Leverkusen-Opladen – Marcel Biewald und Michael Hilgers waren die Männer, auf die am Montagabend ganz Opladen gezählt hatte. Die Kampfmittelräumer und Entschärfer des Landes NRW hatten die heikle Aufgabe, die Fünf-Zentner-Bombe zu entschärfen, die auf einem Baufeld an der Werkstättenstraße am Morgen gefunden worden war. Und sie erledigten ihre Aufgabe mit Bravour.
Über den Stahl der Bombe gekratzt
Nur eine halbe Stunde, nachdem die Entschärfung begonnen hatte, lief bei der Einsatzstelle der Feuerwehr Leverkusen an der Campusallee die Erfolgsmeldung ein. Wenige Minuten später erzählte Marcel Biewald von dem Einsatz. So sei die Bombe durch Zufall von einem Bagger entdeckt worden. Die Spuren der Baggerschaufel sind auch deutlich an dem Blindgänger zu erkennen: Sie zeigen sich an jenen Stellen, die silber und nicht braunschlammig sind. Wie ein Spatel kratzte die Schaufel über den Bombenstahl und legte ihre Oberfläche frei vom Dreck.
Nach ihrem Eintreffen legten die Kampfmittelräumer den Evakuierungsradius rund um den Bombenfundort fest – 400 Meter. In den Stunden darauf sorgte ihre Entscheidung für helle Aufregung in der Bevölkerung. Alle Menschen mussten ihre Wohnungen und Büros in diesem weiten Radius verlassen, nicht alle waren darüber glücklich, aber die meisten sehr verständnisvoll.
Aber ist das denn überhaupt notwendig, in einem so großen Bereich zu evakuieren? Was soll schon passieren, wenn man sich mehrere Häuserblöcke entfernt im Inneren aufhält? Viel. „Wir haben hier circa 140 Kilo Sprengstoff oben aufliegen“, sagte der 42-jährige Entschärfer Biewald und klopfte dabei auf die jetzt harmlose Bombe. „Wenn die detonieren, entsteht eine Druckwelle, die wirkt sich noch Hunderte Meter weiter enorm aus, dann haben wir Splitterflug. Und damit niemand zu Schaden kommt, müssen wir halt so einen großen Radius evakuieren.“
Wie genau er und Kollege Hilfers die Bombe denn entschärften, wollte er nicht verraten. „Das ist unser kleines Geheimnis. Das sind jahrelange Erfahrungen. Wir haben Handgriffe, die ich natürlich nicht überall preisgebe. Sonst haben wir viele Nachahmer, und das wollten wir nicht.“ Also so einfach wie möglich in den Worten des Sprengmeisters: „Wir haben die Bombe von ihrem Zünder getrennt, damit keine Detonation erfolgen kann.“
Klar ist: Es war Feinarbeit gefragt. „Man sollte schon vorsichtig an die Sache rangehen“, sagte Biewald: „Wir haben Pikrate, die sich bei einer Unverträglichkeit von Stoffen wie in diesem Fall Messing und Kupfer bilden. Die Pikrate sind reibungsempfindlich, deswegen gehen wir da besonders vorsichtig vor. Mit viel Fingerspitzengefühl sind wir aber auch diesmal wieder bis zum Ende gekommen.“
Die erste Bombe seit drei Jahren
Die Bombe von Montag war die erste, die seit 2019 in der Stadt gefunden wurde. Damals konnte eine Brandbombe nahe der Sandstraße in Opladen ohne Evakuierung vom Kampfmittelräumdienst abtransportiert werden. Drei Jahre zuvor war ebenfalls Opladen betroffen. Damals wurde im Dezember 2016 bei Arbeiten eine Fünf-Zentner-Bombe gefunden, 500 Personen mussten für die Entschärfung ihre Häuser verlassen. Bereits ein halbes Jahr zuvor war eine halb so schwere Fliegerbombe nach sieben Jahrzehnten in Wiesdorf ans Tageslicht gekommen. Damals bestand keine Explosionsgefahr.
Nahe des Standorts einer alten Flugabwehr-Stellung am Kurtekotten fanden Kampfmittelräumer im Februar 2016 eine Fünf-Zentner-Bombe nebst leeren Bierflaschen, Bombensplittern, den Resten eines Flak-Schweinwerfers, Metallschrott und einem emaillierten Nachttopf im Boden.
Gefährlich wurde es im September 2012 in Hitdorf. Beim Graben in seinem Garten an der Langenfelder Straße stieß ein Mann im Boden auf eine panzerbrechende Flugabwehrgranate aus deutsche Produktion, gefüllt mit 50 bis 60 Gramm TNT – dafür gemacht, die Panzerung eines Kampfpanzers oder Flugzeugs zu durchdringen und erst im Inneren zu explodieren. Eine Entschärfung am Fundort kam nicht in Frage. Die Sprengmeister fuhren die Granate ans Rheinufer, deckte sie mit Strohballen ab und jagten sie in die Luft.