Zülpich-Linzenich – Die Videoaufnahme einer Bodycam, die einer von vier Polizisten trug, als ein Beamter am Montag in Zülpich-Linzenich einen tödlichen Schuss auf einen 31-jährigen Randalierer abgab, ist von den Ermittlern der Bonner Polizei ausgewertet worden. Wie Alexander Klingberg, Sprecher der Staatsanwaltschaft Bonn mitteilte, widerspreche diese Aufnahme nicht der Darstellung der beteiligten Polizisten.
Der Polizist hatte auf den 31-Jährigen geschossen, weil der Mann eine junge Polizistin in den „Schwitzkasten“ genommen und ihr ein Messer an den Hals gehalten habe. Das hatte die Staatsanwaltschaft Bonn am Donnerstag infolge der Berichterstattung dieser Zeitung bestätigt. Auf mehrere Ansprachen der Polizisten habe der Mann ebenso wenig reagiert wie auf das von den Beamten eingesetzte Pfefferspray.
Eine Obduktion habe ergeben, dass der 31-Jährige durch den Schuss in den Kopf gestorben sei, sagte Klingberg.
Polizist wird nach Schuss psychologisch betreut
In einer ersten gemeinsamen Mitteilung hatten die Staatsanwaltschaft Bonn und die Bonner Polizei am Montag erklärt, dass der 31-Jährige, der vor dem Haus seiner Mutter randaliert hatte, die eingesetzten Beamten unvermittelt mit einem gezogenen Messer angegriffen habe. Das warf die Frage auf, warum der Beamte, der geschossen hat, nicht erst einen Warnschuss oder einen nicht lebensbedrohlichen Schuss auf den Mann abgegeben hat.
Der Polizist wird nach den Geschehnissen psychologisch betreut. Das gilt auch für die drei anderen Streifenbeamten, zu denen die junge Beamtin gehört, die direkt von dem 31-Jährigen bedroht wurde. Sie habe sich zum Ablauf der Geschehnisse geäußert, sagte Klingberg.
Linzenich: Randalierer nahm Polizistin in „Schwitzkasten“
Daher ermittelten Staatsanwaltschaft und Polizei derzeit, ob der Polizist in Nothilfe geschossen habe. Nothilfe liege vor, wenn eine Notwehrmaßnahme zum Schutz eines Dritten angewendet werde. Das werde sehr sorgfältig geprüft.
Nach Informationen dieser Zeitung soll der 31-Jährige, der von den beiden Streifenwagenbesatzungen vor der Haustür angetroffen wurde, zunächst um das Haus herum in den Garten gelaufen sein. Dabei hatte ihn auch das von den Polizisten eingesetzte Pfefferspray nicht stoppen können. Die Beamten sollen ihm gefolgt sein.
Im Garten ist die Situation eskaliert: Der Mann soll unvermittelt das Messer gezogen, die junge Polizistin in den „Schwitzkasten“ genommen und ihr das Messer an den Hals gehalten haben. Daraufhin habe die Beamtin in Todesangst laut geschrien. Um sie zu retten, soll ihr Kollege, ein erfahrener Polizist, auf den Kopf des Mannes geschossen haben. Der sofort alarmierte Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen.
Herbert Reul: Kein leichtfertiger Gebrauch von Schusswaffen
„Unsere Polizisten werden sowohl in ihrer Ausbildung als auch in regelmäßigen Fortbildungen und Trainings intensiv auf gefährliche und auf lebensbedrohliche Situationen vorbereitet“, betonte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU).
Das Thema „Schießen/Nichtschießen“ sei dabei „ein elementarer Bestandteil der Konzeption“ und werde „zigfach geübt“, so der Minister; „Ich bin der festen Überzeugung, dass keine Beamtin, kein Beamter in Nordrhein-Westfalen leichtfertig von der Schusswaffe Gebrauch macht, sondern es immer die Ultima Ratio ist!“
Mit Drogendelikten aufgefallen
Unklar ist immer noch, weshalb der 31-Jährige vor dem Haus seiner Mutter randaliert hat. Nach Recherchen dieser Zeitung lebte er nicht in diesem Haus. In der letzten Zeit soll er gemäß Beobachtungen von Dorfbewohnern das Haus aber häufiger aufgesucht haben.
In der Vergangenheit ist er in Linzenich auch im Zusammenhang mit möglichen Drogendelikten aufgefallen. Doch warum hat er sich am Montag so aggressiv verhalten? Warum hat er vor dem Haus an seinem eigenen Wagen die Fensterscheibe zertrümmert und die Motorhaube zerbeult? All das sei Gegenstand der aktuellen Ermittlungen, erklärte Staatsanwalt Alexander Klingberg.
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Die polizeilichen Ermittlungen hat eine Mordkommission des Kriminalkommissariats 11 der Bonner Polizei aufgenommen. In Fällen, in denen es zu einem tödlichen Schusswaffengebrauch kommt, übernimmt nach der Hauptstellenverordnung aus Neutralitätsgründen stets eine benachbarte Hauptstelle die Ermittlungen. Hätte es sich in diesem Fall etwa um einen Bonner Polizisten gehandelt, wäre die Hauptstelle in Köln zuständig gewesen. (mit Redaktion)