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UrteilLeverkusener Zahnarzt wurde von seiner Angestellten systematisch betrogen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Sitzungssaal im Amtsgericht Leverkusen in Opladen, im Vordergrund drei Bände mit Gesetzestexten

Im Opladener Amtsgericht ist am Montag ein denkwürdiger Prozess zu Ende gegangen.

Über Jahre verschwanden mehr als 23.000 Euro Bargeld aus der Praxiskasse.

Der wohl langwierigste Prozess in der Geschichte des Opladener Amtsgerichts ist am Montagnachmittag mit einem eindeutigen Schuldspruch zu Ende gegangen. Die Helferin eines Zahnarztes wurde wegen „besonders schwerer Untreue“ in 28 Fällen zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. 23.044,72 Euro hat sie nach Überzeugung des Gerichts unterschlagen. Im Verlauf des Prozesses war anfangs sogar von bis zu 200.000 Euro die Rede.

Absitzen muss die nicht mehr ganz junge Frau die Strafe zunächst nicht: Der Freiheitsentzug ist zur Bewährung ausgesetzt. Auch, weil die Frau „bislang eine völlig unbescholtene Bürgerin war“, wie Richter Adam unterstrich. Um zu erklären, warum sie immer wieder kleinere und größere Beträge unterschlug, bemühte Adam eine Volksweisheit: „Gelegenheit macht Diebe“.

Allerdings sei es außerordentlich mühsam gewesen, diese Gewissheit zu erlangen, räumte Adam ein: Der Tag der Urteilsverkündung war der 29. Termin in diesem Verfahren; rund eineinhalb Jahre waren erforderlich, den Vorwurf hinreichend zu erhärten. Denn die Ermittlungsarbeit war dürftig. Auch im Prozess taten sich immer wieder unüberwindliche Hürden auf: Das lag unter anderem daran, dass der Betrug erst auffiel, nachdem das Finanzamt die Praxis geprüft hatte. Wodurch zunächst auch der Arzt selbst unter Verdacht geriet, Geld am Fiskus vorbeigeschleust zu haben.

Der Zahnarzt hatte doch Recht

Der Zahnarzt selbst habe zwar „das Puzzle schon vor Prozessbeginn“ zusammengesetzt gehabt, so Adam. Es sei dann sein Job gewesen, die Darstellung des Mannes zu überprüfen. Das war nicht nur wegen der Schweigepflicht der Steuerprüfer schwierig – auch die IT-Spezialisten des Software-Herstellers zeigten sich vor Gericht eher schweigsam. Und die Beschuldigte? Sagte im gesamten Prozess kein Wort. Dabei blieb sie auch bei der Urteilsverkündung. Die dauerte übrigens ziemlich genau 29 Minuten – für jeden Prozesstag eine Minute.

Die von Adam angesprochene „Gelegenheit“ war die Bar-Kasse der Leverkusener Praxis. Wurde dort etwas eingezahlt, musste ein Beleg ausgestellt werden. Für den wiederum wurde in dem Moment ein Duplikat ausgestellt, in dem er ins Abrechnungssystem der Praxis umgebucht wurde. Erst so wurde das bar eingezahlte Geld aktenkundig. Diese „systembedingte Lücke“ habe die Beschuldigte ausgenutzt und sich so „einen kontinuierlichen Nebenverdienst“ verschafft, so Adam.

Die Beschuldigte genoss „das totale Vertrauen“

Das sei möglich gewesen, weil die Frau die für das Abrechnungssystem „allein zuständige Praxis-Managerin“ gewesen sei. Wenn sie aus der Bar-Kasse Geld entnommen habe, sei es spurlos verschwunden. Zwar sei ihr Chef auf der einen Seite ein penibler Kontrolleur gewesen, „meine Kinder würden ihn wohl als nerdigen Fachmann bezeichnen“, so Adam. Andererseits habe er über die vielen Jahre der Zusammenarbeit „totales Vertrauen“ zur Beklagten entwickelt, so der Richter.

Deshalb – davon ist der Richter ebenso überzeugt – könnte das von der Angestellten „planvoll und zielgerichtet“ aufgezogene Betrugssystem „auch heute noch so laufen. Hätte es nicht diese leidige Betriebsprüfung gegeben.“ Am Ende waren es also die Betriebsprüfer des Finanzamts, die das Verfahren ins Rollen gebracht und die Verurteilung ermöglicht haben.

Ob aber das Urteil vom 29. Verhandlungstag Bestand hat? Verteidiger Abdou Gabbar äußerte sich am Montag nicht. Seine Reaktion auf Dietmar Adams Argumente lässt aber den Schluss zu, dass der meist kämpferische Strafverteidiger das Urteil überprüfen lassen möchte.