Leverkusener ProjektWarum Investor Paeschke bei diesem Neubau nicht auf Gewinn schaut
Leverkusen – Seit Jahren suchen acht Familien in Hitdorf eine Bleibe für ihre Söhne und Töchter. Die sind behindert und längst keine Kinder mehr. Wenn jetzt nichts mehr schiefläuft, geht der Wunsch in Erfüllung. Die evangelische Stiftung Hephata wird einen Betreuungsvertrag unterschreiben, die Wohnungsgesellschaft Leverkusen einen Kaufvertrag. Zwei Grundstücke am Kreisel unweit von Mazda im Hitdorfer Süden gehen dann an Gernot Paeschke.
Der Bauträger hat nicht weit östlich davon ein ganzes Wohngebiet errichtet. Jetzt will er noch zwei Mehrfamilienhäuser dazu bauen. In einem davon werden acht Apartments untergebracht, 40 bis 45 Quadratmeter groß mit Balkon, Wohnküche und einem abgetrennten Schlafraum. „Das finde ich wichtig“, sagt Paeschke auf Anfrage. Dazu kommt ein Apartment für die Betreuung der behinderten Bewohner und ein großer Gemeinschaftsraum. Das steht im Lastenheft für das Architekturbüro Dakowski/Rotterdam aus Opladen, dem der Langenfelder Bauträger auch hier vertraut. „2023 ist Einzug“, kündigt Paeschke an.
Ein Herzensanliegen
Das Projekt beschreibt er als Herzensanliegen – auch weil es beinahe nicht realisiert worden wäre: Zuerst hatte man im Rathaus gedacht, die Tochter WGL könne das Haus für Behinderte bauen. Hätte Geschäftsführer Wolfgang Mues auch gerne gemacht. Aber eine erste Kalkulation ergab ein dickes Minus. Rund eine Million Euro müsse man zuschießen, dann seien schmale 1,16 Prozent Rendite möglich, steht im Protokoll der WGL-Aufsichtsratssitzung vom 8. September, das dem „Leverkusener Anzeiger“ vorliegt.
Für die erdrückende Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder kein Problem: Die WGL könne bauen, auch wenn das Wohnheim eine Million Anschubfinanzierung brauche. Das städtische Unternehmen sei gesund und könne so ein Verlustobjekt verkraften.
Mischkalkulation macht's möglich
So hätte es auch Erhard Schoofs gesehen – hätte er nicht ob der sich abzeichnenden Finanzierungsprobleme Bauträger Paeschke angesprochen, „ob er helfen kann“, sagt der Fraktionschef der Bürgerliste. Tatsächlich ergab eine Kalkulation bei der Privatfirma ein viel günstigeres Bild. „Wir kommen klar“, fasst Paeschke jetzt zusammen, und das bei einer Kaltmiete von acht Euro pro Quadratmeter. Allerdings nur im Zusammenhang mit dem Bau eines Nachbargebäudes mit zehn Wohnungen. „Da muss man dann mal gemischt kalkulieren“, erläutert er weiter. Die WGL dagegen hatte das Apartmenthaus für Behinderte isoliert betrachtet.
Was der vielfältig aktive Projektentwickler auch nicht verschweigt: dass er zwischendurch auch mal gedacht habe: „Ich mach’s nicht.“ Nämlich als er davon erfuhr, dass der Kaufpreis für die beiden Grundstücke um mehr als eine Viertelmillion gestiegen sei: Die WGL hatte im Dezember 2019 knapp 740.000 Euro an die Stadt gezahlt. Das geht aus einer vertraulichen Unterlage hervor, die Anfang Oktober den Stadtrat passierte. Wenn Gernot Paeschke jetzt unterschreibt, fließen 997.000 Euro. Ein ordentlicher Gewinn, erwirtschaftet durch Liegenlassen. „Natürlich ärgert mich das“, gibt Paeschke zu.
Das könnte Sie auch interessieren:
Erhard Schoofs ärgert sich über einen anderen Aspekt: dass der WGL-Aufsichtsrat ihn mit acht zu eins niederstimmte, als er im September erstmals Gernot Paeschke als Investor für das sehnlichst erwünschte Projekt ins Spiel brachte und lieber der WGL einen Millionenverlust aufbürden wollte. Wenn es fertig ist, soll das Haus für Behinderte mindestens 25 Jahre im Besitz der Paeschke-Familien-GmbH bleiben, kündigte der Gesellschafter an. Die Bewohner müssen sich also keine Sorgen machen.