Der Täter ist zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Und er muss weitere Auflagen erfüllen.
UrteilLandgericht Köln verhängt hohes Schmerzensgeld nach Messerangriff in Leverkusen

Der Eingang zum Amts- und Landgericht Köln an der Luxemburger Straße
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Im Prozess wegen des Messerangriffs in den Luminaden hat das Landgericht Köln den Angeklagten am Dienstag zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Zusätzlich verurteilte die 9. Große Strafkammer Dilan M. (Namen des Angeklagten und des Opfers geändert) zur Zahlung von 10.000 Euro Schmerzensgeld. Denn Erdal B., dem Dilan M. am 14. Juni 2024 in einem Seitengang der Wiesdorfer Einkaufspassage einen Messerhieb in den Oberschenkel verpasst hatte, leidet bis heute psychisch und physisch unter den Folgen der Gewalttat. Das hatte auch ein Gutachter bestätigt.
Warum es zu der Tat kam, konnte die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Thomas Stollenwerk trotz einer Vielzahl von Zeugen an elf Verhandlungstagen nicht klären. Sie seien zur Aufklärung des Motivs „fast durch die Bank nicht brauchbar“ gewesen und hätten, soweit sie zum Bekanntenkreis von Opfer und Angeklagten gehörten, „von vorne bis hinten gelogen“, wurde Stollenwerk deutlich. So blieb offen, ob es sich um die Eifersuchtstat eines in seiner Männlichkeit verletzten jungen Mannes handelte – so die Version des Opfers und Nebenklägers Erdal B., der eine kurze Liaison mit der Ex-Freundin des Angeklagten hatte. Oder ob es um Schulden aus Drogengeschäften ging, wie Dilan M. behauptet.
Landgericht Köln: Täter wollte Opfer eine Lehre erteilen
Für erwiesen hält die Kammer aber, dass Dilan M. das Messer an jenem Juni-Nachmittag gegen Erdal B. führte, „um sich abzureagieren und um dem Nebenkläger eine Lehre zu erteilen“, so Stollenwerk, auch wenn es bei dem Kampf in den Luminaden „vermutlich von beiden Seiten Aggressionen“ gab, so Stollenwerk. Er machte deutlich, dass die Kammer sich schwer getan habe, noch eine bewährungsfähige Strafe zu verhängen. Das Ganze sei kein minderschwerer Fall von gefährlicher Körperverletzung.
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Zwar ist Dilan M. nicht einschlägig vorbestraft – es liegt nur eine Verurteilung wegen Beamtenbeleidigung und mehrere wegen geringfügiger Drogendelikte vor. Er habe Angaben zur Tat gemacht, aber kein richtiges Geständnis abgelegt. Andererseits hätten sich die Folgen der Tat straferschwerend ausgewirkt.
Die Verteidigung hatte zuvor auf Notwehr plädiert und damit einen Freispruch des Angeklagten erreichen wollen, eine juristische Würdigung, der Stollenwerk bereits in der Beweisaufnahme eine Absage erteilt hatte. Nur ersatzweise wollte die Verteidigung eine Bewährungsstrafe verhängt sehen.
Die Staatsanwältin hingegen hatte ebenso wie die Nebenklage drei Jahre Haft für den Angeklagten gefordert. Sie sah keinerlei mildernde Umstände für Dilan M. „Ein verletztes Ego zählt nicht“, so die Staatsanwältin. Der Rechtsanwalt von Erdal B. hatte zudem mit 16.000 Euro ein noch wesentlich höheres Schmerzensgeld gefordert.
Landgericht Köln: Täter bereut sein Handeln in den Luminaden
Der Angeklagte Dilan M. hatte es in seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung erstmals geschafft, die Einsicht und Reue zu zeigen, die er während der elf Verhandlungstage hatte vermissen lassen. Das hatte ihm auch die Staatsanwältin vorgehalten. „Ich bereue die ganze Tat. Ich hatte in der JVA viel Zeit, darüber nachzudenken“, so der junge Mann aus kurdischer Familie. Er hatte seit Ende Juni 2024 etwa sieben Monate in Untersuchungshaft gesessen und war erst Ende Januar unter Auflage auf freien Fuß gekommen.
Dilan M. ist es – auch das ist Teil des Urteils – verboten, ein Messer, Pfefferspray oder andere gefährliche Gegenstände mit sich zu führen. Er muss sich von Erdal B. fernhalten und darf ihn nicht kontaktieren. Und er muss sich, unterstützt von seinem Bewährungshelfer, um eine Ausbildung bemühen. Stollenwerk legte ihm zudem nahe, „seinen Freundeskreis zu überdenken und insbesondere, wenn es irgendwelche Cannabisgeschichten gibt, das aufzuhören“.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Alle Parteien können binnen einer Woche Revision einlegen.