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„Die Bundesliga ist nicht alles“Interview mit der Bayer 04-Legende Fredi Hennecken

Lesezeit 5 Minuten

Der Fußball spielt schon lange eine große Rolle im Leben von Fredi Hennecken, der heute seinen 80. Geburtstag feiert.

In den 60er Jahren war Gottfried „Fredi“ Hennecken bei Bayer Leverkusen nicht nur wegen seiner Dribblings sondern auch wegen der Schärfe seiner Schüsse gefürchtet. Das brachte ihm den Namen „Eisenfuß“ ein. Die Leidenschaft für den Fußball hat den Nümbrechter, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, nie losgelassen. Darüber sprach Andrea Knitter mit dem Jubilar.

Lockdown statt Amateurfußball: Wie gehen Sie mit der Zwangspause um?

Gottfried Hennecken: Ich in meinem Alter habe damit keine Probleme, denke aber an die Kinder, die nicht in die Schule gehen können und gemeinsam keinen Sport machen dürfen. Das ist richtig schlimm. Eigentlich wollte ich ja zu meinem Geburtstag in den Osterferien das 30. Fußballcamp für Kinder anbieten. Das fällt jetzt ebenso aus, wie schon das 29. in den Herbstferien gestrichen werden musste.

Wenn Sie nicht als Trainer aktiv sind, wie halten Sie sich fit?

Meine Frau Christa und ich sind viel mit unseren E-Bikes unterwegs. Ich habe seit sechs Jahren so ein Rad und damit mittlerweile 25 000 Kilometer zurückgelegt. Sonst sind wir auch noch Ski gefahren, doch seit einem Sturz 2016 geht das nicht mehr.

Fredi Hennecken und die Fußballer des SSV Homburg-Nümbrecht werden immer als eine Einheit gesehen. Sind Sie eigentlich ein gebürtiger Nümbrechter?

Nein, ich wurde am 27. März 1941 in Aachen geboren. Zum Ende des Krieges wurden meine Mutter, mein Bruder und ich nach Serfaus in der Nähe von Innsbruck evakuiert. Mein Vater war bereits 1942 im Krieg gestorben. Nach dem Krieg ging es nicht zurück nach Aachen, sondern nach Elsenroth.

Haben Sie dort mit dem Fußballspielen angefangen?

Ja, ich habe beim TuS Elsenroth in der Jugend und bei den Senioren bis 1966 gespielt, ehe mich Bayer Leverkusen verpflichtet hat. In Elsenroth habe ich auch die Volksschule besucht und später dann eine Lehre als Dreher bei der Firma Kampf in Wiehl gemacht.

Mit 25 Jahren von der 1. Kreisklasse in die Regionalliga West, das ist ein Karrieresprung, der heute überhaupt nicht mehr vorstellbar ist. Wie kam es dazu?

Ich war seit 1964 in der Mittelrheinauswahl, war mit der Mannschaft sogar zu sechs Spielen in Afrika zu einem Austausch. Wir sind dort gegen Mannschaften rund um die Elfenbeinküste angetreten. Entdeckt wurde ich aber bei einem Spiel der Auswahl in Hessen.

Wer hat Sie da entdeckt?

Theo Kirchberg, der damalige Trainer von Bayer Leverkusen. Er hat mich mit nach Leverkusen genommen, während Hennes Weisweiler, der auch vor Ort war, Herbert Wimmer für Mönchengladbach verpflichtet hat.

Haben Sie sofort zugesagt?

Die treibende Kraft war eigentlich meine Frau Christa, die mich bestärkt hat, mir diese Chance nicht entgehen zu lassen. Ich bin dann nicht nur nach Leverkusen gewechselt, wir haben auch geheiratet und sind dorthin gezogen. Das war einfach ein Riesending, und es musste alles sehr schnell gehen.

Als Kapitän führte Fredi Hennecken, hier im Mai 1970, die Leverkusener Mannschaft aufs Feld.

Es waren sicher aufregende Jahre, oder?

Oh ja. Ich habe in 179 Punktspielen der Regionalliga West das Leverkusener Trikot getragen und 54 Tore geschossen. Fünf davon in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga, die wir 1968 als Meister der Regionalliga West erreicht haben. In der Aufstiegsrunde sind wir mit einem Punkt Rückstand an Kickers Offenbach gescheitert.

Als Sie 1972 in Leverkusen aufgehört haben, war es da klar, dass Sie nach Nümbrecht zurückkehren werden?

Ich hätte auch in Leverkusen bleiben können, beispielsweise als Spielerscout, doch wir hatten ein Grundstück und wollten in Nümbrecht bauen. Mein Sohn Torsten kam in die Schule und fing gleichzeitig bei den Bambini des SSV an.

Der Sport spielt eine große Rolle in Ihrer Familie.

Das stimmt, nicht nur mein Sohn, sondern auch beide Töchter sind sportlich. Sandra war eine gute Schwimmerin, Nicole ist bei den Voltigierern. Das hat sich auch auf meine Enkel übertragen. Marvin (25) spielt Fußball, Lara (21) Handball, Emilia (8) macht Ballett und Reiten, Jula (8) ist Voltigiererin und Fabio (6) spielt bei den Bambini. Wir sind 13 Familienmitglieder und alle sind gesund. Das ist das schönste Geschenk. Deshalb bin ich in meinem Leben auch nie auf irgendjemand neidisch gewesen. Jetzt wünsche ich mir, dass Corona schnell vorbeigeht.

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Wie ging es sportlich nach Ihrer Rückkehr aus Leverkusen weiter?

Ich war zehn Jahre Spielertrainer bei den Bezirksliga-Fußballern in Nümbrecht, später dann Trainer in Drabenderhöhe und Waldbröl. Außerdem habe ich 1982 die Trainer-C-Lizenz gemacht. Ich habe seit 1972 Jugendmannschaften trainiert und dabei meinen Sohn Torsten begleitet. 2006 habe ich als Mitglied des Kreisausbildungsausschusses gemeinsam mit Siegbert Neumann das erste Fußballcamp für Kinder organisiert. Es war von Beginn an ein großer Erfolg mit durchschnittlich 70 Kindern pro Camp. Es ist schon toll, wie viele der oberbergischen Fußballer, die in der Bezirks- und Landesliga spielen, mal Camp-Kinder waren.

Sie trainieren seit einigen Jahren die Integrationsmannschaft in Nümbrecht. Wie kam es dazu?

Ich wurde vom Lenkungskreis der Gemeinde angesprochen. Die Integrationsmannschaft trainiere ich am 22. April genau sechs Jahre. Jeden Freitag stehen rund 15 Spieler aus vielen Ländern auf dem Platz. Wir haben viel trainiert aber auch viel gespielt. Wir haben den Circus Roncalli und Bundesligaspiele in Leverkusen besucht. 80 Prozent haben Arbeit und eine Familie gegründet. Die Sprache im Training ist mittlerweile Deutsch. Mit Abdoul Schwotzer hat sogar ein Spieler die C-Lizenz gemacht und ist bereits selber Jugendtrainer. Einige spielen zudem in den Nümbrechter Seniorenteams.

Ist das alles zusammen ein Grund dafür, dass Sie mit 80 noch nicht ans Aufhören denken?

Es macht einfach Spaß. Vor allem die Arbeit mit den Kindern füllt mich aus. Der Jugendfußball hält den Kopf fit. Auch wenn es manchmal so scheint, die Bundesliga ist nicht alles. Es ist einfach wichtig, dass die Kinder wieder ans Laufen kommen.