Bei der Bezirksregierung wurde über das Leverkusener Grundwasser verhandelt. Currenta hat die Entnahme neu beantragt.
75 Millionen KubikmeterCurrenta bekommt Widerspruch zur Entnahme von Grundwasser
Letztlich wird die Bezirksregierung entscheiden, wie viel Wasser Currenta für wie lange gewinnen darf. Der Antrag des Chempark-Betreibers ist jetzt erstmals bei der Behörde erörtert worden.
Der erste Diskussionsbeitrag soll sich gleich um die Frage gedreht haben, weshalb das Erörterungsverfahren nicht öffentlich sei, obwohl es doch ums Trinkwasser gehe, das allen gehöre, das gehe schließlich alle Menschen an, soll eine Vertreterin des BUND gesagt haben. Mit ihrer Forderung nach einer Öffnung der nicht-öffentlichen Sitzung konnte sie sich nicht durchsetzen. Also war die Presse nicht zugelassen. Uns liegen trotzdem Informationen vor. Bei der Erörterung der Argumente in der Bezirksregierung am Montag (4. Dezember 2023) ging es um sehr viel Grundwasser.
Currenta hat eine Erlaubnis beantragt, die es ihr ermöglichen soll, fast 75 Millionen Kubikmeter Grundwasser im Jahr rund um den Leverkusener Chempark zu fördern. Die Menge kann man sich so vorstellen: Der Rhein in Leverkusen bei mittlerem Wasserstand muss zehn Stunden lang fließen, bis 75 Millionen Kubikmeter Wasser durch sind. Currenta hat beantragt, dass die Erlaubnis für 30 Jahre gelten soll. Eine ähnliche wasserrechtliche Genehmigung hatte Bayer in den 1990er-Jahren erhalten, Currenta will sie jetzt im Prinzip verlängern.
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Mehrere Widersprüche gegen eine 30-jährige Wassergenehmigung
Besonders gegen die 30-jährige Laufzeit sollen Widersprüche eingelegt worden sein. Die Naturschutzverbände sollen in der Sitzung von zwei Fachleuten des BUND vertreten worden sein. Eine 30-jährige Laufzeit sei in Zeiten des Klimawandels nicht mehr akzeptabel, soll ihr Einwand gelautet haben.
Einen anderen Widerspruch soll der Wiesdorfer Pfarrer Detlev Prößdorf als Privatperson vorgebracht haben, der im Erörterungstermin auch andere Einwendende vertrat: Es sei nicht absehbar, wem Currenta in 30 Jahren gehöre. Es sei also unklar, welchem Inhaber man das Grundwasser für so lange Zeit anvertraue. „Das ist ein offenes Spiel“, soll er gesagt haben.
Currenta hält dagegen
Currenta soll dagegen gehalten haben: Der Chempark stehe im Wettbewerb. Man brauche Planungssicherheit. Investitionen in einen Chemiepark würden für 30 Jahre gemacht. Auch die Sicherheit der Arbeitsplätze sollen sie in die Waagschale geworfen haben. Dagegen soll die BUND-Vertreterin gehalten haben, dass ein Chemiepark mit dem hohen Wasserverbrauch nicht einfach versetzt werden könne. Sie soll gesagt haben: „Wo glauben Sie, können Sie einen solchen Standort finden?“
Die Leverkusener Ratsfrau Gisela Kronenberg war nach Köln gereist, um sich ins Verfahren einzubringen. Sie soll gesagt haben, dass die Stadt angesichts der langen Laufzeit und des Klimawandels ebenso Planungssicherheit fürs Trinkwasser brauche wie Currenta. Die Bezirksregierung möge bedenken, dass sich Klimaveränderungen immer schneller zeigten, das spräche gegen eine lange Laufzeit, soll ein anderer Einwand lauten.
Stadt Leverkusen war nicht vertreten
Aus Leverkusen hatten sich offenbar nur politische und private Einwender in das Verfahren eingebracht: Grüne, auch vertreten durch die Bundestagsabgeordneten Nyke Slawik, Benedikt Rees von der Klimaliste, eine Vertreterin der „Parents for Future“, die zuvor schriftliche Einsprüche gegen die große Menge Wassers und die Dauer der wasserrechtlichen Erlaubnis eingereicht hatten.
Die Stadt Köln soll mit Umweltfachleuten vertreten gewesen sein. Die Stadt Leverkusen, auf deren Stadtgebiet sich die angestrebte Grundwasserförderung vielleicht noch stärker auswirkt als in Köln, war im Erörterungstermin dagegen nicht vertreten.
Geologen sollen Ausführungen zu den Gutachten gemacht haben, die im Auftrag für Currenta angefertigt wurden: Nach ihren Ausführungen soll es nicht zu Problemen kommen, selbst wenn Currenta die beantragten Wasser-Fördermengen bis ans Maximum ausreizen sollte. Die beantragte Fördermenge soll insgesamt nachhaltig sein – die städtische Trinkwassergewinnung soll dadurch nicht gefährdet werden.
Wirtschaftliche Aspekte sollen in der Sitzung angesprochen worden sein: Mit der Erlaubnis fehle Currenta für 30 Jahre der Anreiz zum Wassersparen oder zum Anlocken neuer, mit Wasser sparsamer umgehender Unternehmen. Sollte Currenta eine Erlaubnis zur Förderung der 75 Millionen Kubikmeter bekommen, bliebe zudem kaum noch Spielraum für Grundwasserentnahmen anderer Unternehmen, soll ein Fachmann von der Bezirksregierung gesagt haben.
Currenta will parallel noch mehr Grundwasser-Anträge verlängern: In Hitdorf will man 22,5 Millionen Kubikmeter fördern, in Dormagen rund 28 Millionen, in Uerdingen gibt es eine Genehmigung für die Entnahme von 200 Millionen Kubikmetern Flusswasser.
Anmerkung: In einer vorherigen Version dieses Artikels hatten wir für Dormagen 250 Millionen Kubikmeter beantragte Menge Grundwasserentnahme angegeben. (red)