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Gigantischer Bau heute „Lost Place“Ruinen im Rheinland aus der dunkelsten NS-Geschichte

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Reste des gigantischen Baus sind hier in Grölisbach, nahe Roetgen in der Eifel zu sehen. Es ist nur ein winziger Teil der Anlage.

Reste des gigantischen Baus sind hier in Grölisbach, nahe Roetgen in der Eifel zu sehen. Es ist nur ein winziger Teil der Anlage.

Es war das größte militärische Bauwerk von Adolf Hitler. Noch heute sind Überreste im Rheinland zu finden.

Es sind Relikte einer gewaltigen Befestigungsanlage im Rheinland. Sie zog sich über 600 Kilometer vom Oberrhein durch Pfalz und Eifel bis an den Niederrhein. Neben den bedrohlich wirkenden Drachenzähnen, der endlosen Höckerlinie, finden sich hier auch etliche Bunker – über 20.000 Stück bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.

Die Überreste des Westwalls in der Region Aachen und der Eifel sind heute zu einem „Lost Place“ mit mahnender Geschichte geworden. Die Nazi-Propaganda verklärte den Westwall als Anlage zur Verteidigung. Fakt ist: Der Bau machte den Angriffskrieg im Osten erst möglich. In Hitlers Kalkül war er Teil seiner Angriffsvorbereitungen zum Zweiten Weltkrieg. Unfassbare Massen an Material und eine halbe Million Menschen stellte das Dritte Reich in seinen Dienst.

Der Westwall wurde zum größten militärischen Bauwerks Adolf Hitlers

Doch das Schicksal der von den Nazis als „unüberwindlich“ gefeierten Grenzanlage kehrte sich schließlich um und die Angriffslinie wurde zur Todesfalle für Tausende deutsche Soldaten. „An einer Stelle durchgebrochen und dann alles von hinten aufgerollt, teils mit Flammenwerfern – da kam keiner mehr raus“, erinnert sich ein Zeitzeuge in einer TV-Reportage.

Mit dem Bau des Riesen-Projekts wurde im Sommer 1937 begonnen, in Urloffen, bei Offenburg am Niederrhein. Tausende Arbeiter wurden für die Befestigungsanlagen entlang der Westgrenze abkommandiert. Dass die Arbeiten Teil einer Kriegsstrategie waren, wurde den Menschen erst später bewusst. Doch der Westwall wurde zum größten militärischen Bauwerks Adolf Hitlers.

Hitlers Kalkül: Ohne den Westwall wäre der Überfall auf Polen nicht denkbar gewesen

Das Kalkül des Führers war es, einen Zwei-Fronten-Krieg unbedingt zu vermeiden. Beim Überfall auf Polen sollte der Westwall Frankreich und England daran hindern, ihrem Verbündeten mit einem Angriff im Westen zu Hilfe zu kommen. Ohne die Anlage, die „Siegfried-Line“, wie sie im Ausland genannt wurde, wäre der Überfall auf Polen also kaum denkbar gewesen.

Der Aufwand war riesig: Allein 17 Millionen Tonnen Zement wurden am Westwall verbaut. Das Projekt verschlang zwischenzeitlich rund ein Drittel der industriellen Produktion in Deutschland.

Westwall wird zum Grab für Tausende Soldaten

Die Kämpfe entlang des Westwalls begannen im Oktober 1944, besonders heftig und auch verlustreich waren sie im Hürtgenwald in der Nordeifel, etwa 20 Kilometer südöstlich von Aachen. Auf beiden Seiten fielen hier rund 12.000 Soldaten.

Amerikanische Soldaten durchbrechen bei ihrem Vormarsch 1944 den Westwall, der im Ersten Weltkrieg von den Alliierten „Siegfried-Line“ genannt wurde.

Amerikanische Soldaten durchbrechen bei ihrem Vormarsch 1944 den Westwall, der im Ersten Weltkrieg von den Alliierten „Siegfried-Line“ genannt wurde.(Archivfoto).

In der Schlacht um Aachen gelang es den US-Truppen im Oktober 1944 erstmals, die Verteidigungslinie des Westwalls zu durchbrechen. Von hier aus wurden die Stellungen entlang der „Siegfried-Line“ von hinten aufgerollt und überrannt.

Westwall in der Eifel und der Region Aachen zeugt noch heute von Deutschlands dunkelster Stunde

In Nordrhein-Westfalen sind heute noch etwa 30 Bunker vorhanden. Der Großteil des Westwalls wurde gesprengt oder zurückgebaut. Doch die vollständige Beseitigung stellte sich als zu aufwendig heraus. In der Aachener Region sind vor allem die Höcker noch zu fast 90 Prozent erhalten geblieben. Auch in der Eifel ziehen sich die Panzersperren durch die Landschaft. Immer wieder finden sich auch Überreste von alten Bunkeranlagen.

Wer heute an den Drachenzähnen entlanggeht, wird oft von einem mulmigen Gefühl überkommen. Die massigen Betonhöcker, aber auch die teils stark verfallenen Bunkeranlagen sind von Moos und Pflanzen überwuchert. Die Natur hat sich die Landschaft zurückgeholt.