Mehrere hundert städtische Beschäftigte nahmen an der Gewerkschaftskundgebung am Friedrich-Ebert-Platz teil.
Verdi-Warnstreik in Leverkusen„Körperlich und psychisch einfach belastet“
![Viele Menschen stehen mit Fahnen und Warnwesten auf einem Platz.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/11/91102c8c-6522-40f1-b366-87de5859a829.jpeg?q=75&q=70&rect=0,736,4000,2250&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=81f7062f3ebc39d4a833f67ad00adcc5)
Die Gewerkschaft hatte Leverkusener Beschäftigte im öffentlichen Dienst dazu aufgerufen, an einer Kundgebung am Friedrich-Ebert-Platz teilzunehmen.
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„Die Zeiten, in denen man jemanden mit einer Stelle im öffentlichen Dienst locken konnte, sind offensichtlich vorbei“, konstatierte Gewerkschaftssekretär Stephan Dreesbach am vergangenen Dienstagvormittag bei der Verdi-Kundgebung vor dem Leverkusener Rathaus. „Alle, die hier vor der Bühne stehen, arbeiten für das Allgemeinwohl – unter unerträglichen Arbeitsbedingungen“, weshalb die Beschäftigten entlastet und die jeweiligen Berufe attraktiver gemacht werden müssten.
Konkret fordert die Bundestarifkommission der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr Geld im Monat, mehr Flexibilität und Selbstbestimmung bei den Arbeitszeiten sowie 200 Euro mehr für Auszubildende, Studierende und Praktikanten. Dass die Gegenseite dieses Anliegen mit dem Verweis auf die knappen Kassen der Kommunen ablehne, sei ein „absolut schwaches“ Argument, so Dreesbach: Es gebe „so viele Menschen“, die sehr wohlhabend seien, es brauche aber eine Politik, die „den Mumm“ habe, diese Leute stärker zu belasten.
Leverkusen: Erzieherinnen sind auf Nebenjob angewiesen
„Natürlich ist Geld nicht alles, man muss schon auch mit Herzblut bei der Sache sein“, bemerkte Valon Hyseni, Kita-Leiter und freigestellter Personalrat bei der Stadt. Was ihm aber „leid und weh“ tue: „Es gibt Kolleginnen in den Kindertagesstätten, die alleinerziehend sind und trotzdem noch einen Nebenjob brauchen, um über die Runden zu kommen.“ Da nütze es auch nichts, wenn man den eigenen Beruf mit Leidenschaft ausübe. Ähnlich äußerte sich Erzieherin Cira Welk, die in der Rheindorfer Kita Masurenstraße arbeitet:
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![Streikende Menschen halten Banner und Plakate in den Händen.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/11/45a111c9-590c-474b-b610-58474ec86993.jpeg?q=75&q=70&rect=0,644,4000,2250&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=bfcc6da54be5585a7f63597d4b2e3091)
Die Erzieherinnen der städtischen Kita Masurenstraße sorgen sich wegen fehlenden Nachwuchskräften.
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„Wir haben viele junge Praktikantinnen und Praktikanten, die bei uns reinschnuppern und dann feststellen: ‚Das ist eigentlich voll der schöne Job, aber er ist auch unglaublich hart.‘“ Sie und ihre Kolleginnen seien „körperlich und psychisch einfach belastet“, führte Welk aus. Keine von ihnen könne mit Gewissheit sagen, ob sie diesen Beruf bis zur Rente ausüben wolle. Dies führe dazu, dass den Kitas in den kommenden Jahren voraussichtlich noch mehr Personal fehle.
Zu wenig Personal zentrales Problem für öffentlichen Dienst in Leverkusen
Die Nachricht, dass der Notfallpersonalschlüssel der Landesregierung bei Engpässen mittlerweile eine Erzieherin und eine Ergänzungskraft für bis zu 60 Kinder vorsehe, steigere die Attraktivität freilich nicht. Deswegen gehe es ihr hauptsächlich darum, dies zu ändern und Nachwuchs zu finden, betonte Welk. Der Personalnotstand ist aber nicht nur im Erziehungswesen ein Problem: Laut Katarina Schutzius, Klavierlehrerin an der Leverkusener Musikschule und Verdi-Betriebsgruppenleiterin, „gehen in den nächsten zehn Jahren alleine in Nordrhein-Westfalen 5000 Instrumentalpädagogen in den Ruhestand“.
![Streikende Menschen halten Banner und Plakate in den Händen.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/11/6588c9db-bfde-4283-a2f0-3d2fff9fd322.jpeg?q=75&q=70&rect=0,623,4000,2250&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=38180a2f0c867378e9db93aec05a1b68)
Die Beschäftigten der Leverkusener Musikschule fordern die Abschaffung des Ferienüberhangs.
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„So groß ist unser Berufsstand ja nicht“, ordnete Schutzius ein. Im Jahr seien es etwa 15 Absolventen der Instrumentalpädagogik, die die Kölner Musikhochschule verlassen. Da sei es nicht so schwierig, sich auszurechnen, dass das nicht aufgehe. Die jahrzehntelange Beschäftigung auf Honorarbasis habe den Beruf ihrer Einschätzung nach immer unattraktiver gemacht, erklärte Schutzius. Zwar habe das „Herrenberg-Urteil“, wonach Musikschulen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fest anstellen müssen, klargestellt, dass ihr Beruf „tatsächlich ein Beruf ist“, aber wegen der angespannten Haushaltslage sei keine nennenswerte Personalaufstockung zu verzeichnen.
Leverkusener Musikschullehrer wollen keinen Ferienüberhang
Um die „kulturelle Daseinsvorsorge“ zu gewährleisten, sei ihr Hauptanliegen neben den Gehaltsforderungen, den sogenannten Ferienüberhang abzuschaffen, der insbesondere Musikschullehrerinnen und -lehrern zusätzliche Arbeitsstunden während der unterrichtsfreien Zeit beschere. Von umfangreichen Arbeitszeiten konnte auch Jürgen Borghoff, Verkehrsmeister bei der Wupsi, ein Lied singen: „Wir fahren ‚24/7‘“, rief er in Erinnerung.
Trotzdem werde ignoriert, wie wichtig der öffentliche Nahverkehr sei, was sich beispielsweise an der schleichenden Herabstufung des Personals und schlechter Bezahlung bemerkbar mache. „Es gibt bei unserer Tochtergesellschaft Fahrer, die aufstocken müssen, um ausreichendes Auskommen zu haben“, beklagte Borghoff. Das sei insbesondere deswegen fatal, weil der Beruf ohnehin für viele unattraktiv sei: „Immer dann, wenn das Sozialleben stattfindet, müssen wir arbeiten“, unterstrich der Verkehrsmeister. „Das muss dann wenigstens finanziell gewürdigt werden!“