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StrafprozessLeverkusener lief Schülern mit heruntergelassener Hose entgegen

Lesezeit 3 Minuten
Der Eingangsbereich eines Gerichtsgebäudes.

Das Amtsgericht Leverkusen in Opladen. (Symbolbild)

Exhibitionismus statt Wildpinkeln lautete das Urteil des Richters in dem Verfahren vor dem Amtsgericht in Opladen.

Wenn Eltern ein mulmiges Gefühl dabei haben, ihre Kinder den Schulweg ohne erwachsene Begleitung zurücklegen zu lassen, dann wohl, weil sie fürchten, dass ihnen Ähnliches wie den drei Schülern zustößt, die am vergangenen Montag vor dem Amtsgericht Leverkusen als Zeugen aussagten. Den drei Jungen kam unabhängig voneinander im Oktober vergangenen und im März dieses Jahres der Leverkusener Friedrich R. (Name geändert) mit halb herunter gelassener Hose und laut zweien von ihnen erigiertem Penis auf dem Dhünnradweg zwischen Bay-Arena und der Umgebung von Schloss Morsbroich entgegen. Der Vorsitzende Richter hielt deshalb eine Geldstrafe für angemessen.

„Nicht schön und ekelhaft“ sei diese Begegnung gewesen, heißt es in dem Vernehmungsprotokoll des damals elfjährigen Schülers, aus dem die Staatsanwältin in ihrer Anklageschrift zitierte. Dieser fuhr mit dem Fahrrad am Donnerstag, 19. Oktober 2023, gegen 17 Uhr vom Lise-Meitner-Gymnasium nach Hause, als ihm der Verurteilte zwischen dem Stadion und der A3-Unterführung begegnete. Sein Geschlechtsteil „war auf jeden Fall steif und komplett draußen“, bekräftigte der aufgeweckt wirkende Junge während der Verhandlung: „Es sah aus, als sei es für ihn das Normalste der Welt.“

Leverkusener Jungen waren auf dem Schulweg

Er habe den Verurteilten darauf hingewiesen, dass seine Hose unten ist, aber er sei dann auch schnell weitergefahren, so der Zeuge weiter. Fast gleich, nur weiter östlich in der Nähe von Schloss Morsbroich, trug sich der zweite exhibitionistische Vorfall zu, dem zwei andere Jungen auf ihrem morgendlichen Schulweg ausgesetzt waren: Er habe sein Geschlechtsteil nicht berührt, sondern sei ihnen mit fast zu den Knien heruntergelassener Hose und Händen in den Jackentaschen entgegengelaufen.

Dabei sei es den Schüler nicht so vorgekommen, als habe der fremde Mann öffentlich uriniert. Jedenfalls sei er weder aus der Böschung noch von einem Gebüsch auf den Weg getreten. Diese Einordnung erfolgte nicht ohne Grund. Zu Beginn des Prozesses beteuerte der nunmehr Verurteilte, er sei lediglich „Wasser lassen gewesen“. Es tue ihm leid für die Schüler, dass diese sein Genitalbereich haben sehen müssen, aber er sei krankheitsbedingt inkontinent und müsse häufig zur Toilette. Da dies nicht immer möglich sei, müsse er sich ab und an irgendwo hinstellen und „laufen lassen“.

Wegen eines Herzinfarkts müsse er regelmäßig Wassertabletten zu sich nehmen, die den Harndrang verstärken. „Manchmal ist dann jeder Schritt einer zu viel“, so der Verurteilte. Sogar bei seiner Arbeit im Einzelhandel, die er über den Weg entlang der Dhünn erreiche, sei es schon vorgekommen, dass er sich habe einnässen müssen. Mit seinem Arzt habe er über dieses Problem aber bisher nicht gesprochen, weil es ihm unangenehm sei, ebenso wie das Tragen einer Windel. „Mir wäre es unangenehmer, ständig öffentlich urinieren zu müssen“, zeigte sich die Staatsanwältin skeptisch.

Amtsgericht Leverkusen: Aussagen „wenig glaubhaft“

In eine ähnliche Kerbe schlug Richter Thomas Nagel bei seiner Urteilsbegründung: „Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich halte das für wenig glaubhaft.“ Wenn er selbst während der Arbeit mehrfach den Harndrang nicht habe zurückhalten können und jetzt auch noch vor Gericht stehe, sei es nicht nachvollziehbar, warum er dagegen nichts unternehme. Für das von den drei „überzeugenden“ jungen Schülern geschilderte Verhalten sehe er insofern keine rationalen Gründe, außer, „dass man es genau darauf angelegt, andere Menschen zu belästigen“.

Der Verurteilte habe sich allem Anschein nach mit seinen Problemen nicht in gebotener Weise auseinandergesetzt. Nichtsdestoweniger habe er laut den Zeugenaussagen weder onaniert noch die Jungen angesprochen, weshalb eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 50 Euro einer Freiheitsstrafe vorzuziehen sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte kann dagegen innerhalb einer Woche Rechtsmittel einlegen.