galliat hob in ihrer Rede unter anderem als positiv hervor, dass die Stadt eine kommunale Wärmeplanung auf den Weg gebracht und eine ökologische Bauleitplanung verabschiedet hat. Unzufrieden sei ihre Fraktion dagegen mit der Windkraftpotenzial-Analyse und mit den ökologischen Standards beim Bau des Rathauses.

Galliat dankte allen, die sich für den Schutz der Demokratie einsetzen. Dies gelte für den Rat, der sich mit großer Mehrheit der „Trierer Erklärung“ angeschlossen hat, genauso wie für alle, die an der Gedenkveranstaltung anlässlich der Pogromnacht teilnahmen, und für die, die der „Stadt mit Gesicht“ ein menschliches Antlitz gäben, etwa indem sie Geflüchtete aufnähmen und ihre Integration unterstützten. „Um Menschen für die Demokratie zu begeistern, müssen wir zeigen, dass wir Dinge gemeinsam anpacken und nachhaltige Lösungen finden können“, erklärte Galliat.

FDP-Sprecher van Bahlen kritisiert die Euskirchener Stadtverwaltung

Manfred van Bahlen (FDP) warf der Verwaltung vor, Beschlüsse des Rates nicht oder nur zögerlich umzusetzen. Das Radverkehrskonzept „dümpelt so vor sich hin“, sagte er. So lasse die Ausstattung der Schulen mit zeitgemäßen Fahrradabstellanlagen immer noch auf sich warten, nannte er ein Beispiel.

Vollkommen unverständlich sei, so van Bahlen, dass die Verwaltung das geplante Bildungszentrum zu Biodiversität und Nachhaltigkeit im Erftpark nicht dem Rat vorgestellt habe, wohl aber den Medien. Es sei ein Unding, dass die Verwaltung dafür nicht die Zustimmung der Politik eingeholt habe, zumal das Zentrum in einem Landschaftsschutzgebiet geplant sei, in dem auch noch Überflutungsgefahr bestehe.

Die AfD stimmte dem Haushaltsplan zu, „trotz Bedenken“, wie Fraktionschef Josef Burkart sagte. Er warf Bund und Land vor, viel zu hohe Ausgaben im Sozialsektor auf die Kommunen abzuwälzen. Burkart bekräftigte auch, dass die AfD Windkraft- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen ablehne. Sie seien „ökonomischer Wahnsinn“.

Richard van Bonn (UWV) lenkte den Blick wie mehrere seiner Vorredner auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum und schloss sich dem Appell der Kämmerei an: „Wir sollten die Tugend des Sparens wiederentdecken und fraktionsübergreifend überlegen, welchen Beitrag wir leisten können.“ Dazu könne auch eine Reduzierung der Aufwandsentschädigungen für Politikerinnen und Politiker gehören.


Wechsel bei der AfD

Roland Borkowski ist aus der Ratsfraktion der Euskirchener AfD ausgeschieden. Seinen Sitz übernahm Viktor Maurer (76), „ein ausgebildeter Mediziner“, teilte Fraktionschef Josef Burkart auf Anfrage mit. Borkowski war eineinhalb Jahre Ratsmitglied. Er habe sein Mandat niedergelegt, weil er aus beruflichen Gründen aus Euskirchen weggezogen sei, so Burkart. 

Nachtmodus
KStA abonnieren