Wieso es für eine stadtbekannte Großfamilie so einfach ist, trotz Mercedes vor der Tür weiterhin Bürgergeld zu kassieren.
Mercedes trotz BürgergeldWie sich das Leverkusener Jobcenter gegen Abzocke zu wehren versucht
Sie fahren nicht selten teure und schnelle Autos, tragen schwere Uhren und protzen extrovertiert mit Reichtum, das ist auch besonders in Leverkusen zu beobachten. Die Vermutung, dass dort jede Menge illegal erwirtschaftetes Geld eine Rolle spielt, liegt nahe. Dass das bei weitem nicht nur Vorurteile sind, zeigt sich gelegentlich vor dem Leverkusener Amts- und dem Kölner Landgericht.
Wie zum Beispiel in dem Fall eines Leverkuseners, der im Mai wegen Sozialbetrugs für vier Jahre in Haft kam. Er und seine Frau hatten über Jahre Bürgergeld bezogen, obwohl sie wenigstens zeitweise nicht leistungsberechtigt waren.
Seine Frau und er hatten im Wohnzimmer zwar bündelweise Bargeld im Sofa versteckt, den obligatorischen dicken Mercedes hatten sie vor der Haustür, aber dennoch bekamen sie über Jahre Geld vom Leverkusener Jobcenter. Sie gehören zur stadtbekannten Leverkusener Großfamilie.
Leverkusener Jobcenter bezahlt Villa
Vor Gericht muss jeder öffentlich sagen, woher er sein Geld bekommt, oftmals heißt es: vom Jobcenter. Auch eine andere Leverkusener Familie machte in dieser Hinsicht von sich reden: Die Rheindorfer Villa Auf der Grieße, in der das Oberhaupt des bundesweit bekannten und verbreiteten Al-Zein-Clans lebte oder lebt, wurde letztlich mit Geld aus dem Sozialhaushalt vom Leverkusener Jobcenter bezahlt. Amtlich als bedürftig anerkannte Familienmitglieder, zum Teil ersten Grades, zahlten hier Miete an einen Bruder, der die Villa besitzt, die er wiederum mit Geld unbekannter Herkunft gekauft hatte.
Wie kommt es, dass Mitarbeiter im Jobcenter Geld überweisen, obwohl doch offenbar betrogen wird? Wie kommt es, dass Bezieher nicht arbeiten müssen, obwohl sie gesund sind, manche regelrechte Muskelprotze, und sie dennoch Bürgergeld beziehen können?
Jobcenter Leverkusen: Geld ganz streichen ist so gut wie unmöglich
An Informationen kommt man, wenn überhaupt, nur informell aus Insider-Quellen, die nicht genannt werden können. Datenschutz ist Behörden aus gutem Grund heilig.
Ein Mitarbeiter, den wir sprechen konnten, sagt: „Früher konnte man wenigstens jungen Leuten das Geld auch mal ganz streichen, seit der Umstellung von Hartz 4 auf Bürgergeld sind wir gehalten, 'auf Augenhöhe' zu handeln“.
Unsere Kontaktpersonen betonen einhellig, dass der weitaus überwiegende Teil der Leistungsempfänger nichts lieber wolle, als auf eigenen Beinen zu stehen. Aber es gebe eben diesen kleinen Prozentsatz – Menschen, die das System ausnutzten.
Insider verrät: „Selbst der größte Verweigerer bekommt Geld“
Konkret heißt das, dass die Ämter bei der „willentlichen“ Verweigerung zumutbarer Arbeit für einen Monat zehn Prozent des Bürgergelds (563 Euro) streichen dürfen – das allerdings erst nach einem langwierigen Wechsel von Androhungen und Widersprüchen. „Selbst der größte Verweigerer bekommt Geld. Wir sind in einem fürsorglichen System“, sagt ein Insider.
„Und die, die das ausnutzen wollen, wissen alle sehr gut Bescheid, sie sind auch untereinander vernetzt“, sagt eine Mitarbeiterin, „bis wir da was wegnehmen können, vergeht eine Ewigkeit.“ Und wenn es doch mal klappt: Mit 56 Euro Einbuße für einen Monat kämen diese Leute gut zurecht, heißt es. Deshalb sollen auch Bedrohungen im Amt nachgelassen haben, heißt es, denn: „Bei zehn Prozent Leistungsminderung dreht kaum jemand durch.“
Alle, mit denen wir sprechen konnten, wünschten sich mehr Durchgriffsrechte gegen die Verweigerer. Für die Änderung der Regeln wäre aber die Politik zuständig.
Leverkusen: Erfolg durch Prüfen von Mietverträgen und Geldflüssen
Beim Stichwort vorgetäuschter Mietverhältnisse zwischen Verwandten war man in letzter Zeit offenbar durch das Prüfen der Mietverträge und der Auswertung tatsächlich geleisteter Zahlungen erfolgreich. Offiziell unbestätigten Aussagen zufolge sollen Recherchen, die das Leverkusener Jobcenter gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft durchführte, die Ursache für die im Juli angesetzte Zwangsversteigerung des von Mitgliedern der stadtbekannten Großfamilie bewohnten Hauses an der Ecke Kaiserstraße / Carl-Leverkus-Straße gewesen sein. Inhaberin dieses Hauses, in dem offenbar eine Vielzahl an Leistungsbeziehern der Großfamilie gemeldet ist und lebt, ist eine GmbH.
Als die Zahlungen der „Mieter“ an die GmbH ausblieben, weil sie – nach uns vorliegenden Informationen – kein Geld mehr vom Jobcenter erhielten, wurde eine Zwangsvollstreckung eingeleitet. Der Geschäftsführer der GmbH, ein 45-jähriger Trierer, war trotz mehrerer Versuche nicht zu einem Telefonat mit dem „Leverkusener Anzeiger“ zu bewegen. Auch im Jobcenter soll man über dessen Rolle in der Sache nach wie vor rätseln. Weshalb die für den 11. September 2024 angesetzte Zwangsversteigerung wieder abgesetzt wurde, ist nicht öffentlich bekannt.