Tresorraum war überflutetKreissparkasse in Leichlingen ist immer noch eine Baustelle
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Leichlingen – „Sie werden jetzt sicher denken: Hier sieht es ja noch genauso aus wie vor einem Jahr“, bedauert Markus Luyven und schließt die Türe zu dem kahlen und betongrauen Rohbau auf, der einst die Kundenhalle der Kreissparkasse Köln (KSK) an der Neukirchener Straße war. Stimmt. Kein Mensch zu sehen. Keine Möbel, keine Lampen, kein Fußboden. Erst recht keine Büros oder Tresen. Es sieht stellenweise noch so schlimm aus wie im Juli 2021, als die Leichlinger Niederlassung der KSK überflutet worden ist.
Ein Jahr nach der Flutkatastrophe kehrte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit dem Leiter der Regionalfiliale zum Ortstermin an gleicher Stelle zurück, um nachzuschauen, warum die Bank immer noch geschlossen ist und warum der Kundenservice immer noch nur im Notbetrieb läuft.
Und Luyvens Einschätzung trifft beim Besuch der Baustelle zu. Die Zeit scheint tatsächlich fast stillzustehen in der Leichlinger KSK-Filiale. Ok, die Heizer und Lüfter, die monatelang im Haus liefen, sind mittlerweile verschwunden. Es ist trocken im Bau und es riecht nirgends mehr modrig. Aber die abgehängte Decke in der ruinierten Schalterhalle ist jetzt komplett aufgerissen und gibt den Blick auf Lüftungsschächte und Kabelbrücken frei. Der Estrich ist von einer Armada an Presslufthämmern überall massiv aufgestemmt und durchlöchert worden – er musste regelrecht ausgeschachtet werden, weil „zehn Kilometer Kabel im Boden lagen“, erklärt Luyven.
In der Tiefgarage blickt man hinter einer damals vom Wasserdruck weggesprengten Wand in einen offenen Versorgungsschacht, in dem noch eine dicke Schicht Wupperschlamm vom Hochwasser klebt. Hierhin ist offenbar noch niemand vorgedrungen, um sauber zu machen.
Während inzwischen überall in Leichlingen die meisten Wohnungen und Geschäfte renoviert sind, auch in der Gartenstraße jetzt die letzten Lokale wieder eingerichtet werden, geht es mit der Sanierung der Sparkasse zur Verwunderung der Kunden auf den ersten Blick also nicht recht voran. Die KSK hinkt hinterher und gehört beim Wiederaufbau in der Stadt (wo sie auch das zu ihren Immobilien zählende Jugendzentrum und das Sportlerheim in der Balker Aue noch sanieren muss) zu den Schlusslichtern beim Wettlauf um Handwerker und Baumaterialien.
Filialleiter Luyven erklärt, warum das so ist: „Insgesamt 20 Filialen der Kreissparkasse waren vom Hochwasser betroffen. Unsere Priorität lag zuvorderst darauf, an diesen Standorten schnell wieder die Bargeldversorgung nebst Service- und Beratungsleistungen wiederherzustellen. Dies ist uns mit unseren mobilen Filialen und teilweise mit Containerlösungen in kurzer Zeit gelungen.“
Die KSK setzt ihre Handwerksfirmen nun dort ein, wo der Bedarf am dringendsten ist. „Wir in Leichlingen können inzwischen auch das erste Obergeschoss nutzen, wo seit September 16 Büros in Betrieb sind“, erläutert Luyven die Situation in seinem Haus. Nachdem anfangs eine mobile Filiale im Lkw vor der Türe an der Neukirchener Straße im Einsatz war, konnte zudem im Oktober im Erdgeschoss ein provisorisches Servicecenter mit zwei Arbeitsplätzen eröffnet werden.
Die Sanierung in der Leichlinger Filiale, die im Juli 2021 samt Tresorraum und Kundensafes 1,20 Meter unter Wasser stand, ist ein Millionenprojekt. „Wir haben versucht, so schnell wie möglich wieder handlungsfähig zu werden. Aber da war es mit durchfeudeln nicht getan“, erinnert Luyven an den Untergang: „Die komplette Wiederherstellung des Gebäudes bedarf einer Planung wie für einen Neubau. Hier geht es nicht um ein paar Büroräume, sondern die gesamte technische Infrastruktur mit Klima-, Steuerungs- und Sicherheitstechnik einschließlich der EDV muss komplett erneuert werden.“
Seit Stromversorgung und EDV-Anbindung wieder hergestellt sind, kann im oberen Stockwerk, wo 20 Beschäftigte arbeiten, das komplette Anlage- und Kreditgeschäft wieder angeboten werden. Zu den Beraterinnen und Beratern gelangt man nach Terminabsprache durch einen Nebeneingang übers Treppenhaus, wo man noch auf unverputzte Kabelstränge, Plastikplanen und den steckengebliebenen Aufzug stößt, der irreparabel ist und ersetzt werden muss.
Geldautomat am Bahnhof ist wieder in Betrieb
Nach der Sprengung des Geldautomaten in der SB-Filiale der Kreissparkasse am Bahnhof ist der Schalter an der Ecke Hochstraße inzwischen wieder in Betrieb. Nach der schweren nächtlichen Explosion im September 2021 bestand anfangs der Verdacht auf Einsturzgefahr an dem Wohn- und Geschäftshaus. Während der benachbarte Bioladen bis heute nicht wieder geöffnet worden ist, ist das Ladenlokal der Sparkasse renoviert worden und täglich von 5.30 bis 23 Uhr geöffnet. Es sind eine doppelte Eingangstüre eingebaut und eine neue Video-Überwachung installiert worden. Nachts bleiben die Türen aus Sicherheitsgründen verschlossen. (hgb)
Im Selbstbedienungs-Center und in der SB-Filiale am Bahnhof sind Geldautomaten und Auszugsdrucker installiert. Was den Kunden im Ort fehlt, ist derzeit noch ein Überweisungs-Terminal. Überweisungen können aber am heimischen PC, über die Sparkassen-App, telefonisch oder sogar per Video-Chat erledigt werden – oder wie früher handschriftlich auf vorgedruckten Formularen ausgefüllt und in der Filiale abgegeben oder in den Briefkasten geworfen werden. Oder man fährt zu den Filialen in Witzhelden und Burscheid.
Wann geht es in der Leichlinger Niederlassung voran? Die Prognose lässt ahnen, wie aufwändig die Sanierung des Hauses ist: Erst Ende 2023 rechnet die Kreissparkasse mit der Wiedereröffnung ihrer ruinierten Schalterhalle. „Kundinnen und Kunden sind überrascht, dass das so lange dauert“, weiß Luyven, „aber es hat noch keiner gemeckert. In Leichlingen weiß man um die Schwere der Flutschäden, und alle Menschen vor Ort sind sowieso hierfür sensibilisiert.“
Den Standort direkt an der Wupper aufzugeben, erklärt der Filialleiter, habe für die KSK trotz der immensen Schäden nie zur Debatte gestanden. Mögliche Schutzvorkehrungen für die Zukunft würden beim Wiederaufbau berücksichtigt. „Die Elektrotechnik kommt nicht mehr in den Keller,“ sagt Luyven, und der Tresorraum, wo damals 1100 Kundendepots überflutet worden waren, soll wasserdicht abgeschottet werden. Ihn nach oben zu verlegen, sei aus statischen Gründen kaum möglich. Alleine eine der schweren knallroten Stahltüren im Keller wiegt 4500 Kilo.