Gleich nach Neujahr geht das jecke Treiben im Kreis Euskirchen weiter. Doch es gibt auch heftige Diskussion und jede Menge Frust.
KarnevalZochweg für Rosenmontag geändert: Einige Jecke in Euskirchen sind auf der Palme
Von wegen besinnlich. Für Christian Ziegler waren die Tage rund um Weihnachten alles andere als ruhig. „Die eine oder andere Diskussion habe ich natürlich mitbekommen – auch an den Feiertagen“, erzählt der Zugleiter des Euskirchener Rosenmontagszug. In den Sozialen Netzwerken ging es heiß her. Neue Regelungen zu den Wagenengeln und vor allem der neue Zochweg erregen die Gemüter.
Der Zoch wird in dieser Session nämlich erstmals nicht vor dem Alten Rathaus enden, sondern auf dem Charleviller Platz. Das entsprechende Konzept hat der Festausschuss Euskirchener Karneval (Feuka) als Organisator des jecken Lindwurms bei der Stadt Euskirchen eingereicht – und die hat es bereits abgesegnet.
Am 3. März werden die rund 80 Gruppen also nicht mehr von der Straße „Im Kleinefeldchen“ auf die Kessenicher Straße abbiegen, um dann über die Baumstraße zum Alten Rathaus zu ziehen. Stattdessen geht es vom Kleinefeldchen geradeaus auf die Sebastianusstraße, dann wenige Meter über die Carmanstraße zum Charleviller Platz.
Euskirchen: Zoch endet 2025 nicht mehr am Alten Rathaus
Nach Angaben von Zugleiter Ziegler gibt es für die Änderung mehrere Gründe. „Unter anderem ist ein Sicherheitsaspekt zum Tragen gekommen“, erklärt er. Das sei mit allen beteiligten Hilfsorganisationen so abgestimmt worden. Der Grund: Die ersten Gruppen waren in der Vergangenheit schon am Alten Rathaus, da war der Prinzenwagen samt Kehrkolonne noch gar nicht die Kirchstraße entlang gefahren. Dadurch habe sich immer ein Stau gebildet, so dass der Zug zum Stehen gekommen sei, so Ziegler.
Viel gravierender aber: Die Jecken bilden dem Zugleiter zufolge dann eine „Insel“ in der Euskirchener Innenstadt. Rettungsdienst und Feuerwehr könnten dann im Ernstfall beispielsweise die Vuven-, die Mühlen- oder die Walramstraße nicht mehr problemlos erreichen. Durch das Zugende am Charleviller Platz soll genau das vermieden werden.
Die Änderung hat Ziegler zufolge noch weitere Vorteile. „Die Kirchstraße ist zu eng für zwei große Festwagen. Die passen da einfach nicht vorbei. Zudem kann der Abfall am Charleviller Platz bequemer entsorgt werden, weil da viel mehr Platz ist“, so der Zugleiter. Entsprechend könnten dort auch etwaige Aufbauten entfernt werden, bevor es mit den Wagen auf den Heimweg gehe.
Das neue Ende sei kein Alleingang des Feuka. Bereits bei der ersten Manöverkritik, unmittelbar nach dem Rosenmontagszug 2024, habe man die Überlegungen den vier vaterstädtischen Vereinen vorgestellt. Gegenwind sei von den Karnevalisten nicht gekommen, so Ziegler. Auch bei der ersten Zugversammlung, bei der zahlreiche Jecken anwesend gewesen seien, habe es keine Kritik gegeben, erklärt der Zugleiter im Gespräch mit dieser Zeitung.
Dafür kommt jetzt Kritik auf – zumindest von einigen wenigen Zugteilnehmern, die ihren Unmut vor allem in den Sozialen Netzwerken kundtun. Ein Euskirchener Gastronom hat sogar eine Petition gestartet. Seine Gaststätte liegt an der Baumstraße, auf der der Zug nun nicht mehr gehen soll. Bis vor kurzem ist die Online-Petition „Erhaltung der alten Route des Euskirchener Karnevalszugs“ mehr als 310 Mal unterzeichnet worden.
Zugleiter Ziegler sagt: „Wir werden in diesem Jahr den neuen Weg gehen – allein schon, weil das Konzept abgesegnet worden ist. Aber natürlich werden wir uns nach dem Zug zusammensetzen und eruieren, ob der neue Weg der Weisheit letzter Schluss ist.“ Und schon bevor der Zug in dieser Session startet, würden die Organisatoren das Gespräch mit denjenigen suchen, die aktuell im Internet auf die decke (Kritik-) Trumm hauen.
Merkblatt der Stadtverwaltung Euskirchen sorgt für große Verwirrung
Und wäre der Ärger um den Zugweg nicht schon genug, gibt es auch noch Diskussionen um die Zahl der Wagenengel. Ein sogenanntes Merkblatt der städtischen Ordnungsbehörde hatte für große Aufregung unter den Zoch-Jecken gesorgt. Basierend darauf hatte der Feuka ihnen nämlich mitgeteilt, dass es ab sofort weitaus mehr Sicherheitsbegleiter geben müsse als bislang. Ab sofort gelte: zwei Wagenengel pro Achse, egal ob großer Festwagen oder kleines Auto, das Kamelle für eine Fußgruppe transportiert.
