Die Linke hat für Leverkusen und Köln-Mülheim einen eigenen Kandidaten aufgestellt.
Will für Leverkusen in den BundestagVedat Akter streitet für Migranten und mehr soziale Gerechtigkeit
![Vedat Akter ist Direktkandidat in Leverkusen und Köln-Mülheim](https://static.ksta.de/__images/2025/01/27/d90d34ed-a536-4723-9ad8-240acfa5cce7.jpeg?q=75&q=70&rect=0,175,1612,907&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=60416daa3e3f7397e8f6e811c65782cc)
Vedat Akter ist Direktkandidat in Leverkusen und Köln-Mülheim
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Die Linken haben keine leichten Jahre hinter sich: Öffentliche Streitigkeiten haben die Partei auf Bundesebene fast komplett marginalisiert. Doch Vedat Akter gibt sich kämpferisch: „Die Linke kommt über die Fünfprozenthürde und wir holen vier Direktwahlkreise“, ist die Prognose des 51-Jährigen aus Holweide, der in Leverkusen für den Bundestag kandidiert. Die öffentliche Selbstzerfleischung habe aufgehört und es gehe aufwärts, seitdem Sahra Wagenknecht mit dem BSW ihre eigene Partei gegründet hat, sagt Akter. Und weint der omnipräsenten Politikerin keine Träne nach. Die Gesellschafts- und Migrationspolitik des BSW findet er „katastrophal“, zu nah an der AfD. „Migranten werden entmenschlicht“, sagt Akter.
Er selbst ist als Zehnjähriger 1984 nach Deutschland gekommen. Sein Vater, ein türkischer Gastarbeiter, lebte da schon in Meckenheim. Als der junge Vedat mit seiner Mutter in den Bus stieg, habe sie ihm gesagt, sie würden für fünf Jahre nach Deutschland gehen und dann in die Türkei zurückkehren. Es kam bekanntlich anders, wie bei so vielen Gastarbeiterfamilien, sagt der gelernte Volkswirt, der sich von der Hauptschule über das Gymnasium in Bonn zum Studium nach Köln kämpfte und jetzt für die Linken von Haustür zu Haustür zieht.
Kampf gegen Strukturwandel
Allgemein findet Vedat Akter, der aktuell Sachkundiger Bürger im Kölner Stadtrat und im Vorstand der Kölner Linken ist, dass Verwaltungen digitaler werden sollten. Warum nicht auch die Bundestagswahl digital abhalten? „Solange man sicherstellt, dass Missbrauch und Manipulation verhindert werden“, sei das eine gute Sache, um vielleicht auch mehr jüngere Menschen zur Wahl zu bewegen.
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Den politischen Hauptfeind der Linken sieht Akter, der gern Fußball spielt, um einen Ausgleich zum Job zu haben, trotz der inhaltlichen Differenzen nicht im BSW, sondern im konservativen Lager. Alle Parteien würden gerade beim Thema Migration der AfD hinterherlaufen. Die Strategie funktioniere nicht, ist er sich sicher. Die Linke stelle sich gegen den Rechtsruck, „wir sind eine Partei mit Rückgrat“, behauptet Vedat Akter selbstbewusst.
Wahrscheinlich werde es nach der Wahl eine Große Koalition geben, also „Stillstand“, befürchtet er. Dass seine Wunschkoalition aus SPD, Grüne und Linke ziemlich unwahrscheinlich ist, sieht er; selbst wenn noch das BSW dazukäme. Aber wenn man auf diese Weise eine Koalition aus dem rechten Lager verhindern könne, sei ihm das recht, auch wenn er auf ein Bündnis mit dem BSW mit Bauchschmerzen blickt.
Politisiert wurde er noch als Kind in der Türkei, wo er mit ansehen musste, wie das Militär Menschen schikaniert und Wohnungen nach verbotenen Zeitungen oder Kassetten durchsucht habe. „Das hat mich geprägt“, sagt Akter. Da habe er verstanden, dass das strukturelle Unterdrückung gewesen sei. Wenn es westlichen Regierungen helfe, seien solche Regierungschefs „lupenreine Demokraten“, wenn nicht, Diktatoren, prangert er eine Doppelmoral an.
Zunächst wollte er Jura studieren, „um gegen diese Ungerechtigkeit anzugehen“, wie er sagt. Nun will er sich bei den Linken für Menschen mit Migrationsgeschichte einsetzen: „Meine Eltern haben 50 Jahre hier gewohnt und Steuern gezahlt, durften aber nie wählen“, kritisiert Akter, räumt aber gleichzeitig ein: Seine Eltern hätten die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen können, allerdings hätten sie sich nicht zum Sprachtest getraut. Der Linkenpolitiker selbst, der es nicht auf einen Listenplatz geschafft hat, fährt mittlerweile nicht mehr in die Türkei, er hat erfahren, dass sein Name vermerkt ist: Man habe ihm die mündliche Zusage gegeben, dass er wieder ausreisen darf, erzählt er, aber darauf will der Kölner nicht vertrauen – und verweist auf das Schicksal der Mechernicher Linken Zizik Sahbaz, die zeitweise in der Türkei inhaftiert war.
Wie Vedat Akter in einem Satz die aktuelle politische Situation zusammenfasst? „Soziale Ungleichheit ist das Grundproblem.“ Hier will die Linke ansetzen. Seit dem Bruch mit Sahra Wagenknecht seien in der Landespartei auch auf kommunaler Ebene die Mitgliederzahlen gestiegen. „Es sind viele motivierte Leute dabei“, sagt Akter hoffnungsfroh. Als er kürzlich bei einem Neumitgliedertreffen in Leverkusen dabei gewesen sei, habe es kaum Platz zum Sitzen gegeben. Noch ist die Linke also nicht tot.
Sechs Fragen an Vedat Akter
Wieso treffen wir uns vor dem Kinopolis?Ich gehe hier in Leverkusen häufiger ins Kino oder gehe mit meinen Kindern im Calevornia schwimmen.
Was gefällt Ihnen besonders gut an Leverkusen?Wir gehen oft nach Leverkusen, wenn die Kölner Innenstadt für uns zu voll ist. Städte wie Leverkusen, Bonn und Bergisch Gladbach, die im Kölner Speckgürtel liegen, sind ruhiger - und auf jeden Fall lebenswert.
Was nervt Sie an Leverkusen?Nerven ist das falsche Wort. Aber Leverkusen hat ein Verkehrsproblem und ist dadurch belastet. Und dass der Brückenbau so lange gedauert hat!
Was kann weg?Die Stelze am Europaring.
Was braucht Leverkusen, was muss sich in den nächsten vier Jahren ändern?Man muss Lösungen gegen das Strukturwandelproblem finden. Die Industriearbeitsplätze hier sind nicht nachhaltig gesichert, die Unternehmen haben die Zeichen der Zeit verschlafen. Wir müssen von der Schuldenbremse weg. Die Gewerbesteuer in Leverkusen ist gesenkt worden und jetzt, wo es der Wirtschaft schlechter geht, kommt kein Geld rein, aber das ist ein generelles Problem.
Was ist Ihr Herzensthema?Soziale Ungleichheit ist das Grundproblem unserer Gesellschaft. Ich kandidiere aber auch, um die Situation der Migranten zu verbessern.