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Erneuter UnfallMutter von getöteter Myrna kritisiert die Verkehrsplanung in Leverkusen

Lesezeit 4 Minuten
Die Unfallstelle ist nach wie vor ein Gedenkort.

Die Unfallstelle ist nach wie vor ein Gedenkort.

Simone Fings, deren elfjährige Tochter Myrna 2019 tödlich verunglückte, fordert eine verbesserte Schulwegsicherheit in Leverkusen.

„Der Unfall in Opladen war für mich ein schlimmes Déjà-vu“, sagt Simone Fings. Vor etwas mehr als fünf Jahren wurde ihre Tochter Myrna am Morgen des 11. Oktober 2019 von einem 28-jährigen Mann im Lastwagen an der Ausfahrt der Aral-Tankstelle zur Elisabeth-Langgässer-Straße überfahren. Er hatte sie auf dem Fahrrad übersehen, als sie auf dem Bürgersteig von rechts kam, sie starb sofort.

Auch ihre Tochter war elf Jahre alt, auch sie war auf dem Weg in die Schule, genauso wie im Fall des Opladener Mädchens, das am Donnerstag auf dem Zebrastreifen auf der Bonner Straße vom 25-jährigen Fahrer eines Kleintransporters überfahren wurde.

Für die Mutter und Rechtsanwältin Simone Fings war der Unfall Anlass, über die Reflexe nachzudenken, die auch nach dem Unfall ihrer Tochter in ganz ähnlicher Weise aufgekommen waren. Sie sagt: „Was mich unheimlich stört: Direkt nach dem Unfall gibt es einen unheimlichen Aktionismus, danach dauert es nicht lange, dann wird alles wieder dem Auto untergeordnet.“ Die Gefahrenlage an dem Kreisverkehr sei bekannt gewesen: „Die Stadt wusste das vorher, dass das ein gefährlicher Übergang ist und niemand hat etwas gemacht. Wenn doch von Anfang an bekannt war, dass es Probleme am Kreisverkehr gab, weshalb kümmern sich die Fachleute in der Verwaltung und die Mandatsträger nicht darum?“

Simone Fings Tochter war am 11. Oktober 2019 bei einem Unfall gestorben.

Simone Fings Tochter war am 11. Oktober 2019 bei einem Unfall gestorben.

Ausdrücklich in Schutz nimmt sie Oberbürgermeister Uwe Richrath, der habe sich ihr gegenüber mitfühlend und anständig verhalten. Dass es mit Aktionismus nach dem Unfall nicht getan sei, erklärt sie am Unfallort ihrer Tochter Myrna. Zur Erinnerung an ihre Tochter stehen dort auch nach fünf Jahren Kerzen und Spielzeuge. Zur Mahnung an den Unfall steht ein weißes Kinderfahrrad, ein „Geisterrad“. Der Lkw war damals aus der Tankstelle auf die Elisabeth-Langgässer-Straße herausgezogen. Von rechts auf dem Fußweg kam Myrna auf dem Rad, der Lkw-Fahrer hatte sie offenbar übersehen, womöglich hatte er nur Augen für die Ampel voraus. Auch 2019 tagte eine Verkehrskommission, auch für den Unfall in Opladen ist eine angesetzt. Als Sofortmaßnahme ließ die Stadt damals eine Wand auf der Grenze des Tankstellengrundstücks entfernen, die die Sicht auf den Fußweg beim Ausfahren einschränkte.

Vor kurzem verschlechterte sich die Sicht aber wieder, als ein eingezäunter Mülltonnen-Käfig mit Plastik-Sichtschutzstreifen neu aufgestellt wurde. Die freie Sicht der Ausfahrenden auf den Fußweg ist damit weitgehend dahin. Dass jemand ein Kind auf einem Fahrrad übersieht, ist wieder wahrscheinlicher geworden.

Die Unfallkommission damals verordnete Stoppschilder an der Tankstellen-Ausfahrt. „Da hält aber niemand an und die Polizei kontrolliert nicht, das lohnt sich vielleicht nicht“, hat Simone Fings beobachtet. Es ist tatsächlich so: Die meisten haben die Ampel im Blick und keine Aufmerksamkeit für die Umgebung übrig, lässt sich beobachten. Einzig eine Bodenschwelle an der Ausfahrt könnte wohl die meisten Autos und Lkw bremsen, aber die wollte man damals genauso nicht ins Pflaster einbauen, wie der Tankstelle eine neu gestaltete Ausfahrt verordnen. Die Schaltung der Ampel an der Tankstelle sei offenbar heute wieder auf maximalen Auto-Verkehrsfluss eingestellt, sagt Simone Fings, die Grünphasen für Fußgänger seien zu kurz.

Ecke Elisabeth Langgässer Straße Ampel, Ampelanlage. Foto: Ralf Krieger

Der Willy-Brandt-Ring an der Elisabeth-Langgässer-Straße: Die Ampel sei nicht für Fußgänger, sondern für den Autoverkehr optimal geschaltet, sagt Simone Fings.

Fings kann noch mehr Dinge aufzählen. Aus ihrer Sicht ist hier so gut wie nichts erledigt worden: Navigationsgeräte zeigten auf dem Willy-Brandt-Ring nach wie vor eine Geschwindigkeit von 70 Kilometern pro Stunde an. Die Beleuchtung des Radwegs in Richtung Schlebusch sei quasi nicht vorhanden. Die wenigen Straßenlaternen, die nach einer Demontage, offenbar aus Spargründen, übrig sind, leuchten, so wie sie gedreht sind, die Straße aus, weniger den Radweg.

Simone Fings plädiert dafür, an der Sicherheit der Schulwege zu arbeiten, die Verwaltung solle nicht dem Autoverkehr den Vorrang einräumen. Die Zufahrt zu einem großen Parkplatz über einen Schulweg legen zu wollen, wie das für die Bayer-VIP-Parkplätze vorgeschlagen wurde? Keine gute Idee findet Simone Fings. Sonst kämen nur noch mehr Elterntaxis, sagt die Mutter, „ich kann die Eltern verstehen“.

Was hat sie besonders belastet nach dem Unfall? Das waren zum Beispiel die Markierungen der Unfall-Ermittler auf der Straße, die Simone Fings noch Wochen oder gar Monate ansehen musste. Dass ein solcher Todesfall, wie ihn Familie Fings erleiden musste, irgendwann verarbeitet ist, ist unwahrscheinlich. Simone Fings: „Man kann sich nur jeden Tag selbst aus dem Sumpf ziehen.“