Das Recherchenetzwerk Correctiv hatte über die Teilnahme zweier Oberbergerinnen berichtet, nun bestätigt dies die Werteunion, der die Frauen angehören.
Nach Geheimtreffen in PotsdamWerteunion nimmt Mitglieder aus Oberberg in Schutz
Das Geheimtreffen in Potsdam in der vergangenen Woche, an dem laut Recherchehaus „Correctiv“ auch die Oberbergerinnen Simone Baum und Michaela Schneider von der sogenannten Werteunion teilgenommen haben sollen, hat bundesweit für Entrüstung gesorgt, in vielen Städten wurde gegen Rechts demonstriert.
Als Beweis für die Teilnahme hat „Correctiv“ Fotos von Simone Baum und Michaela Schneider am Ort des Treffens aufgenommen, die unsere Zeitung veröffentlicht. Gestern hat nun die Werteunion in einer Pressemitteilung bestätigt, dass zwei ihrer Mitglieder an dem Treffen rechter Kräfte teilgenommen haben – ohne Namen zu nennen. Zudem wird bestätigt, dass über das Thema „Remigration“ gesprochen worden ist.
Baum ist Landesvorsitzende der Werteunion Nordrhein-Westfalen und gehört dem Bundesvorstand als stellvertretende Vorsitzende an. Die Morsbacherin Schneider ist eine der Vize-Vorsitzenden der Werteunion NRW. Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) der CDU hat sich inzwischen von Schneider getrennt, genau wie der Heimatverein Loope von Baum.
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Aus der Nachbarschaft der Unternehmerin Schneider heißt es, sie bekomme Personenschutz von der Polizei, sowohl von zivilen als auch von uniformierten Kräften. Auch ist in Morsbach die Rede davon, es gebe Drohungen gegen die Schneider. Bestätigen möchte und darf die Polizei auf Nachfrage dieser Zeitung weder das eine noch das andere. Polizei-Sprecherin Monika Treutler: „Zu möglichen Straftaten oder Schutzmaßnahmen geben wir keine Auskunft.“
In ihrer Mitteilung sagt die Werteunion nun, dass sich ihre beiden Mitglieder „als eingeladene Privatgäste und nicht als Vertreter der Werteunion“ bei dem Treffen aufgehalten hätten. Der Bundesvorstand habe die Frauen persönlich befragt und andere Teilnehmer und den Eigentümer des Landhauses kontaktiert. Danach komme die Werteunion nach ihrer Darstellung zu der Erkenntnis, dass die Veranstaltung „vorrangig der Vorstellung von Social-Media-Projekten zur Migrationsproblematik“ gedient habe, „unter anderem“ sei von einer sogenannten „Remigration“ gesprochen worden. Dies aber, so heißt es zumindest von der Werteunion, sei „nach hiesiger Erkenntnis und tatsächlicher Recherche ausschließlich als Teil eines Vortrages von Herrn Sellner“ erfolgt.
Österreicher Martin Sellner hielt Vortrag bei Geheimtreffen in Potsdam
Der Österreicher Martin Sellner ist Gesicht der rechtsextremen Identitären Bewegung. Dabei sei es „um die Rückführung von sich in Deutschland illegal aufhaltenden Migranten, Ausländern mit geduldetem Aufenthaltsstatus und Ausländern mit Bleiberecht, die durch schwere Straftaten aufgefallen sind“ gegangen, schreibt die Werteunion.
Sie streitet ab, dass es bei der Veranstaltung um die „massenhafte Rückführung von Deutschen mit Migrationshintergrund“ gegangen sei. Dies sei zu keiner Zeit Thema der Veranstaltung gewesen, auch sei der Begriff „Deportation“ nicht gefallen. Es seien ausschließlich Rückführungsstrategien erörtert worden, die im Einklang mit deutschem und EU-Recht stehen, sagt die Werteunion.
Was ihre beiden Mitglieder angeht, schreibt die Werteunion: „Zweifel an der Glaubwürdigkeit der befragten Teilnehmer, insbesondere der beiden Damen der Werteunion, sind nicht vorhanden. Beide Frauen sind in vielerlei Weise ehrenamtlich, zum Wohle ihrer Gemeinschaften engagiert und sind noch in keiner Weise in Wort, Schrift oder Bild undemokratisch und im Widerspruch zu unseren geltenden Gesetzen in Erscheinung getreten.“
Was die Recherchen von Correctiv angeht, geht die Werteunion in die Offensive und wirft den Journalisten vor, „jegliche Beweise für die Anschuldigungen und Unterstellungen schuldig zu bleiben“. Und was die in Potsdam besprochenen Inhalte angeht, sieht man sich offenbar im Kontext mit Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesinnenminister Nancy Faeser oder dem CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz. Eine klare Distanzierung von Potsdam ist allerdings nicht zu finden.
Demonstration am Freitag in Vollmerhausen
Dieselben Organisatoren, die am Dienstag zu einer Demonstration gegen Rechts nach Köln eingeladen hatten, wollen auch in Gummersbach eine Protestaktion starten: Stattfinden soll diese nach Angaben des „Spontanen Bündnisses gegen Rassismus“ am kommenden Freitag, 19. Januar, ab 18.30 Uhr im Stadtteil Vollmerhausen und dort an der Vollmerhauser Straße – gegenüber dem Wahlkreisbüro der AfD mit der Hausnummer 75.
Unterdessen distanziert sich auch der Morsbacher Gemeindeverband der CDU unter seinem neuen Vorsitzenden Dirk Fassbender „vom Gedankengut des Rechten Geheimtreffens in Potsdam“. Zurzeit aber werde, so schreibt der Verband in einer Stellungnahme auf seinen Internetseiten, „eine Verbindung zur CDU Morsbach konstruiert, die es nicht gibt“. Dem Vernehmen nach ist die Teilnehmerin Michael Schneider, eine Unternehmerin aus Morsbach-Alzen und Mitglied im Landesvorstand der „Werteunion“, kein Mitglied des Gemeindeverbandes.
Die Morsbacher CDU könne sagen, dass keines ihrer Mitglieder in Potsdam vertreten war, heißt es dazu, daher strebe der Kreisverband zurzeit auch kein weiteres Ausschlussverfahren an. Fassbender: „Wir finden es richtig, dass Ministerpräsident Hendrik Wüst die AfD in die rechte Ecke stellt – denn dort gehört sie eindeutig hin.“
Entsetzt zeigt sich ebenso der Morsbacher Heimatverein über das Treffen und die später offenbar gewordenen Ideologien. Der Vorstand schreibt: „Mit den bekanntgewordenen Recherchen werden beängstigende Erinnerungen an das Dritte Reich der Nationalsozialisten geweckt, auch in Morsbach.“ Der Verein ruft dazu auf, sich rechtsextremem Gedankengut entgegenzustellen, und fordert: „Wehret den Anfängen!“ (höh/ag)