Die Landesregierung ist skeptisch, ob bis Ende 2030 genügend Ersatzkapazitäten für eine sichere Energieversorgung zur Verfügung stehen.
Neubau von Gaskraftwerken kommt nicht voranZweifel am Kohleausstieg 2030 in NRW wachsen
Der für das Jahr 2030 geplante und gesetzlich festgelegte Ausstieg aus der Braunkohleverstromung im Rheinischen Revier wird immer unwahrscheinlicher. Das geht aus der Beantwortung der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion hervor.
Zentrale Voraussetzung für das Abschalten der letzten Braunkohlekraftwerksblöcke sei, dass „bis zum Jahr 2030 ausreichend Ersatzkapazitäten und gesicherte Kraftwerksleistung zur Verfügung stehen, um weiterhin eine sichere und zuverlässige Energieversorgung von Wirtschaft und Gesellschaft zu gewährleisten“, heißt es in der Antwort.
Dazu müssen der Netzausbau vorangetrieben und neue Gaskraftwerke gebaut werden, die weniger Emissionen verursachen und später auf den Betrieb mit grünem Wasserstoff umgerüstet werden können. Für die Planung, Genehmigung und den Bau solcher Kraftwerke müssen laut Energiebranche „mindestens sechs bis sieben Jahre veranschlagt werden“.
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Allein für das Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz müssten pro Kraftwerk mindestens sieben Monate veranschlagt werden. Und das auch nur, wenn alle Antragsunterlagen vollständig vorgelegt werden und es keine schwerwiegenden Einwendungen gebe.
Beihilfe-Problematik mit der EU noch nicht abschließend geklärt
Bisher ist laut Landesregierung im Rheinischen Revier nur ein wasserstofffähiges Gaskraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 800 Megawatt am RWE-Standort in Weisweiler geplant. Man wisse aber von weiteren Plänen für vergleichbare Anlagen der Energiekonzerne RWE, Uniper, Trianel und Steag mit einer Gesamtleistung von rund 4000 Megawatt an den Standorten Voerde, Werne, Hamm und Heyden.
Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Bund den Bau solcher Kraftwerke mit öffentlichen Mitteln fördern darf, ist mit Europäischen Kommission noch nicht abschließend geklärt. Damit steht und fällt aber die geplante Kraftwerksstrategie des Bundes, weil die Kraftwerksbetreiber solche Anlagen nur bauen werden, wenn sie dafür Zuschüsse vom Staat erhalten. Ihr Argument: Die Anlagen dienen nur der Reserve für Zeiten, in denen Sonnen- und Windenergie nicht ausreichen, um den Strombedarf zu decken.
NRW braucht bis 2030 ein Plus von fünf Gigawatt Kraftwerksleistung
Die Landesregierung schätzt, dass bis 2030 rund fünf Gigawatt an Kraftwerksleistung hinzukommen müssen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auf Bundesebene muss der Zubau mindestens 17 Gigawatt betragen. Das geht aus dem Bericht zur Versorgungssicherheit der Bundesnetzagentur für das Jahr 2023 hervor.
Wie hoch der tatsächliche Bedarf sein wird, sei aber „mit Unsicherheiten behaftet“, heißt es in der Beantwortung der Kleinen Anfrage. Wie sich die Stromnachfrage entwickeln, wie flexibel sich der Stromsektor erweisen wird und wie schnell der Ausbau der erneuerbaren Energien vorankommt, sei nur schwer abzuschätzen.
Dieser Ausbau hängt in NRW vor allem davon ab, ob die neuen Regionalpläne für die fünf Teilregionen 2025 in Kraft treten und zusätzliche Flächen für Windenergie möglichst schnell ausgewiesen werden können.
Der grüne Koalitionspartner in der Landesregierung hat überdies immer wieder davor gewarnt, dass NRW bei der Ausschreibung der zusätzlichen Gigawattleistungen aus wasserstofffähigen Gaskraftwerken nur unzureichend bedacht werden könnte. Wenn das bevölkerungsreichste Bundesland sich zuerst aus der Braunkohleverstromung verabschiede, müsste die neuen Gaskraftwerke an den Netzknotenpunkten im Rheinischen Revier und im nördlichen Ruhrgebiet aufgestellt werden, damit das Land die Versorgungssicherheit und Netzstabilität sichern könne.
Die Vereinbarung zum Kohleausstieg im Rheinischen Revier vom Oktober 2022 zwischen der Bundesregierung, der Landesregierung und RWE sieht vor, im Jahr 2026 zu prüfen, ob zusätzlich zu einem Kohlekraftwerksblock mit 600 Megawatt weitere drei Blöcke mit insgesamt 3600 MW bis Ende 2033 in eine stille Reserve überführt werden müssen, um eine Versicherung für eine zuverlässige Stromversorgung auch nach dem Kohleausstieg zu haben.