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Solidarität„Spenden Sie 50 Prozent von dem, was Sie sonst in Gaststätten ausgeben“

Lesezeit 4 Minuten

Karla Ehrenstein ruft besonders Senioren dazu auf, sich nach ihren Möglichkeiten an den finanziellen Folgen der Krise zu beteiligen.

Leverkusen – Karla Ehrenstein fühlt sich verantwortlich. „Wir Senioren sind die, die in dieser Krise die höchsten medizinischen Kosten verursachen“, sagt die 74-Jährige. „Deswegen müssen wir der nächsten Generation helfen, die zweifelsohne diese Kosten zu stemmen hat.“ Außerdem seien viele der in der Corona-Krise angeordneten Maßnahmen vor allem dazu da, Senioren zu schützen.

Etwas zurückgeben

Also möchte sie, dass diese etwas zurückgeben. „Die Gastronomie braucht dringend unsere Unterstützung, und es ist ja auch in unserem Sinne, dass Gasthäuser und Cafés nach der Krise noch lebensfähig sind.“ Unter dem Stichwort „Seniorensolidarität“ hat sich die Schlebuscherin daher an Medien und den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga gewandt, um ihre Idee zu verbreiten und zu organisieren: „Wie wäre es, wenn jeder von uns 50 Prozent des Geldes, das wir normalerweise Woche für Woche bei unserem Lieblingsitaliener oder in einem Café ausgeben, spenden?“ Schließlich sparen Senioren gerade viel Geld dadurch, dass sie aktuell nichts mehr unternehmen können. Renten werden weiter gezahlt, während vielen Arbeitnehmern der Verdienst ausfällt. „Es wäre auch zu überlegen, einen angemessenen Teil von gebuchten und stornierten Reisekosten zu spenden“, sagt Ehrenstein.

Rührende E-Mail

Heimo Förster, Dehoga-Vorsitzender in Leverkusen, ist ganz gerührt, als er die E-Mail von Karla Ehrenstein ließt. „Es ist toll, dass die Menschen helfen wollen und sich solidarisch zeigen“, sagt der Betreiber des Opladener Schmalztöpfchens. Aber wie kommt die Hilfe auch an? „Emotional befriedigend wäre, wenn man sich direkt an die lokalen Gastronomien wenden könnte“, überlegt Ehrenstein. Etwa durch eine sichere Geldbox neben dem leeren Speisekartenkasten, in die Senioren auf Spaziergängen Geld einwerfen können, schlägt die Schlebuscherin vor. Da würden sich wahrscheinlich mehr beteiligen, als bei einer Banküberweisung.

Heimo Förster kennt als Leverkusener Vorsitzender des Dehoga die Sorgen der Gastronomie und ist auch selbst betroffen: Im Schmalztöpfchen bietet er jetzt auch Essen zum Abholen an.

„Ich fürchte, die wären innerhalb von 24 Stunden abmontiert“, gibt Förster zu bedenken. Er berichtet, dass einige Leverkusener Restaurants mittlerweile auf Abholservice umgestellt haben (siehe „Restaurants kochen weiter“), er selbst wolle das im Schmalztöpfchen ab diesem Donnerstag auch anbieten.

Restaurants kochen weiter

Viele Leverkusener Restaurants bieten auch in der Coronakrise noch Speisen zum Abholen oder teilweise auch zur Lieferung an. Betreten werden dürfen die Restaurants von den Kunden nicht, auch ein Verzehr im Umkreis von 50 Metern ist nicht gestattet. Eine offizielle Liste dieser Restaurants gibt es bislang nicht, es kommen auch täglich neue hinzu. Gesammelt werden sie unter anderem in der Facebookgruppe „Coronahilfe des Nettwerk Leverkusen“. Hier werden auch Hilfsangebote und Waren zum Tausch angeboten.

Einige Restaurants, die noch mit Essen versorgen, haben wir hier aufgelistet – bei allen gilt: Vorher im Internet oder telefonisch klären, was es gibt und wie die Abhol- und Bezahlbedingungen sind:

Dombrauhaus Schlebusch,

Stadthalle Bergisch Neukirchen,

Goodmans Burger Truck, Bergisch Neukirchen,

Trattoria Toscana, Bergisch Neukirchen

Casa Ducale, Wiesdorf

Jorgos, Lützenkirchen

Bei Dennis, Lützenkirchen;

Plaka Lützenkirchen,

Royal Punjab, Opladen

Schmalztöpfchen, Opladen,

Touchdown, Opladen

Casa Portuguesa, Opladen

Rheinischer Hof, Rheindorf,

Der kleine Muck, Quettingen

Caldo e Fredo, Quettingen (stes)

„Das braucht eine gewisse Vorbereitungszeit, man muss organisieren, wie die Leute das Essen bestellen und abholen können, ohne den Laden zu betreten, das ist ja verboten.“ Auch müssten Essenschalen organisiert werden. „Zum Glück ist die Metro da ein sehr guter Partner, die halten diese Artikel auch für Gastronomien zurück, die so etwas anbieten wollen.“

Hilfe erwünscht

Ehrenstein wünscht sich, dass die lokalen Gastronomien deutlich machen, wie man ihnen helfen kann. „Wir haben in der Flüchtlingskrise gesehen, dass man die Menschen mobilisieren kann, man muss es nur anpacken“, sagt Ehrenstein. Försters Antwort: „Informieren sie sich, welche Restaurants den Betrieb noch irgendwie am Laufen halten und nutzen sie deren Abhol- oder Lieferservice.“

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Auch Gutscheine zu kaufen sei eine große Hilfe, um den Betrieben ein bisschen finanzielle Liquidität und emotionalen Beistand zu leisten (siehe: „Gutschein-Aktion“). „Viele scheuen sich derzeit aber davor, weil sie nicht wissen welche Betriebe überhaupt noch da sind, wenn man wieder rausgehen darf“, sagt Förster. Das Hilfspaket des Landes klinge zwar gut, man müsse jetzt aber erst einmal sehen, was davon tatsächlich auch bei den kleinen, inhabergeführten Betrieben ankommt.

Keine Kinderbetreuung möglich

Wie viele Gaststätten überleben, das hängt auch von den Bürgern ab, ist Karla Ehrenstein überzeugt. Selbst kommt die 74-Jährige bislang in der Krise ganz gut zurecht, ihr Sohn hat ihr einen Atemschutzmaske besorgt, mit der sie zum Einkaufen geht. Und mit dem Hund in den Wald geht sie auch, ein bisschen frische Luft brauchen schließlich beide.

Gutschein-Aktion im Internet

#supportyourlocal heißt eine Initiative, die vom Dehoga Nordrhein unterstützt wird. Mit der Unterstützung eines Teams können Gaststätten kostenlos eine Internetseite des Kölner Ticketanbieters Ticket.io einrichten, auf der Kunden Gutscheine kaufen können. Etwa für eine Flasche Wein, einen Kranz Kölsch oder Verzehrgutscheine in unterschiedlichen Höhen. Die Gutscheine können auch als Geschenk online oder per Post an Freunde verschenkt werden – als Vorfreude auf die Zeit nach der Krise. Interessierte Unternehmen finden alle Informationen im Internet. (stes)

http://dehoga-nordrhein.de/corona

„Da ich der jungen Generation aktuell nicht mal mehr bei der Kinderbetreuung helfen darf, möchte ich mich zumindest finanziell beteiligen“, sagt Ehrenstein.

Und hofft, dass viele ihrem Beispiel folgen.