Das hätte bedeutet, dass an jedem Auto oder Transporter vier Wagenengel mitlaufen müssten, beim Festwagen mindestens acht. Bislang sind Wagenengel bei Pkw freiwillig, bei größeren Festwagen sind es laut Feuka sechs: zwei an der Zugmaschine, zwei an der Verbindung zwischen Zugmaschine und Festwagen und zwei weitere am Festwagen. Der Ärger war groß, zwei Gruppen hatten sich Ziegler zufolge sogar vom Rosenmontagszug abgemeldet: „Sie sahen sich nicht in der Lage, die entsprechende Zahl an Wagenengeln zu stellen.“
Er habe Kontakt zu den Gruppen aufgenommen, so Ziegler. Denn die Stadt Euskirchen will von der Verschärfung der Regelung nichts mehr wissen und will das Merkblatt lediglich als Merkblatt verstanden wissen. Alles nur ein Missverständnis? „Unser Merkblatt ist keine Auflage“, sagt Tim Nolden, Pressesprecher der Stadt Euskirchen, auf Anfrage. Die Veranstalter seien selbst für die Regeln ihres Zuges verantwortlich. Aber, so Nolden weiter: „Die Einhaltung der Rechtsvorschriften, von denen keine Abweichung zulässig und möglich ist, wird von der Ordnungsbehörde konsequent überwacht.“
Erste Gruppen haben Teilnahme am Rosenmontagszoch schon abgesagt
Zu den Rechtsvorschriften zählt laut Nolden unter anderem, dass die Festwagen abgenommen seien, der genehmigte Zugweg eingehalten und kein Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt werde.
Sinn und Zweck des Merkblattes sei es gewesen, dem Feuka die Richtschnur aufzuzeigen, wie andernorts vorgegangen werde. „Das Ordnungsamt unterstützt die Organisatoren auch gerne dabei, ein sinnvolles Regelkonstrukt zu erstellen“, stellt Nolden klar.
Das ist laut Ziegler mittlerweile geschehen. In einem konstruktiven Gespräch habe man sich darauf verständigt, dass alles beim alten bleibe. Also keine Wagenengel an den Autos – es sei denn, die Gruppen möchten das.
Neue Regeln zu Wagenengeln – oder war alles nur ein Missverständnis?
Das sorgt für Erleichterung bei den Zugteilnehmern, etwa bei Silke Altenbach, seit 25 Jahren Mitglied der Fußgruppe „Jecke Höhner“: „Für uns als Gruppe wird es immer schwieriger, den Zoch zu bestreiten. Die Kosten für das Wurfmaterial sind in den vergangenen Jahren explodiert. Nun vier Wagenengel zu finden, die uns umsonst begleiten, hätte sich als sehr schwierig erwiesen“, sagt Altenbach.
Die Wagenengel-Regelungen sind im Kreis Euskirchen sehr unterschiedlich. Schon allein in Mechernich gibt es laut Silvia Jambor, Leiterin des Ordnungsamts, unterschiedliche Regelungen. „Grundsätzlich ist es eine Ermessensentscheidung“, sagt sie.
Im Mechernicher Stadtgebiet seien Festwagen vor allem im Bereich der Verbindungen und im hinteren Abschnitt mit Wagenengel abzusichern. Beim Lichterzug in Eiserfey werde zudem vom Veranstalter ein Sicherheitskonzept gefordert – wegen der Besonderheit, dass der Zug in der Dunkelheit gehe, so Jambor. Dort seien auch mehr Wagenengel verpflichtend. Eine Verschärfung zu den vergangenen Jahren sei das aber nicht.
Auch in Bad Münstereifel ist – zumindest derzeit – keine Änderung der bestehenden Regeln vorgesehen. Petra Schneider-Jonas, Mitglied der IG „Rettet den Karneval“ und Mitarbeiterin des städtischen Ordnungsamts, erläutert, dass vor allem an den größeren Festwagen Wagenengel gefordert sind, ansonsten nicht. „Wir fahren ja nicht mit 50 km/h durch die Stadt“, sagt Schneider-Jonas.
Nach Neujahr geht's los: Karneval im Kreis Euskirchen
Gleich zu Beginn des neuen Jahres steht für die Euskirchener Karnevalisten bereits der erste Höhepunkt an.
Am Samstag, 4. Januar, steigt ab 19 Uhr in der Alten Tuchfabrik die Proklamation des ersten Prinzenpaares der Stadtgeschichte.
Sonntag, 16. Februar: Es ist ein großes Stelldichein für Garden und Showtanzgruppen – das Funkentreffen ab 10.30 Uhr in der Mehrzweckhalle in Arloff.
Samstag, 22. Februar: Der erste Karnevalszug der Session geht in Kreuzweingarten-Rheder. Start ist um 14.11 Uhr.
Sonntag, 23. Februar: Es wird nicht nur gewählt, sondern in Euskirchen startet um 11.11 Uhr der Kinderzug auf dem Annaturmplatz.
Dienstag, 25. Februar: In Weilerswist ist Damensitzung. Mehr als 1000 jecke Wiever verwandeln die Erft-Swist-Halle in ein karnevalistisches Tollhaus.
Donnerstag, 26. Februar: In Euskirchen, Mechernich, Zülpich oder auch Kall werden die Rathäuser gestürmt. Die Wiever übernehmen am Weibertag die Macht. Wer nicht nach Köln fährt, findet unter anderem im Euskirchener Casino eine jecke Alternative.
Freitag, 28. Februar: In Eiserfey tanzen wieder die Sterne. Los geht der Lichterzug um 19 Uhr.
Samstag, 1. März: Die Geister sind los. In Blankenheim zieht der Geisterzug durch den Ort. Der Startschuss fällt um 19.11 Uhr.
Montag, 3. März: Am Rosenmontag ziehen zahlreiche Züge durch den Kreis. Unter anderem in Kommern, Iversheim, Zülpich und Euskirchen.