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FlugplatzfestFliegende Oldtimer am Leverkusener Himmel

Lesezeit 4 Minuten

Mit dem Schulgleiter SG38 hat schon so manche Pilotenkarriere begonnen.

Leverkusen – Zum 60. Geburtstag kam die Mutter zu Besuch. Junkers F13 heißt sie. „Man kann wirklich sagen: Das ist die Mutter aller Verkehrsflugzeuge“, sagt Reinhard Sablowski, Vorsitzender des Luftsportclub Bayer Leverkusen, mit einem ehrfürchtigen Blick auf das silberglänzende Propellerflugzeug. Mit diesem ersten Ganzmetallflugzeug der Welt hat die Lufthansa ihre Karriere gestartet, maßgeblich von Köln-Butzweilerhof aus. Was heute vor allem noch als Ikea-Standort bekannt ist, war vor dem Zweiten Weltkrieg das „Luftkreuz des Westens“, ein bedeutender Flughafen.

Gestiegene Auflagen

Nachdem das traditionelle Flugplatzfest im Vorjahr wegen gestiegener Auflagen abgesagt wurde, wollte der Luftsportclub zu seinem 60-jährigen Bestehen in diesem Jahr das Fest unbedingt wieder aufleben lassen. „Wir haben lange daran gearbeitet, alles umzusetzen, es gibt jetzt zum Beispiel zusätzlich Lautsprecher, damit die Warnanlage auch bei Stromausfall in allen Winkeln der Anlage zu hören ist“, erklärt Sablowski. Schallgutachter haben Messungen gemacht. Ein großer organisatorischer Aufwand, der sich aber gelohnt hat. Am sonnigen Samstag strömten über den Tag verteilt rund 2500 Besucher auf den Flugplatz, am traditionell besser besuchten Sonntag sollten es noch einmal deutlich mehr werden.

Die silberne Lockheed Electra zog viele Blicke auf sich – in ihr flog schon Charles de Gaulle.

Und auch der Stargast hat einen Geburtstag zu feiern. Der Erstflug der Junkers F13 war am 25. Juni 1919 – also vor 100 Jahren. So alt ist die Maschine nicht, die am Wochenende zu Gast am Kurtekotten war. Von dem Original existieren nur noch fünf Modelle in Museen, fliegen können sie nicht mehr. „Es war schon lange mein Traum, die F13 wieder in den Himmel zu bringen“, sagt Dieter Morszeck, ehemaliger Chef der Kölner Kofferherstellers Rimowa.

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Als Initiator und Investor hat er ein Team zusammengestellt und in der Schweiz die „Junkers Flugzeugwerke AG“ gegründet. Die F13 originalgetreu nachzubauen, stellte sich aber als schwierig heraus. „Es gab keinen kompletten Satz an Originalbauplänen mehr, die sind einem Wasserrohrbruch bei der Familie Junkers zum Opfer gefallen“, erzählt Morszeck. „Also haben wir eine Originalmaschine im Museum komplett eingescannt und daraus 3-D-Pläne entworfen.“ Und so steht sie nun auf der Grasrollbahn am Kurtekotten und hebt tosend ab in den bewölkten Leverkusener Himmel.

Blick in die Zukunft

Die Piloten sitzen dabei im Freien, eine Frontscheibe gibt es nicht. „Das wurde früher so gebaut, im Krieg wurde auch schon mal aus dem Cockpit heraus geschossen“, erklärt der Vereinsvorsitzende Sablowski. Das Getöse des Motors ist Musik in den Ohren der Flugzeugfans, die zum Teil mehrere hundert Kilometer gefahren sind, um die Schätze zu begutachten, die sich am Kurtekotten eingefunden hatten. Das sich nicht jeder Anwohner über die Geräuschkulisse freut, versteht Sablowski. „An vielen Maschinen wurden externe Schalldämpfer angebracht, die die Geräusche erheblich reduzieren“, sagt er. Das sei zwar nicht ganz originalgetreu, dafür aber anwohnerfreundlicher.

In der Junkers F13 sitzen die Piloten im Freien.

Der Verein will auch nicht nur die Schätze der Vergangenheit feiern, sondern auch in die Zukunft blicken. Ein Elektroflugzeug wäre der Traum, lärm- wie auch emissionsarm. „Wenn wir es schaffen würden, so eins zu bekommen, wären wir der erste Verein in Deutschland“, sagt Motorflugreferent Robert Brück. Rund 140 000 Euro kostet so ein Flugzeug. „Da fehlen uns bislang noch ein paar Euro, aber vielleicht finden wir ja jemanden, der uns unterstützen will“, sagt Brück und lässt seinen Blick gen Bayer-Kreuz schweifen, das von der Start- und Landebahn gut zu sehen ist.

Flugzeug von Charles de Gaulle

Die Besucher interessieren sich unterdessen doch vor allem für die historischen Maschinen. Eine Traube bildet sich immer wieder hinter dem Absperrband, an dem die Lockheed Electra parkt. Von außen sieht sie aus wie aus glänzender Alufolie zusammengenietet, innen ist die Liebe zu dem 1937 gebauten Oldtimer mit Händen greifbar: Fein zusammengebundene Gardinen, perfekt gepflegte, blaue Ledersitze und auf Hochglanz polierte Holztische.

Beim „Roten Baron“ wird der Propeller von Hand gedreht, um Öl im Motor zu verteilen.

Wenn die Piloten Yannick Stübe und Holger Anthes dann noch erzählen, dass schon Charles de Gaulle in eben diesem Flugzeug gesessen ist, glaubt man das gerne. Die beiden Piloten haben das Flugzeug vor einem Monat in einer zweiwöchigen Reise aus den USA nach Deutschland überführt, wo es seine neue Heimat am Hannover Airport hat. Für Ausflüge wie jenen nach Leverkusen sind die Piloten gerne zu haben. „Die Hebel sind nach heutigen Maßstäben zwar nicht gerade ergonomisch angeordnet“, sagt Anthes. Dennoch sei die schwere Maschine in der Luft sehr stabil und angenehm. „Es ist ein tolles Gefühl, so eine Maschine fliegen zu dürfen“, schwärmt Anthes. Und für das fachkundige Publikum ist es ein ebensolches, diese Maschine im Leverkusener Himmel schweben zu sehen. Auch ohne extra Schalldämpfer.