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Drei Barthaare und HerzchenDas sagen Leverkusens Wahlplakate über die Bewerber aus

Lesezeit 3 Minuten

Die Kühe in dieser kleinen Herde interessieren sich nicht für Wahlplakate, auch nicht für gut gemachte.

Leverkusen – Es gibt Leute, die sich an den Botschaften auf den Wahlplakaten an den Laternen schwer stören, auch wird behauptet, dass sie kaum einen Einfluss auf Wahlentscheidungen haben. Wie auch immer: Sie hängen zu Tausenden in der Stadt und sie bringen eine gewisse optische Unruhe in die Welt, die die Aufmerksamkeit unmissverständlich auf die kommende Wahl lenkt. Die Vielfalt der Werbetafeln ist groß, im Wahlkreis 101 - Leverkusen/Köln IV treten elf Wahlkreisbewerber um die Erststimme an, 27 Parteien wollen die Zweitstimme der Wähler. Wir haben uns einige Plakate mit zum Teil subjektivem Blick etwas genauer angesehen.

Drei Frauen und ihre Plakate: Anpacken will Serap Güler.

Vorbei die Zeiten, als man hemmungslos Bilder bearbeitete, bevor sie auf die Tafeln gedruckt wurden. Reihenweise fielen früher Politiker auf, weil sie sich in der Werbeagentur nach art eines Beauty-Models die Falten wegretuschieren ließen.

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Es wird vielleicht sogar Absicht sein, dass man auf Karl Lauterbachs Plakat am Kinn noch drei Barthaare findet, die er bei der Rasur vor der Aufnahmesitzung beim SPD-Fotografen vergessen hat. Die Fliege ist weg: Bis 2017 war sie das Markenzeichen, jetzt trägt Lauterbach sie noch im Karneval. Das Kürzel „SPD“, weiß auf hellgrau, springt einen nicht gerade an. Sein Kanzlerkandidat Olaf Scholz findet man in Leverkusen kaum, aber das wird sich womöglich noch ändern.

Drei Frauen und ihre Plakate: Cornelia Besser warnt vor Sabotage.

Häufiger dagegen sieht man den Konkurrenten, Christian Lindner von der FDP. Genau wie im letzten Bundestagswahlkampf hat man ihn mit authentischen Schwarzweißbildern in Szene gesetzt. Etwa in Denkerpose mit dem Satz: „Nie gab es mehr zu tun.“ Allerdings könnte dieser Slogan nach hinten losgehen, denn wenn Lindner tatsächlich so gerne arbeitet, hätte er sich dann nicht schon nach der vergangenen Wahl ins Regieren stürzen müssen, statt die Koalitionsverhandlungen platzen zu lassen?

Foto wirkt blass

Das Foto der 25-jährigen FDP-Kandidatin Cornelia Besser fällt gegen die Profibilder ihres Vorsitzenden stark ab, es ist blass. Da wäre mehr möglich gewesen. Auch inhaltlich: „Steuererhöhungen sind Sabotage am Aufschwung.“ Der Satz mit dem Kriegsvokabular passt irgendwie nicht zum Bild der jungen Frau.

Drei Frauen und ihre Plakate: Einfach bereit ist Nyke Slawik.

Fast wie eine Heilige von einem Altarbild wirkt die Darstellung der CDU-Kandidatin Serap Güler. Ein zugewandtes Lächeln, sie steht vor rohem Beton, die Haare offen und schön. „Anpacken. Für unsere Zukunft“, so ihr inhaltsfreier Slogan.

Ein Herz-Jesu-Marxist? Oder doch ein Betonkopf?

Mit ihrem Gesicht könnte man für manches werben, aber eben auch für sie selbst. Welcher CDU-Helfer will da noch Armin Laschet plakatieren? Den findet man in Leverkusen zur Zeit noch sehr selten.

Die nette Oma wählt natürlich „Die Linke“.

Die Grünen kommen eher blassgrün, radikale Forderungen Fehlanzeige. „Klima schützen!“ ist schon das Maximum. Den Wähler nicht erschrecken. Die Wahlkreiskandidatin Nyke Slawik blinzelt distanziert, der Hintergrund ist nicht erkennbar.

„Die Partei“ will ein bisschen provozieren.

Die AfD stellt sich harmlos dar und wirbt in Leverkusen nicht mit den ganz extremen Sprüchen. „Klima-Hysterie“, „Abschieben“ oder „Deutsche Frau kein Freiwild. Kapiert?“ kommen bisher nicht vor, die Partei, in der Björn Höcke Mitglied sein darf, der mit richterlicher Erlaubnis Faschist genannt werden darf, gibt sich zahm. Die meisten Parteien werden am Wahlabend wieder unter „Sonstige“ geführt werden. Von diesen kleinen haben sich bisher nur Volt, „Die Partei“ mit ihren Spaßplakaten, und die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands – laut Wikipedia sind das Stalinisten – erstaunlich weit im Stadtbild breit gemacht. Die MLPD soll vermögend sein.

Deren lokaler Spitzenkandidat Jonathan Meier träumt auf seinen Plakaten von echtem Sozialismus und von Rebellion. Statt knallhart die letzten Betonköpfe anzusprechen, versteckt man sich optisch: Hammer und Sichel, eigentlich Teil des MLPD-Parteiemblems, wurden auf dem Plakat weggelassen. Stattdessen haben seine Bildbearbeiter unauffällig ein paar Herzchen in den Hintergrund kopiert.