Viele Brücken in Köln und der Region können die Verkehrslast nicht mehr tragen. Sie müssen dringend saniert werden, sonst drohen Sperrungen.
„Es muss sofort gehandelt werden“115 Brücken in Köln und Region sind marode und baufällig
Die Region rund um Köln schlittere sehenden Auges in ein großflächiges Verkehrschaos, so beschreibt der IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein die Situation der sanierungsbedürftigen Brücken.
Allein 115 Brücken in Köln und Region müssen bis 2030 saniert werden, das stellte eine Untersuchung der RWTH Aachen in Zusammenarbeit mit der IHK Köln und den Rheinland-IHKs fest. Die Brücken wurden von den Expertinnen und Experten daraufhin untersucht, ob sie nach wie vor den tagtäglichen Verkehr tragen können. Das Ergebnis ist erschütternd.
Die 115 Brücken in der Region wurden mit der Kategorie V auf dem Traglastindex bewertet, teilt die IHK Köln mit. Der Traglastindex gibt an, ob der Zustand einer Brücke für die Verkehrslast, die sie tragen soll und muss, geeignet ist. Die Bewertung erfolgt in fünf Stufen von I bis V. Stufe I bedeutet, dass die klassifizierte Brückentragfähigkeit auch dem geforderten Zielniveau entspricht. Im Klartext sind Brücken auf Stufe I unproblematisch.
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Der Zustand vieler Brücken in der Region ist „nicht ausreichend“
Die höchsten Stufen IV und V zeigen allerdings mitunter massive Probleme an. Im Detail bedeutet das, die Traglast der Brücken wird dem tagtäglichen Verkehr „nicht mehr gerecht“ und sie müssten laut Studie „bis 2030 gründlich geprüft und gegebenenfalls ersetzt werden“. Andernfalls könnten die Brücken wegen Schäden, die von Überlastung herrühren, gesperrt werden – und dann käme es zu einem Verkehrschaos an Knotenpunkten.
Neben den 115 Brücken mit der Klassifizierung V auf dem Traglastindex, wurden weitere 210 Brücken in Köln und Region auf Stufe IV bewertet und müssten ebenfalls „zügig geprüft und im Bedarfsfall ersetzt“ werden. „Mit diesem Wissen schlittern wir sehenden Auges in das nächste großflächige Verkehrschaos – im schlimmsten Fall mit Komplettsperrungen und Abriss der Bauwerke“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein. „Es muss sofort gehandelt werden – auf allen politischen Ebenen.“
Brücken sind unter anderem in den Städten Köln und Leverkusen, aber auch im Rheinisch-Bergischen Kreis, Oberbergischen Kreis und im Rhein-Erft-Kreis betroffen. Unter den Brücken mit Traglastindex IV und V bestehen zudem weitere Unterschiede, die in sogenannten Zustandsnoten erfasst werden. Die reichen ähnlich wie bei Schulnoten von 1 (sehr guter Zustand) bis 4 (ungenügender Zustand).
Am schlechtesten steht es in der Region demnach um zwei Brücken in Leverkusen, zwei im Oberbergischen, drei in Rhein-Berg und drei in Rhein-Erft, die alle jeweils mit der Note 3 bewertet werden, also einem „nicht ausreichenden Bauwerkzustand“. Besonders kritisch ist der Zustand der Rheinbrücke von Köln nach Leverkusen an der A1. Sie ist auf dem Traglastindex mit der schlechtesten Kategorie V ausgezeichnet und ist mit der Zustandsnote 3,5 bewertet, was einem „ungenügenden Bauwerkszustand“ entspricht. Sie muss also dringend ersetzt werden.
Lange Prozesse verhindern zügigen Ausbau der Brücken in Köln und Region
Wegen starrer Verfahren, langer Dauer und fehlendem Personal sei der Studie zufolge zu befürchten, dass zahlreiche Brücken im Rheinland „abgelastet“ oder für den Verkehr gesperrt werden müssten, auch wenn die Projekte für die Instandhaltung priorisiert würden. So sei es beispielsweise bei der Leverkusener Rheinbrücke auf der A1 und bei der Rahmede-Talbrücke (A45) der Fall, schreiben die Expertinnen und Experten in der Studie.
Über die Rheinbrücke Leverkusen dürfen keine Lkw mehr fahren und die Rahmede-Talbrücke wurde gesprengt, weil sie nicht mehr verkehrstauglich war. Das habe schon jetzt für Pendlerinnen und Pendler und Lkw-Verkehr erhebliche Auswirkungen und führe künftig außerdem zu „unternehmerischen sowie volkswirtschaftlichen Kosten und Umweltschäden.“
Um ein Verkehrschaos dieser Größenordnung zu vermeiden, schlagen die Studien-Initiatoren unter anderem vor, ein Sondervermögen Rheinbrücken bereitzustellen. Aktuell stünden die mangelnde Digitalisierung der Daten, lange Planungsprozesse und fehlendes effektives Monitoring der Brücken dem zügigen Ausbau im Weg. „Es muss vermieden werden, dass beispielsweise eine Firma in 3D plant, die entsprechende Behörde aber nur 2D verarbeiten kann“, heißt es in der Studie.
Opposition im Landtag wirft Ministerpräsident Hendrik Wüst Untätigkeit vor
Auch im Landtag verursacht die hohe Anzahl an maroden Brücken Aufruhr. Die Opposition wirft Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Untätigkeit bei der notwendigen Sanierung vieler maroder Brücken in Nordrhein-Westfalen vor.
Es drohe Chaos, sagte der FDP-Abgeordneter Christof Rasche am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde. Wüst habe bereits in seiner Amtszeit als NRW-Verkehrsminister nicht gehandelt. „Es gibt da große Versäumnisse“, so Rasche.
Verkehrsminister Oliver Krischer weist Vorwürfe zurück
Der AfD-Abgeordnete Klaus Esser warf der schwarz-grünen Landesregierung vor, das Brücken-Problem seit Jahrzehnten „verschlafen“ zu haben. Die kürzlich abgerissene Rahmede-Talbrücke sei nur die Spitze des Eisbergs, denn „die Brücken bröckeln vor sich hin“.
Grünen-Verkehrsminister Oliver Krischer wies die Vorwürfe zurück. Die meisten der in der Studie als problematisch definierten Brücken lägen an Autobahnen und gehörten damit in die Verantwortung des Bundes, nicht des Landes. Die Landesregierung setze bei den notwendigen Sanierungen der Brücken in ihrer Verantwortung Prioritäten, denn sie könne „nicht aus dem Vollen schöpfen“.
Es gelte das Prinzip „Erhalt vor Neubau“. 296 Brücken seien sanierungsbedürftig. In diesem Jahr will das Land nach früheren Angaben Krischers etwa 67 Maßnahmen mit einem Volumen von 100 Millionen Euro umsetzen. (mit dpa)