Ein Spezialist für die Abrechnungssoftware der Zahnarztpraxis kann als Zeuge längst nicht alle Fragen des Amtsgerichts beantworten.
Prozess200.000 Euro aus Leverkusener Praxis fehlen – Richter gibt Zeugen „Hausaufgaben“
Es kommt nicht oft vor, dass ein Zeuge so dringend erwartet wird wie Hans-Georg Bock. Der 59-Jährige ist Beschwerdemanager bei jenem Koblenzer Hersteller von Abrechnungsprogrammen, das auch der Leverkusener Zahnarzt benutzte, um den sich der seit Wochen laufende Untreueprozess dreht. Angeklagt ist die Helferin des Arztes – sie soll im Laufe der Jahre um die 200.000 Euro abgezweigt haben. Ob es so ist oder ob – im Gegenteil – der Arzt in die Kasse gegriffen hat, wie es die Anwälte der Angestellten glauben machen wollen, ist sehr schwer herauszubekommen.
Aufschluss erhofft sich Richter Dietmar Adam aus den Daten des Abrechnungsprogramms. Die könnte Zeuge Bock entschlüsseln, glaubt Adam. Wochenlang hat sich der Richter bei der Software-Firma darum bemüht, den Mann nach Opladen zu bekommen. Das hatte sich als beinahe unmöglich erwiesen. Vorigen Mittwoch dann kam die Nachricht aus Koblenz, dass der Mitarbeiter vor Gericht aussagen kann. Der Datenschutzbeauftragte der Software-Schmiede hatte sein Okay gegeben.
Es liegt nicht nur am Ausdruck der Tabelle
Nur: Bahnbrechende Erkenntnisse kann Bock dem Gericht nicht verschaffen. Und das liegt nicht daran, dass der Software-Spezialist mit dem Ausdruck der Excel-Datei nicht klarkommt, die der Richter ihm vorgelegt. Die vier DIN-A-4-Blätter müssen in einer ganz bestimmten Form nebeneinander gelegt werden, damit die Zeilen zusammenpassen. Als das den drei Anwälten des Zahnarztes und ihrem Gegenüber Pantea Farahzadi gelungen ist, ergeben sich neue Fragen, die auch der Software-Spezialist nicht beantworten kann.
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Deutlich wird nur, dass ein Ausdruck aus der Datenbank, die hinter der Praxis-Software liegt, nicht von Hans-Georg Bock stammt. Es ist noch nicht einmal sicher, dass irgendjemand aus seiner Firma den Datensatz herausgelassen hat. Der ist überaus sensibel: Mit ihm will der Zahnarzt den Nachweis führen, dass seine Angestellte die rund 200.000 Euro beiseite geschafft hat. Aber: Es ist nicht auszuschließen, dass diese Daten manipuliert sind.
Und noch eine Enttäuschung muss der Zeuge am Montag dem Gericht bereiten: Die Daten liegen in keinem Fall beim Software-Hersteller in Koblenz. „Die haben wir nicht; die hat nur der Kunde“, erläutert Bock das Prinzip. Dass seine Aussage den komplizierten Prozess trotzdem weiterbringen kann, liegt an den „Hausaufgaben“, die Richter Adam dem Beschwerdemanager mitgibt.
Er soll ermitteln, ob der Datenbank-Auszug in seiner Firma angestoßen wurde und von wem. Und: Dasselbe soll dann ein weiteres Mal gemacht werden. Vielleicht stimmen die Daten überein, vielleicht aber auch nicht.
Ende nächster Woche will das Gericht nochmals in die Software-Welt eintauchen. Nochmal zwei Wochen später soll der Zahnarzt ein weiteres Mal aussagen. Ob die Beweise dann ausreichen, um die Anklage ausreichend zu untermauern? Fast so schwer zu sagen wie eine Excel-Datei auf DIN A 4 auszudrucken.