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Sexueller Missbrauch von KindernLeverkusener soll sich an Jungen vergangen haben

Lesezeit 4 Minuten
Das Amtsgericht Leverkusen in Opladen.

Das Amtsgericht Leverkusen in Opladen.

Ein Leverkusener soll einen Jungen sexuell missbraucht haben. Sechs Jahre später steht er vor Gericht.

„Mama, ich muss dir was erzählen.“ Mit diesen Worten habe sich David F., der Sohn von Britta F. (alle Namen durch die Redaktion geändert), 2019 seiner Mutter anvertraut. Etwa ein Jahr zuvor sei er von einem ihm bekannten Mann angefasst worden. Das soll der Junge – damals war er im Grundschulalter – seiner Mutter erzählt haben. Britta F. erstattete kurz darauf Anzeige. Nun, sechs Jahre nach der mutmaßlichen Tat, steht der Verdächtige Nikola B. vor Gericht.

Der Vorwurf: Sexueller Missbrauch von Kindern in zwei Fällen sowie damit einhergehende Körperverletzung. Laut Anklageschrift soll er David F. im Intimbereich angefasst, ihm dabei Schmerzen zugefügt und ihn zum Gucken pornografischer Videos aufgefordert haben. All das sei an einem Wochenende vor Mai des Jahres 2019 geschehen, als der Junge mit seinem damaligen besten Freund Tim K. bei dem Leverkusener übernachtete, so verlas es die Staatsanwältin am ersten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht Leverkusen in Opladen, der sich über neun Stunden streckte.

Erster Verhandlungstermin streckte sich über neun Stunden

Demnach sollen beide Kinder, weil sie ihre Kleidung beschmutzt haben sollen, in der Wohnung von Nikola B. in Leverkusen geduscht haben. Während sich Tim K. im Badezimmer des Angeklagten aufgehalten habe, habe das Opfer nackt im Bett von Nikola B. gelegen, wo es zu der Tat gekommen sei.

An eben dieser Beschreibung des Tathergangs, vor allem aber an den beschriebenen Begebenheiten rund um die mutmaßliche Tat setzte die Verteidigung an. „Die Duschsituation hat es nie gegeben“, sagte Nikola B. mehrfach. „Das Bad war nicht benutzbar“ – die Anklage stimme deshalb so nicht.

Großteile der Verhandlung nahmen daher Fragen über den Sanierungsstatus des Badezimmers von Nikola B. ein. Fotos von der Wohnung, die damals noch einer Baustelle geglichen haben soll, wurden gesichtet, Grundrisse der Räume gezeichnet, mehrere Zeugen und Zeuginnen dazu befragt. Sowohl Nikola B., als auch sein Kumpel, der zur Zeit der mutmaßlichen Tat übergangsweise bei ihm gewohnt haben soll, sowie eine Freundin und Obermieterin bestätigten seine Aussage im Zeugenstand.

Verteidigung: Duschsituation habe es nicht gegeben

Demnach habe das Bad zum Tatzeitpunkt nur aus einer provisorischen Kloschüssel bestanden. Die Sanierung der Räumlichkeiten sei erst später erfolgt, eine Dusche habe es nicht gegeben.

Ebenso erkenntnisbringend schien für Richterin Herrmann die Beziehungskonstellation zwischen mutmaßlichem Opfer, Täter und dem Freund – ein kompliziertes Konstrukt: Der Angeklagte sei wie ein Onkel für Tim K. gewesen, eng integriert in den Familienkreis, inzwischen sei der Kontakt nach Streit mit den Eltern abgebrochen.

Im Grundschulalter habe der Junge den Angeklagten allerdings oft besucht – trotz der „etwas abenteuerlichen“ Wohnsituation und fehlenden beziehungsweise notdürftig zusammengebauten Sanitäranlagen. Gemeinsam sollen sie Ausflüge unternommen haben, sagte Nikola B.. Einige Male sei auch David F. dabei gewesen.

So auch am Tag der mutmaßlichen Tat, da habe der Leverkusener mit den beiden Jungen und seiner Obermieterin das Kölner Freizeitbad Aqualand besucht. Die Kinder sollen dort und eben nicht bei ihm Zuhause geduscht haben, so der Angeklagte.

Zum Schutz: Vernehmung der jugendlichen Zeugen unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Während Wohnsituation und Beziehungskonstellation ausführlich vor der Öffentlichkeit verhandelt wurden, blieben dem Publikum Details über den Tathergang und die Schilderungen der heutigen Teenager David F. (15) und Tim K. (14) erspart. Zum Schutz der Zeugen schloss die Richterin nicht nur die Öffentlichkeit aus dem Verhandlungssaal aus. Auch den Angeklagten verfrachtete sie in den Nebensaal, wo der 43-Jährige die Vernehmung zwar mitverfolgen, aber nicht in direkten Kontakt mit den Jungen treten konnte. Über drei Stunden dauerte allein die Befragung der beiden Jugendlichen.

Britta F., die Mutter des Zeugen, blieb während ihrer Vernehmung im Anschluss wage. „Es ist so viele Jahre her“, sagte sie. „Man will vergessen, was das Kind erzählt hat.“ Der Satz „Mama, ich muss dir was erzählen“, sei ihr wohl noch am ehesten im Gedächtnis geblieben.

Zu einem Urteil kam es am Dienstagabend noch nicht. Fortgesetzt wird der Prozess laut Amtsgericht im Juni. Dann sollen unter anderem die Einschätzungen einer Sachverständigen berücksichtigt werden.