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WestspangeDarum sehen die Kuchenheimer in der Ortsumgehung keine Alternative

Lesezeit 6 Minuten
Das Bild zeigt den neuen Kreisverkehr an der Westspange. Drei Autos befinden sich darin – keines biegt auf die K1n ab.

Die Westspange wird noch nicht so angenommen, wie sich das zumindest die Kuchenheimer wünschen.

Der Weg über die Westspange bei Euskirchen-Kuchenheim ist länger als durch den Ort. Die erhofften Verbesserungen bleiben bisher aus.

Sie ist die Hoffnung für viele Kuchenheimer. Die Westspange K1n würde deutlich weniger Fahrzeugverkehr im 3740-Einwohner-Ort bedeuten. Oder muss man sagen, sie war die Hoffnung? Ist das millionenschwere Projekt des Kreises mit der Stadt Euskirchen schon gescheitert, weil die Verkehrsteilnehmer eben nicht von der B56 kommend auf die mehr als drei Millionen Euro teure K1n in Richtung K24 abbiegen? Weil sie lieber weiter über die B56 durch Kuchenheim in Richtung Bonn fahren?

„Mit dem Neubau der K1n ist ein entscheidender Schritt für die weitere Entwicklung der Ortslage Kuchenheim gelungen“, sagt Achim Blindert, Allgemeiner Vertreter des Landrats: „Die neue Verbindung zur B56 und K24 ermöglicht eine ortsnahe Umgehung, die nicht nur den Verkehr entlastet, sondern auch neue Perspektiven für die städtebauliche Zukunft für Kuchenheim eröffnet. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, weitere Maßnahmen für mehr Lebensqualität vor Ort anzugehen.“

Kuchenheimer empfinden die Wirkung der Ortsumgehung bereits als verpufft

Genau diese Steigerung der Lebensqualität wünschen sich die Kuchenheimer. Einige halten den Effekt der Westspange aber schon für verpufft. „Ich habe sehr oft das Problem, dass ich nicht aus der Einfahrt fahren kann, da ein Verkehrsstrom aus Richtung Bonn dies unmöglich macht. Da meint man manchmal, es wäre eine Fähre eingelaufen“, sagt Michael Welsch, der an der Kuchenheimer Straße (B56) im Bereich des Abzweigs zur e-regio wohnt.

Dort ist seit Jahren ein Kreisverkehr. Den nutzen einige Verkehrsteilnehmer laut Welsch als Startpunkt für eine lautstarke Beschleunigung in den Ort hinein. „Nachts ist das eine richtige Rennstrecke mit immer wieder aufheulenden Motoren“, ärgert sich der Kuchenheimer, der nach eigenen Angaben die Westspange täglich nutzt, weil er ungern die Carl-Koenen-Straße befährt, „da diese in einem sehr desolaten Zustand ist“.

Kuchenheim: Weniger Lkw im Ort, aber gleichbleibend viele Autos

„Man kann öfter beobachten, dass Verkehrsteilnehmer, die aus Euskirchen in Richtung Kuchenheim fahren, die Westspange nutzen und nicht mehr durch den Ort fahren“, so Welsch: „Aber umgekehrt tun sich die Verkehrsteilnehmer irgendwie schwer.“

Sandra Wolbert betreibt mitten in Kuchenheim, wenige Meter von der B56 entfernt, ein kleines Café. Es seien deutlich weniger Lkw, die durch Kuchenheim rollen, seitdem der Ort für den Schwerlastverkehr gesperrt ist. Natürlich verirre sich aber noch der eine oder andere Lkw. Weniger Autos verzeichnet sie aber nicht.

Das Bild zeigt die Carl-Koenen-Straße im Bereich der Stadtbushaltestelle. Ein Auto fährt gerade auf der Straße.

Die Carl-Koenen-Straße in Kuchenheim ist in einem schlechten Zustand. Die Stadt Euskirchen arbeitet an einem Konzept.

Ein Blick auf die reine Strecke verdeutlicht, warum wohl immer noch so viele Verkehrsteilnehmer lieber die B56 als die K1n nutzen: Vom Kreisel der Westspange an der B56 bis zur Ampel kurz hinter Kuchenheim (B56/L210) sind es rund 1,9 Kilometer. Fährt man vom Kreisel über die Westspange, um über die K24 und die L210 bis zu besagter Ampelkreuzung zu gelangen, sind es 3,6 Kilometer. Ein Mehr-Weg, der sich auch in der Zeit widerspiegelt.

Ganz sicher ist die Verkehrszählung, die die Redaktion an einem Dienstagvormittag durchgeführt hat, nicht repräsentativ. Dennoch machte sie – zumindest an diesem Tag – deutlich, dass die Westspange nicht so angenommen wird, wie es sich die Kuchenheimer wünschten und die Verwaltungen erhofften.

Zählung: Nur wenige Autofahrer nutzen die Westspange anstatt der B56

Von der Zuckerfabrik kommend fuhren in 30 Minuten 76 Verkehrsteilnehmer über die B56 weiter in Richtung Kuchenheim, nur sieben auf die Westspange. Über die B56 aus Richtung Kuchenheim kommend waren es im selben Zeitrahmen 89 Verkehrsteilnehmer. Und von der K24 kommend nutzten 26 Verkehrsteilnehmer die Westspange, um in Richtung Zuckerfabrik oder Kuchenheim weiterzufahren.

