Leverkusen – Die Hoffnungen nach dem langen Lockdown haben sich nicht erfüllt: Auch am Ende des Jahres ist in den Unternehmen wieder von Kurzarbeit die Rede. Zerrissene Lieferketten haben für Preissprünge gesorgt, und die Pandemie-Lage ist im Angesicht der Omikron-Variante viel schwieriger als vermutet. Dabei ist sehr viel getan worden, um die Corona-Effekte auf die Wirtschaft zu begrenzen.
Beispiel Chempark, mit 33.000 Beschäftigten der größte Player in der Stadt: Anfang Mai brachte der Leiter des Industrieareals unter dem Bayer-Kreuz „den Porsche an den Start“: Lars Friedrich wollte auf keinen Fall, dass die Impfkampagne an der Logistik scheitert. Man hätte bis zu 280 Dosen verabreichen können – pro Stunde. Die Kampagne lief Anfang Juni an, aber die Kapazität der in Zelten aufgebauten Impfstelle konnte nie auch nur annähernd ausgenutzt werden: Im Sommer fehlte der Impfstoff.
Sogar eine App wurde gebaut, damit alle 55 Unternehmen unter dem Bayer-Kreuz das Impfen so gut wie möglich händeln konnten. Die Impfbereitschaft in den Belegschaften wurde als hoch beschrieben.
Daran hat sich auch Anfang Dezember nicht viel geändert: Da lief im Chempark die Booster-Aktion an, wiederum in einem eigenen Impfzentrum, diesmal aber unter dem festen Dach des Gebäudes E 60. Noch bis Ende Februar soll die Aktion laufen; diesmal wird gegen die Omikron-Variante angeimpft.
Am ersten Tag zeigte sich, dass die Impfquote tatsächlich hoch ist: Von 102 Impfungen waren 95 Booster. Von Beginn an setzte Currenta auf Spikevax – vom Moderna-Impfstoff gab es noch genug, während Biontechs Comirnaty knapp geworden war: 1200 Dosen Biontech zu 3000 lautete zunächst das Verhältnis in den Chempark-Impfzentren in den drei Niederrhein-Werken.
Immunisierung war nur eines der Probleme
Für viele Unternehmen war die Immunisierung ihrer Belegschaft aber nur ein Nebenaspekt im zweiten Corona-Jahr, sagt Andreas Tressin. Der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands und der Unternehmerschaft Rhein-Wupper spricht von enormen Herausforderungen in der täglichen Arbeit: Mal leide die Fertigung unter dem Mangel an Vorprodukten, dann wieder ergäben sich ganz plötzlich Nachfragespitzen, die unter den durch Hygienevorschriften eingeschränkten Bedingungen kaum zu befriedigen seien.
Auch deshalb befürwortet Tressin mittlerweile eine Impfpflicht: Sie würde seine Klientel von vielen Pflichten befreien – und das Klima in den Unternehmen wäre dann wohl auch wieder spannungsfreier als zuletzt. Beim Thema Impfpflicht hätten sich die organisierten Arbeitgeber mehr Entschlossenheit der Regierung gewünscht, so Tressin. Das lange Interregnum und der Wahlkampf hätten kostbare Zeit gekostet.
Dann noch die Energiepreise: Der Schock treffe schließlich nicht nur die Endverbraucher. In der Pandemie-Krise seien die hohen Kosten Gift für die Konjunktur. Das zweite Jahr hat der Wirtschaft Long Covid gebracht.
Das war 2021 in der Wirtschaft wichtig, Monat für Monat
Januar:
Die Luminaden sollen im Rahmen einer Studie untersucht werden. Das Ziel: eine Entwicklung wie in der City C verhindern.
Die Erweiterung des Wellpappenwerks Gierlichs stößt weiter auf Widerstand der Nachbarn. Sie fürchten neuen Lkw-Verkehr.
Bayer kooperiert mit Curevac. Später zeigt sich, dass der Impfstoff aus Tübingen kaum wirkt.
Februar:
Die EVL und Netcologne bringen Glasfaser-Internet nach Hitdorf. 1625 Anschlüsse soll es geben.
Currenta-Chef Günter Hilken, 66, wechselt in den Aufsichtsrat des Chempark-Betreibers. Nachfolger ist Frank Hyldmar.
Sparkassen-Vorstand Rainer Schwarz kündigt seinen Rückzug aus gesundheitlichen Gründen an. Er ist 55 Jahre alt.
