Leverkusen – Einbahnstraßen-Verkehr herrscht neuerdings am Stand des Hof Jüch auf dem Schlebuscher Bauernmarkt. Am Anfang werden die Hände desinfiziert, dann heißt es Abstand halten und angefasst werden darf nur, was man auch kauft. Alles Maßnahmen, die sich Bauer Marcus Vogel gemeinsam mit der Werbe- und Fördergemeinschaft Schlebusch selbst erarbeitet hat, um das Einkaufen in Zeiten des Coronavirus so sicher wie möglich zu gestalten. „Im Amtsblatt der Stadt steht: Wochenmärkte dürfen offen bleiben, wenn sie sich an die Vorschriften des Robert-Koch-Institutes halten“, berichtet der WFG-Vorsitzende Ulrich Kämmerling. „Aber wenn man dann die Seite des Robert-Koch-Institutes aufruft, steht da nichts explizit zu Wochenmärkten, da muss man sich alles in seitenlangen Dokumenten zusammen suchen.“
Lieber Wochen- als Supermarkt
Also organisieren sich die Händler selbst und tauschen sich über soziale Medien aus. Das klare Bestreben ist, den Markt so lange wie möglich geöffnet zu halten. Es herrscht guter Betrieb am Donnerstagvormittag, dabei wird vor Menschenansammlungen gewarnt. „Ich fühle mich hier auf dem Markt auf jeden Fall wohler, als im Supermarkt“, sagt Kämmerling. Die Besucher seien einsichtig und hielten sich an die Vorsichtsmaßnahmen. Wenn die Stadt zustimmt, sollen an den nächsten Markttagen die Stände weiter voneinander getrennt aufgestellt werden, um zusätzlichen Freiraum zu schaffen.
Keine Nachschubprobleme
Nicht nur für die Händler sei der Markt wichtig, auch für die Nahversorgung der Bürger. „Wir werden hier keine Nachschubprobleme bekommen, das sind lokale Produzenten, die keine langen Lieferketten haben, die ausfallen könnten“, sagt Kämmerling. Ihm scheine, dass die Menschen jetzt schon mehr auf lokale Produkte setzen. „Die Schlebuscher sind sehr solidarisch.“
Darauf setzt auch Andreas Caspari, der an seinem Modegeschäft „Peppy’s“ in der Fußgängerzone Zettel hängen hat, die zur Solidarität mit lokalen Händlern aufrufen. Er arbeitet nun daran, die komplette Frühlingskollektion, die im Laden lagert, in seinen Onlineshop zu stellen und mit Rabatt anzubieten. „Den Onlineshop hatte ich vorher schon, aber das war ein Nebenprodukt, die Leute kaufen bei mir eher im Laden“, sagt Caspari. „Ich merke aber schon, dass auf der Seite jetzt viel mehr los ist, gestern hatten wir die höchsten Besucherzahlen aller Zeiten.“ Da fährt er dann auch gerne mal eine Bestellung nach Feierabend noch selbst aus, wenn der Weg nicht zu weit ist. Ähnliches versuchen viele Schlebuscher Händler.
Der Herrenausstatter „Mister M“ zum Beispiel bietet neuerdings auch individuelle Beratung am Telefon an. Buchhändler Manfred Gottschalk hat an seinem Geschäft eine Lieferschleuse aufgebaut, an der die Kunden ihre bestellte Bücher abholen können, ohne die Buchhandlung zu betreten. Andernfalls wird auch direkt nach Hause geliefert. Auch Gottschalk betreibt einen Shop im Internet.
Wie lange ihn das Geschäft ohne Kundenverkehr über Wasser halten kann, mag Andreas Caspari nicht einschätzen. „Wenn das über mehrerer Wochen oder Monate geht und keine Hilfe von außen kommt, wird es natürlich ganz ganz eng.“ Ein Lob hat er aber für seine Mitarbeiter parat: „Die sitzen nicht zu Hause und machen »Coronaferien«, die sind ganz aktiv und fühlen sich verpflichtet, mitzuhelfen.“ Weniger nette Worte findet er, wenn er in die geöffneten Cafés schaut „wo die 70-Jährigen beisammen sitzen“, während er um seine Existenz bangt.
Zeit zum Plaudern
Luigi Falzone vom italienischen Restaurant „Tempi Moderni“ in der Fußgängerzone ist froh über jeden Gast. Geöffnet hat er nur noch von 12 bis 15 Uhr. Außerdem bietet er jetzt – wie alle Schlebuscher Restaurants – Essen zum Mitnehmen an, das aber wenig genutzt wird: „Unsere Gäste kommen eher Abends und viele haben Angst, rauszugehen.“ Falzone vermutet, dass er bald ganz schließen muss. Wie in Italien. Informationen bezieht er aus den Nachrichten oder aus WhatsApp-Gruppen mit Kollegen, vom Gesundheitsamt wurde er nicht kontaktiert. Obwohl Mittagszeit ist, hat Falzone Zeit zum Plaudern, nur wenige der locker aufgestellten Tische sind besetzt. Und der Gastronom lacht viel. Trotz allem. „Was will man denn sonst auch machen? Positiv muss man immer bleiben!“ (rar)