Der „Leverkusener Anzeiger“ hat mit einem der Betreiber des Twitter-Kontos gesprochen. Er will unerkannt bleiben, erklärt aber die Hintergründe der Aktion.
VerifiziertFalscher Stadt-Leverkusen-Account erhält blauen Haken bei Twitter
Das Twitter-Konto @StadtLeverkusen hat 96 Follower. Im Vergleich zu anderen städtischen Kanälen ist das eine mickrige Zahl. Der Stadt Köln folgen unter @Koeln am Dienstag 58.282 Profile. Bei @Duesseldorf sind es 75.554. Alle drei eint der blaue Haken hinter dem Kontonamen. Er drückt aus: Dieser Account wurde geprüft, er ist vertrauenswürdig. Eigentlich. Denn hinter dem Leverkusener Account steckt nicht die Stadt Leverkusen.
Blauer Haken: Kein Zeichen der Vertrauenswürdigkeit mehr
Als Unternehmen, Person des öffentlichen Lebens, Politikerin oder Journalist eines vertrauenswürdigen Mediums konnte man nach umfassender Prüfung den blauen Haken erlangen. Seit Milliardär Elon Musk das Ruder bei dem Sozialen Netzwerk übernommen hat, sind diese Regeln außer Kraft gesetzt.
Denn Musk hat 44 Milliarden US-Dollar für ein hochdefizitäres Geschäft gezahlt. Mit neuen Methoden will er Twitter wieder profitabel machen. Dazu gehört auch Twitter Blue: Wer zwischen acht und elf Dollar bezahlt, kann Tweets bearbeiten, hochauflösende Videos hochladen – und bekommt einen blauen Haken. Das geht bislang eigentlich nur in den USA.
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Womit gekennzeichnet wurde, was als vertrauenswürdig gilt, ist jetzt käuflich. Es besteht die Gefahr, dass @StadtLeverkusen als offizieller Kanal wahrgenommen wird. Dass das kein Hirngespinst ist, zeigte sich vor wenigen Wochen, als angebliche Firmenkonten Falschmeldungen verbreiteten und Aktienkurse abstürzen ließen.
Betreiber sagt: Er ist Mitglied von Die Partei
Eröffnet wurde das Konto im Oktober 2021. Der „Leverkusener Anzeiger“ hat am Dienstag mit einem der Betreiber telefoniert und kennt dessen Identität. Er will nur sprechen, wenn er anonym bleibt. Er sei Mitglied der Satire-Partei Die Partei. Den blauen Haken habe er gekauft: „Für acht Dollar. Wenn man Google bedienen kann, dauert das fünf Minuten.“
„Ich bin offensichtlich nicht die Stadt Leverkusen“, sagt der Leverkusener. „Das war einfach lustig gemeint. Es ging darum, wie absurd es ist, was Elon Musk da treibt.“ Dann wäre es kein Problem, wenn der Haken verschwindet? „Ja klar. Ich will nur zeigen, wie leicht man Leute in die Irre führen kann. Da gibt es Leute, die glauben, dass das die Stadt Leverkusen ist, die da schreibt.“ Dabei wird deutlich, dass es sich nicht um die Verwaltung handelt. Die Kontobeschreibung lautet: „Alternative Fakten und mehr...“, am Dienstag wird hinzugefügt: „Parody“ – Parodie.
Eine Sprecherin der Stadt teilt mit, dort sei der Account bekannt, aber nicht, wer sich dahinter verberge: „Da es sich um einen als Satire gekennzeichneten Account handelt, der nur über 96 Follower verfügt, besteht grundsätzlich die Hoffnung, dass die Twitter-User verstehen, dass es sich nicht um einen offiziellen Kanal der Stadt Leverkusen handelt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies nicht allen bewusst ist und es dadurch zu Verwirrungen kommen könnte.“
Die Stadt habe Twitter den Fall vor Wochen gemeldet, lange vor dem blauen Haken. „Da keine Reaktion seitens Twitter erfolgte und der Account inzwischen sogar verifiziert wurde, wird die Stadtverwaltung nun juristisch prüfen lassen, welche Möglichkeiten bestehen, dagegen vorzugehen.“ Die Stadt betreibe aufgrund fehlender Kapazitäten keinen eigenen Kanal. Angesichts der aktuellen Entwicklungen, die dazu führten, dass die Plattform umstritten ist und kritisch gesehen wird, „wird das Bespielen eines Twitter-Accounts durch die Stadtverwaltung derzeit nicht verfolgt.“
Dabei gibt es ein Konto in der Hand der Stadt: @leverkusen_de, eröffnet im September 2011: „Offizieller Twitter-Account der Stadt Leverkusen“. 0 Follower. Kein blauer Haken. Es sei angelegt worden, um sich die Rechte zu sichern und „zu verhindern, dass jemand anderes diesen Namen verwendet.“ Es bestehe Zugriff auf das Profil.
„Wir wollen der Stadt das Leben schwer machen, aber wir wollen nicht böse sein“, sagt der Mann hinter @StadtLeverkusen. „Wir haben geguckt, ob es den Account mit dem Namen schon gibt und sind in die Lücke gestoßen.“
Twitter hat auf Anfragen nicht reagiert. Wie Bloomberg berichtet, wurde die gesamte Pressestelle in Deutschland entlassen.