Die Interkulturelle Woche stand im Zeichen der Toleranz. Beim Abschlussfest in Gummersbach kam es zu einer heiklen Begegnung.
Interkulturelle WocheGummersbacher Abschlussfest wird von Demonstrationszug gestört
Gleich zweimal marschierte der rund hundertköpfige Demonstrationszug mitten durch die Zuschauermenge vor der großen Bühne auf dem Lindenplatz. Es war offenbar Zufall, dass die Protestaktion der „Menschheitsfamilie“ am Samstagmittag mit dem Abschlussfest der „Interkulturellen Woche“ zusammentraf. Und obwohl hier ein heikler gesellschaftlicher Konflikt zutage trat, kam es zu keinem Zwischenfall.
Die Mitglieder der „Menschheitsfamilie Rhein-Sieg/Rhein-Berg/Oberberg“ glauben, dass in Verfahren gegen Juristen und Ärzte wegen Rechtsverstößen in der Corona-Pandemie der Rechtsstaat abgeräumt wurde, und stehen für eine russlandfreundliche Sicht auf den Ukraine-Krieg. Die meisten Teilnehmer der „Interkulturellen Woche“ sehen das sicher anders.
Ein Auftritt einer ukrainischen Tanzgruppe gehörte jedenfalls zum Festprogramm. Und die Initiative „Oberberg ist bunt, nicht braun“, die sich am Lindenplatzfest beteiligte, hat oft vor Corona-Querdenkern gewarnt.
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Die „Interkulturelle Woche“ wird in Oberberg seit vielen Jahren veranstaltet, ihr Anliegen war aber noch nie so politisch wie heute. Direkt neben der Bühne fordert „Oberberg ist bunt“ die Passanten dazu auf, sich mit einem Schild fotografieren zu lassen, auf dem sie ihre Ablehnung der AfD kundtun. Vorsitzender Gerhard Jenders wendet sich gegen die Bemühungen der Rechtspopulisten, sich auch in Oberberg als „normale“ Partei zu etablieren.
Oberberg gilt als „Leuchtturm“
Ingrid Forsting von der Antidiskriminierungsstelle der Caritas leitet aus der christlichen Grundüberzeugung den klaren Auftrag ab, Geflüchtete aufzunehmen und nicht auszugrenzen. Sie sieht Oberberg im NRW-Vergleich als vorbildlichen „Leuchtturm“ bei der Zusammenarbeit der Institutionen. Als Beispiel nennt sie die Aktion „Oberberg bewegt sich“, die aufruft, bei sportlichen Aktivitäten einen Anstecker oder ein Tuch mit einem Logo zu tragen, das für soziale Vielfalt wirbt. „Wir wünschen, dass das Herz sich so einprägt wie die Schleife der Aids-Hilfe.“
Jamel Othmani von der Caritas-Integrationsagentur hat die Interkulturelle Woche koordiniert und zieht eine zufriedene Bilanz. Mit Vorträgen, Konzerten und Ausstellungen, insgesamt 28 Veranstaltungen, seien jeweils zwischen zehn und 50 Oberberger erreicht worden. „Die Leute haben sich gefreut, sich nach der Corona-Pause wieder treffen zu können.“
Motto war auch in Oberberg „Neue Räume“
Ingrid Forsting hatte in der Festeröffnung angemerkt, dass es „in dieser unruhigen Zeit“ besonders wichtig geworden sei, „neue Räume“ des Zusammenlebens zu denken, so lautete das Motto der „Interkulturellen Woche“. Die Veranstaltungsreihe selbst ist ein alter „Raum“: Seit 1975 wird sie bundesweit von der katholischen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche und der Griechisch-orthodoxen Metropolie veranstaltet.
So gehörte eine Andacht zum Festprogramm, geleitet von dem katholischen Gemeindereferenten Gerd Wilden und dem orthodoxen Priester Panagiotis Tiriakidis. Der evangelische Kirchenkreis war diesmal nicht dabei. Wilden sagte auf dem Lindenplatz: „Dass viele unterschiedliche Menschen wie hier in Gummersbach zusammenleben, ist eine Herausforderung, die wir als christliche Kirchen annehmen.“ Alle Menschen, gleich welcher Herkunft, Hautfarbe oder sexueller Orientierung, seien von Gott geschaffen.
Das Festprogramm stellte die kulturelle Vielfalt in Oberberg als Bereicherung dar. So gab es unter anderem eine Tanzvorführung der Afrika-Union und ein Konzert der Kindermusikgruppe des Alevitischen Kulturvereins. An den Ständen präsentierten sich interkulturelle Initiativen, von der Arbeiterwohlfahrt bis zum islamischen Wohlfahrtsverband An-Nusrat.
Mit einem Stand vertreten war auch das oberbergische „Netzwerk gegen Rechts“. Eyleen Fenske von der Netzwerk-Koordinierungsstelle bedauert, dass die aktuelle politische Debatte von Rechtsaußen getrieben wird: „Die große Mehrzahl der Menschen hat kein geschlossen rechtsextremes Weltbild. Man muss aber überall zeigen, dass es Leute gibt, die gegen Rassismus aufstehen.“