Leverkusen – Er soll ihr im Gebüsch vor dem Haus aufgelauert haben, ihre Wohnung von der gegenüberliegenden Straßenseite aus beobachtet und ihr Steine ans Fenster geworfen haben: Über Monate soll ein 30-jähriger gebürtiger Kölner seine Exfreundin in Opladen verfolgt haben – nun muss er sich vor dem Amtsgericht in Leverkusen wegen Nachstellung und gefährlicher Körperverletzung verantworten.
2012 waren die beiden 30-Jährigen ein Paar geworden und wohnten einige Zeit in Bergisch Neukirchen, vor vier Jahren kam ihr gemeinsamer Sohn zur Welt. Doch die Beziehung zerbrach, die Probleme begannen. Die Anklageschrift ist lang: Bis zu 71 Textnachrichten und 42 Anrufe von ihm an einem einzelnen Tag soll es zwischen August 2020 und Januar 2021 laut Staatsanwaltschaft gegeben haben. Der Angeklagte soll der Frau bei Ausflügen zum Schokoladenmuseum in Köln oder nach Monheim oder Langenfeld ins Restaurant gefolgt sein. Er soll sogar mehrere Peilsender am Kinderwagen und einmal einen GPS-Tracker am Auto der Stiefmutter seiner Exfreundin befestigt haben.
Stalking auch im Freibad
Der 30-Jährige soll ebenfalls seiner ehemaligen Freundin ins Freibad Wiembachtal gefolgt sein – trotz bereits bestehender einstweiliger Verfügung, dass er sich ihr nicht auf weniger als 20 Meter nähern durfte – und ihr Kinderspielzeug auf das Badetuch geschmissen haben, er soll ihr zum Sommergarten an der Schusterinsel gefolgt sein und sie im Schatten der Kastanienallee beobachtet haben, bis die 30-Jährige Security-Mitarbeitende mit hinzuzog.
Neben Beleidigungen werden dem Mann aber auch Körperverletzungen vorgeworfen: Er soll in die Wohnung der Frau eingedrungen sein und sie am Hals gepackt und gewürgt haben, ein anderes Mal soll er ihr beim Gassigehen aufgelauert und sie von hinten getreten haben.
Die Frau, die lange in Opladen an der Rat-Deycks-Straße gewohnt hat, wirft dem Mann sogar vor, sie aus der Villa Fürstenberg mit dem Fernglas beobachtet zu haben. Zusätzlich soll er Buttersäure in die Briefkastenanlage ihres damaligen Mehrfamilienhauses gegossen haben. „Die Briefkastenanlage musste ausgetauscht werden, es wurde alles über Wochen gereinigt, die Lüftungsanlagen liefen auch nachts, die Nachbarn waren schockiert“, erzählt die Leverkusenerin vor Gericht.
„Er hat mich fast täglich terrorisiert“, beschreibt sie. Die 30-Jährige, die gleichzeitig auch Nebenklägerin ist, achtete im Saal darauf, ihrem ehemaligen Partner nicht zu nahe zu kommen. Er habe ihr mit unterschiedlichen Telefonnummern geschrieben, teils von Freunden, teils habe er die Nummern gewechselt. Mehr als 90 habe sie bereits blockiert, erzählt sie. „Er wollte einfach den ganzen Tag gucken, wo ich bin und was ich mache.“ Sie traue sich nicht mehr allein vor die Tür und sei wohl „der schreckhafteste Mensch auf der Welt“.
Vieles räumt der Angeklagte ein
Der Angeklagte räumt gleich am ersten Prozesstag vieles ein: Das Nachstellen, das Beleidigen, Texten und Anrufen, auch das Anbringen der Peilsender gibt er zu. Den Anschlag mit der Buttersäure allerdings leugnet er. Und auch die körperlichen Angriffe auf die Frau hätten nicht so wie dargestellt stattgefunden. Der Mann spricht hingegen von „Kokainpartys“ in der Wohnung seiner Exfreundin, von wechselnden Affären und dass sie ihm seinen Sohn vorenthalte.
Sie nehme keine Drogen, stellt die Frau klar. Zumindest nicht mehr und räumt ein, sich zumindest früher etwas ausprobiert zu haben. Fragen wirft aber ihr Alkoholkonsum auf. Als sie nach einem Vorfall erneut die Polizei rief, habe sie nur zwei bis drei Gläser Wein getrunken und sei „total nüchtern“ gewesen, erklärt die Frau. Im Polizeiprotokoll hingegen wurde sie als „stark alkoholisiert“ beschrieben, sie solle gelallt und einen Atemalkoholtest abgelehnt haben, heißt es dort. Der Prozess wird am Montag, 29. August, fortgesetzt.