Im Leverkusener Amtsgericht ist im Prozess um in einer Zahnarztpraxis verschwundene 200.000 Euro Computer-Expertise gefragt
Amtsgericht LeverkusenWühlen in der Zahnarzt-Datenbank
Der Prozess um einen Leverkusener Zahnarzt, der seiner ehemaligen Helferin vorwirft, Geld hinterzogen zu haben, ist am Freitag in den inzwischen 24. Verhandlungstag gegangen. Die Mitte 40 Jahre alte Helferin soll nach der Version des Zahnarztes Geld veruntreut haben, das Patienten nach der Behandlung in der Praxis bei ihr in bar gezahlt haben. Quittungen, so die Anklage, habe die Angestellte an die Patienten aber ausgegeben. Die Unterschlagungen sollen laut Anklage von Februar 2017 bis April 2020 gelaufen sein, der Zahnarzt nimmt aber an, dass sein Geld schon länger abgezweigt wurde: seit 2012.
Die Verteidigung versucht Zweifel zu sähen. Ihre Version: der Zahnarzt könnte ebenso gut selbst in die Kasse gegriffen haben und das viele Geld einfach nicht versteuert haben. Das Finanzamt hatte bei einer Buchprüfung Unregelmäßigkeiten festgestellt. Unklar ist, wie viel genau fehlt: wegen des Steuergeheimnisses.
Helferin droht eine hohe Regressforderung
Sowohl für den Zahnarzt als auch für die Helferin geht es um viel: Der Helferin droht neben einer Verurteilung wegen Untreue eine saftige Regresszahlung, sie wäre aber schon aus dem Schneider, wenn Zweifel an ihrer Schuld blieben, denn dann könnte sie nicht verurteilt werden. Dem Zahnarzt blühen dagegen bei einem Freispruch der Helferin ernsthafte Probleme wegen Steuerhinterziehung.
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Es ist eine Seltenheit, dass sich das Amtsgericht über 24 Verhandlungstage mit einer Sache beschäftigt – und es werden noch mehr. Die digitale Dokumentation bei Zahnärzten ist eine eigene, komplizierte Sache; das Gericht muss sich mit Datenbanken und speziellen Programme beschäftigen. Am Freitag waren Fachleute der Software-Firma als Zeugen in Opladen geladen, bei der der Zahnarzt Kunde ist.
Spurlose Eingriffe in Datenbank möglich
Fazit: Es gibt wenige Vorgänge in der Praxis, die nicht hinterher in irgendeiner Computerdatei gespeichert stehen. Der Nachweis über Schuld und Unschuld lässt sich daraus dennoch nicht einfach herauslesen: Die Daten liegen auf einem Server in der Zahnarztpraxis. Aber, sofern man ein Administratorenpasswort hat, kann man von überall darauf zugreifen. Und nach der Aussage eines Software-Entwicklers soll es kundigen Menschen durchaus möglich sein, etwas an einer noch so kompliziert und in sich verzahnten Datenbank zu ändern, dass sie immer noch stimmig wirkt, und die Spuren dieser Eingriffe zu verwischen. Also potenziell auch der Zahnarzt, womöglich. Jetzt will das Gericht noch einmal die Daten aus dem Praxis-Server abrufen lassen und von der Polizei auf Unregelmäßigkeiten in der Struktur prüfen lassen.
Einen nachweislichen und seltsamen Datenfehler hat die Verteidigung bei Recherchen aber jetzt schon herausgearbeitet: Ausweislich des vorliegenden Datenmaterials soll die angeklagte Helferin achtmal wegen irgendwelcher Probleme mit dem Programm bei der Hotline der Softwarefirma angerufen haben. Allerdings zu Zeiten, als sie schon längst gefeuert war, sagt Anwalt Abdou A. Gabbar und hält triumphierend eine ausgedruckte Liste hoch.
Der Prozess wird fortgesetzt.