Für Gerd Loben aus Kuchenheim liegt die fehlende Akzeptanz der K1n vor allem an der nach wie vor vorhandenen Attraktivität der Ortsdurchfahrt: „So lange da nichts passiert, es die Menschen nicht nervt, durch den Ort zu fahren, wird sich nichts ändern.“ Man müsse alle legalen Mittel nutzen, um den Verkehr mehr oder weniger zum Erliegen zu bringen. „Die Bürger von Weiler in der Ebene haben es doch vorgemacht. Dann parken auf einmal die Autos auf der Straße. Dann fließt es nicht mehr, sondern stockt“, so Loben.

Bei neu eingerichteten Ortsumgehungen muss jedenfalls immer eine gewisse Gewöhnungszeit bedacht werden.
Stadtverwaltung Euskirchen zur Westspange

Nach Angaben der Stadt Euskirchen steht die Verwaltung in Abstimmung mit dem Kreis, ob es auch noch andere Möglichkeiten gibt, die Westspange attraktiver zu machen. „Bei neu eingerichteten Ortsumgehungen muss jedenfalls immer eine gewisse Gewöhnungszeit bedacht werden“, heißt es seitens der Stadtverwaltung.

Aktuell gebe es Überlegungen, ein Lärmgutachten in Auftrag zu geben, wenn sich die Menschen erstmal an die Westspange gewöhnt hätten. Bei den entsprechenden Ergebnissen könne man dort, wo erforderlich und rechtlich möglich, Tempo 30 in Abstimmung mit dem Landesbetrieb Straßen NRW gegebenenfalls anordnen. Im Bereich des Kindergartens ist das schon jetzt der Fall. Einige Kilometer weiter, in Oberdrees, ist sogar die komplette B266 im Bereich der Ortslage eine 30er-Zone.

Straßen NRW hat keine Absichten, die Ortsdurchfahrt umzugestalten

Um solche Möglichkeiten überhaupt erst zu haben, will die Stadt nicht nur ein Lärmgutachten, sondern auch eine Verkehrszählung durchführen. Bis die aber valide Zahlen liefert, wird es noch etwas dauern. Der Grund: die Sanierung des Kreisels bei Procter & Gamble sowie der L210 zwischen der Kreuzung B56/L210 und Dom-Esch. Durch die geplante Baumaßnahme wird der Verkehr durch Kuchenheim nach Ansicht von Stadt und Straßen NRW zunehmen und die Zählung verfälschen.

Susanne Friesen, Pressesprecherin von Straßen NRW, Regionalniederlassung Ville-Eifel, sagt dazu: „Zurzeit gibt es keine konkreten Absichten seitens Straßen NRW, die Ortsdurchfahrt umzugestalten. Neben den verständlichen Interessen der Bürger auf ein ruhigeres Wohnumfeld müssen wir aber auch die Aufgabe der B56 im übergeordneten Netz berücksichtigen.“

Tempo-30-Zone in Kuchenheim ist laut Landesbetrieb nicht möglich

Die Einrichtung einer kompletten Tempo-30-Zone für die Ortsdurchfahrt sei nicht möglich, so Friesen: „Lediglich der Bereich an schutzbedürftigen Einrichtungen, wie eben dem Kindergarten, kann so punktuell mit einer reduzierten Geschwindigkeit versehen werden. Auch der Einbau von Verkehrsinseln ist, im übergeordneten Straßennetz, eher kritisch zu sehen.“

Doch dann macht sie den Kuchenheimer wieder Hoffnung: „Aber sicherlich wird es hierzu in der Zukunft weiterhin Abstimmungen zwischen der Stadt Euskirchen, dem Kreis Euskirchen und Straßen NRW geben.“

In den kommenden zwei Wochen dürfte der Verkehr aber zunehmen, auch wenn die Sanierung des Procter-Kreisels am Industriepark noch nicht begonnen hat. Der Kreis Euskirchen hat die Fahrbahnsanierung der K24 zwischen der Hit-Markt-Kreuzung und dem Kreisel an der Felix-Wankel-Straße in Auftrag gegeben. Los gehen die Arbeiten am kommenden Montag, 30. September. Abgeschlossen sein sollen sie am 14. Oktober. Die Umleitung erfolgt über die Achse L 194, Narzissenweg, Felix-Wankel-Straße. Viele Verkehrsteilnehmer dürften aber auch durch Kuchenheim fahren.


Anlieger sollen bei Carl-Koenen-Straße mitgenommen werden

Die Carl-Koenen-Straße in Kuchenheim ist in einem desolaten Zustand. Nicht wenige Anwohner sprechen von der „schlechtesten Straße im Kreis Euskirchen“. Doch es gibt Hoffnung: für die Kuchenheimer und alle diejenigen, die die Straße nutzen. „Die Stadt plant, Mittel für einen Ingenieurauftrag für das Jahr 2025 in den Haushalt einzustellen. Baukosten sind für Haushaltsjahr 2026 vorgesehen“, teilt die Stadt Euskirchen auf Anfrage mit.

Ein bisschen Zeit wird also noch vergehen, bis die Straße stoßdämpferfreundlicher wird. Dass es laut Stadt „noch keine konkreten Planungen für die Straße gibt“, kann auch etwas Positives haben. „Wie bei solchen Baumaßnahmen üblich, werden unterschiedliche Planungsvarianten erarbeitet, die in einem intensiven Dialog und konstruktivem Austausch mit Politik und den Anliegern diskutiert werden“, so die Stadtverwaltung.

Denkbar sei auch, dass die Carl-Koenen-Straße zu einer Einbahnstraße wird. Unabhängig davon werde geprüft, ob aus der Straße eine 30er-Zone wird.