Ein „Haus der Begegnung und Kulturen“ sollte in Manfort gebaut werden
Jetzt zeigt der markokkanische Eltern- und Jugendverein Pläne für eine Moschee mit Minarett und Kuppel
Von den ursprünglichen Abmachungen mit der Stadt ist das weit entfernt
Der Verein hat seinen Vorsitzenden abgewählt, sich umbenannt und eine neue Satzung gegeben
Leverkusen – Das Bauprojekt eines „Haus der Begegnung und Kulturen“ des Marokkanischen Eltern- und Jugendvereins hatte in den Jahren 2012 bis 2014 eine Menge Fürsprecher. Bis hoch zum Oberbürgermeister machten sich Stadtverwaltung, Politik und der Integrationsrat dafür stark, weil man sich durch das künftige Gemeindezentrum des damals als weltzugewandt geltenden Vereins einen vernünftigen Beitrag zur Integration von Muslimen versprach. Schließlich gelang es dem Verein nach einigen Querelen, ein städtisches Grundstück an der Poststraße in Manfort neben dem P+R-Parkplatz am Bahnhof Schlebusch zu kaufen.
Das Konzept, das den Politikern als Entscheidungshilfe zum Grundstücksverkauf vorgelegen hat, betonte den weltoffenen Charakter des Vorhabens. Offenheit, Transparenz, Integration – das sind die Schlüsselwörter in dem Exposé. Das Zentrum soll neben Klassenräumen, einem Café, einer Bibliothek und Sporträumen auch zwei Gebetsräume enthalten. Einer für Männer, einer für Frauen.
Anfangs ein neutraler Bau
Der gestalterisch neutral gehaltene Vorentwurf zeigte einen Zweckbau. Der damalige Vereinsvorsitzende Hassan Essabbabi sagte 2012 im Interview im „Leverkusener Anzeiger“: „Es gibt kein Minarett, keine Kuppel.“
So ähnlich wie das Kölner Allerweltshaus könne das Haus der Begegnung und Kulturen ausfallen, steht im ursprünglichen Konzept von 2014. Dieses Konzept wurde damals bindend in den Kaufvertrag zwischen Stadt und Verein aufgenommen. Im Ehrenfelder Allerweltshaus geht es um Themen wie Nachhaltigkeit, Gentrifizierung, Frauen- und Menschenrechte.
Dieses fünf Jahre alte Konzept für das Gemeindezentrum hat sich inzwischen offenbar stark verändert. Eine auf Facebook veröffentlichte Computeranimation zeigt eine reich ausgestattete Moschee; entgegen dem im Kaufvertrag festgeschriebenen Vorentwurf hat das Gebäude jetzt Minarett und Kuppel. Eine Frau mit Ganzkörperschleier geht vor der Moschee durchs Bild. Es heißt nun nicht mehr Gemeindezentrum, der Name wurde geändert in „Moschee und Bildungszentrum“.
Stark verändertes Konzept
Bei Vertragsunterzeichnung hieß der Bauherr noch „Marokkanischer Eltern- und Jugendverein“. Er hat sich umbenannt in „Maghariba“. Das kann einfach etwa „Marokkaner“ heißen, aber laut Wikipedia nannte sich auch eine gemischte Soldatentruppe so, die im Mittelalter für ein nordafrikanisch-arabisches Kalifat kämpfte.
Der ehemalige Vereinsvorsitzende Hassan Essabbabi, der 2014 den Kauf des Grundstücks ausgehandelt hatte, ist im Verein seit einiger Zeit entmachtet. Er ist zwar noch immer Mitglied, aber er soll mit den Entwicklungen in seinem alten Verein überhaupt nicht einverstanden sein, den er offenbar als komplett umgekrempelt empfindet. Maghariba hat sich unter der neuen Führung eine neue Satzung gegeben.
Verein ist offenbar gespalten
Das geschah gegen den Willen einer Gruppe Altvorderer, die sich inzwischen mit juristischen Mitteln gegen die Änderungen im Verein wehren wollen, weil sie schon das Zustandekommen des Beschlusses für nicht legal halten. Der marokkanische Verein, sagt ein Insider, sei gespalten, seit die Führung gewechselt habe: „Die Neuen sind religiös strenger geworden.“
Noch ist auf dem Bauplatz nicht viel geschehen. In den ersten Märztagen wurde das Gelände gerodet und das Grundstück mit einem Bauzaun umstellt. Jetzt steht ein Bagger dort. Unklar ist, wie viel Geld dem Verein noch für den Bau fehlt, um das Gemeindehaus fertig zu bauen.
1,5 Millionen Euro Baukosten
Nach einer Jahre alten Schätzung sollte es mehr als 1,5 Millionen Euro kosten. Bei einer groß angelegten Spendengala, die über die Ostertage lief, half eine belgische muslimische Vereinigung namens „Al Oemma“ (auf deutsch heißt das etwa Gemeinschaft der Muslime) aus Antwerpen den Leverkusenern.
Noch vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags über das Grundstück zwischen Stadt und Verein gab es Unstimmigkeiten bezüglich des Nutzungskonzepts. Der damalige Kämmerer vormalige Sozialdezernent Frank Stein verweigerte in einem Brief vom 8. September 2014 seine Unterschrift unter dem Kaufvertrag.
Sozialdezernent warnte vor verändertem Konzept
Der Grund: Die ursprünglich im Konzept genannten weltoffenen Integrations-Ziele des Vereins seien im Vertragsentwurf nun nicht mehr festgehalten. Er bemängelte: „Das nun vorgelegte Nutzungskonzept hat jedoch den Anschein, dass die Begegnungsstätte nur noch marokkanischen und nordafrikanischen Mitbürgern zur Verfügung gestellt werden soll.“ Stein schrieb damals: „Ich könnte es dem Stadtrat nicht erklären, wenn wir jetzt einen Vertrag unterzeichnen, in dem von diesem (ursprünglichen, Anm. d. Red.) Konzept erheblich abgewichen würde […]“
Sollten im Kaufvertrag diese im Stadtrat besprochenen weltoffenen Ziele nicht hieb- und stichfest festgehalten sein, so Stein damals, gebe es keine Unterschrift. Schließlich hielt man im Vertrag vom November 2014 fest, dass das Gemeindezentrum gemäß dem architektonischen Vorentwurf innerhalb von fünf Jahren vollständig zu bauen und anschließend nach dem ursprünglichen Nutzungskonzept vom 20. Januar 2014 zu betreiben sei. Als Kaufpreis setzte man 363 200 Euro für 1816 Quadratmeter fest.
Keine Fragen beantwortet
Inzwischen hat das Leverkusener Bauamt eine Baugenehmigung erteilt, die über den Rohentwurf hinausgeht – mit Minarett und Kuppel. Der Vereinsvorsitzende wollte dem „Leverkusener Anzeiger“ am Telefon keine Fragen beantworten. Verabredet wurden schließlich schriftliche Fragen, die der Vorstand aber nicht beantwortete. Man stellte stattdessen vor einer Woche „Pressematerial zum Gemeindezentrum“ in Aussicht, das bisher nicht in der Redaktion eingegangen ist.