Leverkusen – Weniger eine Zustandsbeschreibung, mehr eine Haltung – das bedeutet „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ für den Lehrer des Berufskollegs in Opladen Marcus Nick. Seit zehn Jahren ist das Berufskolleg Mitglied in dem gleichnamigen, deutschlandweiten Netzwerk, dem mehr als 3000 Schulen in der Bundesrepublik angehören. „Gerade in einer Zeit wie dieser ist es wichtig, dass wir Solidarität zeigen“, erklärte Nick am Freitag während der kurzen Feierlichkeit und der Einweihung des „Antirassistischen Schutzwalls“ auf dem Schulgelände.
Bild für ein Miteinander der Religionen und Menschen
Die grauen Außenmauern der Schule sollen Stück für Stück bunt bemalt und mit Sprüchen und Logos versehen werden. Den Anfang der Mauergestaltung machte das Künstlerpaar Carmen Dietrich und Gregor Merten aus Burscheid, die als neue Schulpaten gemeinsam den Engel der Kulturen an die Wand malten.
Das kreisförmige Gebilde mit den Symbolen der drei großen monotheistischen Religionen soll interkulturelle Begegnungen fördern und steht symbolisch für den die Aussöhnung der Religionen und der Menschen. Auch Schulpate und Bundestagsabgeordneter für Leverkusen Karl Lauterbach schickte der Schule eine kurze Videobotschaft aus Berlin, in der er Lehrer und Schüler für ihr Engagement lobte.
„Die Mauer ist ein Zeichen der Offenheit für alle Religionen, Hautfarben, sexuelle Orientierungen und Menschen mit Migrationshintergrund“, erklärte der 16-jährige Jan während der Einweihung des Schutzwalls. Für die Schulpaten Dietrich und Merten ist es nicht das erste Projekt dieser Art: Seit 2008 wird immer wieder durch Aktionen an Schulen und in Städten auf den interkulturellen Dialog aufmerksam gemacht. Zudem sei zurzeit ein länderübergreifendes Projekt in Leverkusen und im Westjordanland in Planung, so Merten.
Rassismus an Schulen ist kein neues Thema. Neben Diskriminierung innerhalb der Schülerschaft kann es auch zu Diskriminierung von Schülern durch Lehrer kommen oder zwischen den Lehrkräften im Lehrerzimmer.
„Wir sind wahrscheinlich wie alle Schulen mit gewissen Vorurteilen konfrontiert“
Eine Studie von Forschern am Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie der Universität Mannheim aus dem Jahr 2018 ergab, dass Schüler mit türkischem Hintergrund bei gleicher Leistung in der Bewertung schlechter abschneiden würde als Schüler ohne Migrationshintergrund. Dass eine Schule ohne Rassismus oder anderen Ideologien der Ungleichwertigkeit wie Homophobie, Sexismus und Antisemitismus ein Idealbild darstellt, weiß Lehrer Marcus Nick. „Wir sind wahrscheinlich wie alle Schulen mit gewissen Vorurteilen konfrontiert“, sagte der Lehrer. Dies würde jedoch nicht bedeuten, dass man nichts dagegen unternehmen könnte. „Besonders das Thema Alltagsrassismus ist schwer zu fassen. Wir sprechen daher sehr viel mit den Schülerinnen und Schülern darüber“, erzählte Nick.
In der Vergangenheit hatte sich das Berufskolleg durch Kunstprojekte und Studienfahrten für die Werte der Menschlichkeit und Toleranz eingesetzt. Im Sommer 2018 hatten Schüler- und Lehrerschaft gemeinsam 900 Unterschriften für eine Petition gegen die Abschiebung einiger ihrer Mitschüler gesammelt und damit Druck auf die Politik ausgeübt.
Durch ihr Engagement bleibt die Beschreibung des Berufskollegs als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ keine inhaltslose Hülle oder ein einfaches Siegel. „Damals mussten 70 Prozent der Schulmitglieder unterschreiben, dass sie Schule ohne Rassismus werden wollten“, erzählte Nick.
Dass 70 Prozent der Schulmitglieder dem Antrag zustimmen, ist die Voraussetzung dafür, dass sie Mitglied in dem bundesweiten Netzwerk werden.
„Wieso können wie die Vielfalt nicht einfach akzeptieren und müssen alles kategorisieren?“, lautet die Frage der Schülerin Celina in ihrem Poetryslam, den sie während der Einweihung des bunten Schutzwalls las. Für den Umgang mit dem Thema gäbe es kein Patentrezept, findet Nick. „Unser Ziel ist es, dass die Schüler eine gewisse Sensibilität entwickeln und Stereotype und Vorurteile erkennen und reflektieren lernen“.