März:
WfL-Chef Markus Märtens sorgt mit Briefen an Unternehmen, in denen er auf die niedrige Gewerbesteuer hinweist, für Ärger.
„Shop in Lev“ heißt eine Internetseite, auf der sich 80 Einzelhändler gemeinsam präsentieren. Eine Reaktion auf den Lockdown.
Chempark-Chef Lars Friedrich bezeichnet die Lage als stabil. Die Investitionen gingen leicht zurück.
April:
Am „Girls’ Day“ werben Chemie-Unternehmen ganz besonders um weiblichen Nachwuchs.
Die WGL bilanziert ein Rekord-Plus von mehr als fünf Millionen Euro. Trotzdem will die Stadtverwaltung Wolfgang Mues ablösen.
Auf Bayers virtueller Hauptversammlung gibt sich Vorstandschef Werner Baumann angesichts schlechter Zahlen zerknirscht.
Mai:
Die Agfa-Pleite ist auch nach knapp 16 Jahren noch nicht abgewickelt. Akten zeigen, dass die Foto-Sparte den Verkauf lediglich drei Jahre überstehen sollte.
SK-Elektronik verlässt Leverkusen in Richtung Burscheid. Geschäftsführerin Natalie Kühn zeigt sich unzufrieden mit der WfL.
Seit 2010 geht es bergab, zeigt Gert Nicolinis Geschichte des Einzelhandels in Wiesdorf.
Currenta verliert nach nur einem halben Jahr die Arbeitsdirektorin: Susan-Stefanie Breitkopf geht.
Die Verbraucherzentrale hatte im Lockdown andere Aufgaben: Rat zu Internet-Geschäften wurde viel mehr gebraucht als früher, zeigt die Jahresbilanz.
Juli:
Wechsel auf den Schnellbus-Linien: Die Wupsi übernimmt den Dienst von Wiedenhoff.
Die Gewerkschaften schlagen Alarm: In der Pandemie sind viele 450-Euro-Jobs weggefallen.
Die Arbeitgeberverbände haben sich in der Bahnstadt etabliert. Der Plan, die WfL als Mieter in ein „Haus der Wirtschaft“ zu holen, konnte nicht verwirklicht werden.
August:
Die Stimmung in der Wirtschaft ist wieder besser, zeigt eine Umfrage der IHK.
Die Sparkasse spürt keine große Corona-Delle. Das Bilanz-Plus liegt bei 2,4 Millionen Euro, die Bilanzsumme steigt über vier Milliarden.
Die EVL bilanziert ein gutes Jahr. Vom Überschuss des Versorgers gehen fünf Millionen Euro an die Stadt.
September:
Covestros Betriebsrat wehrt sich gegen den Plan, trotz guter Geschäftslage Stellen abzubauen.
Der Arbeitsmarkt entspannt sich. Die Wohlfahrtsverbände machen allerdings auf Mängel der Statistik aufmerksam.
Die Erweiterung des Wellpappenwerks Gierlichs sorgt für Ratlosigkeit bei den Politikern. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
Oktober:
Kronos Titan stellt sich auf einen Warnhinweis für seinen Weißmacher ein. Das Verbot in Lebensmitteln betrifft das Werk nicht.
Bayers Werkschutz wird 100. Seit 1921 hat sich in seiner Arbeit sehr viel verändert.
Chempark-Betriebsräte tauschen sich am „Transformationstag“ über die Zukunftsaussichten ihrer Industrie aus.
November:
Bei Bayer verlieren befristet Beschäftigte nach Schließung des Betriebs für Flüssig-Arzneien ihre Stellen.
Sieben Wochenmärkte sollen unter eine neue Regie: Die Stadt will den Vertrag mit der Marktgilde nach fünf Jahren kündigen.
Die Wirtschaftsförderung wird 2022 mit dem erhöhten Zuschuss nicht auskommen, zeigt der Plan.
Dezember:
Covestro nimmt kurz vor dem Jahresende die Produktion von Makrolon auf, dem biobasierte Rohstoffe beigemischt sind.
Biofrontera-Gründer Hermann Lübbert geht von Bord, die Aktionäre sind aber weiter uneinig.
15 Prozent der Beschäftigten würden vom höheren Mindestlohn profitieren, weil sie zwölf Euro oder weniger verdienen.