Seit November betreut Handballtrainer Manuel Seinsche im SSV Nümbrecht die beiden Herrenteams in der Oberliga und der Landesliga. Der 37-jährige Mathe- und Sportlehrer spricht im Interview über seine besondere Situation, seine Erfahrungen, Vor- und Nachteile der Doppelfunktion sowie über die weiteren Saisonziele.Sie haben das erste Spiel nach der Winterpause in der Oberliga bereits hinter sich. Haben Sie und Ihre Spieler sich in d er Pause gut erholen können?Manuel Seinsche: Wir haben die Woche vor Weihnachten genutzt, um mal wieder den Akku bei allen Beteiligten aufzuladen. Außerdem wollten wir der Gefahr etwas entgegenwirken, dass an Weihnachten gegebenenfalls manche Spieler in Quarantäne müssen. Aufgrund des frühen Nachholspiels gegen Refrath und der weiteren Aufgaben sind wir aber schnell wieder ins Training eingestiegen.
Wie sieht die Vorbereitung derzeit aus?
Aufgrund des frühen Nachholspiels gegen Refrath wollten wir weiter im Rhythmus bleiben. Im Mannschaftstraining liegt zurzeit das Hauptaugenmerk im taktischen Bereich. Wir haben nach Weihnachten zudem das Athletiktraining und das spezifische Positionstraining angepasst und versuchen, es weiterhin zu optimieren.
Der Spielplan ist in diesem Jahr aufgrund der Pandemie eng getaktet. Inwiefern hat das Auswirkungen auf die Leistungen und die Ergebnisse in den Handballligen?
Ich war eigentlich nie ein Fan des diesjährigen Spielplans. Mit der zweiten Mannschaft hatten wir viele weite und strapaziöse Auswärtsfahrten. Dafür durften wir allerdings alle oberbergischen Vereine zu Hause begrüßen. In der Nachbetrachtung war die Vorgehensweise des Handballverbandes Mittelrhein (HVM) nicht so schlecht, da durch den Spielmodus weniger Spiele stattfinden. Wichtig war vor allem die Pause im November, wo zum Beispiel unsere Oberligamannschaft das Spiel gegen Opladen nachholen konnte. Da es in dieser Saison mehrere Einflüsse gibt, die Auswirkungen auf die Leistungen haben könnten, denke ich schon, dass einige Ergebnisse etwas verzerrter sind als in den Vorjahren. Es fehlt die Gewissheit, dass erkrankte Personen kurz darauf wieder ihre volle Leistungsfähigkeit abrufen können. Zudem will niemand ein erhöhtes Risiko eingehen, weswegen Spieler auch mit leichten Symptomen Spiele verpassen.
Die Corona-Zahlen steigen derzeit an. Wie groß ist die Sorge, dass es erneut zu zahlreichen Spielabsagen oder sogar einem Saisonabbruch kommen wird?
Nach der zweiwöchigen Pause im November ist es bereits zu zahlreichen Spielabsagen gekommen. Die Spiele der zweiten Herrenmannschaft konnten glücklicherweise alle ausgetragen werden, jedoch hat es das Oberligateam direkt zweimal erwischt. Wir stehen jetzt vor der großen Herausforderung, diese Termine bis Anfang Februar nachzuholen. Dennoch müssen wir einfach froh sein, unseren geliebten Sport betreiben zu dürfen. Der Sport ist für viele Menschen ein Anlaufpunkt, besonders für die Kinder und Jugendlichen. Der soziale Aspekt ist da nicht zu vernachlässigen. Jedoch liegt die Entscheidung über die Saison nicht in unserer Hand.
Zurzeit trainieren Sie sowohl die erste als auch die zweite Herrenmannschaft des SSV Nümbrecht. Wie kam es zu dieser Situation?
Leider ist die Zusammenarbeit mit Dirk Heppe, dem Trainer der Oberligamannschaft, im November beendet worden, der über Jahre einen sehr guten Job gemacht hat. Daraufhin wurde ich vom Vereinsvorsitzenden Jörg Weber gefragt, ob ich kurzfristig einspringen könnte. Für mich gab es nur den Kompromiss, die Oberligamannschaft und die Landesligamannschaft zu einer großen Mannschaft zusammenzuschließen. Dieses Konzept ist bisher sehr ordentlich aufgegangen.
Wie sehen die weiteren Pläne des Vereins aus? Werden Sie bis zum Saisonende beide Mannschaften betreuen?
Der Saisonmodus macht diese Spielzeit zu einer besonderen. Nach der Hinrunde wird die Tabelle halbiert und es wird eine Meister- sowie eine Abstiegsrunde gespielt. Unser Ziel sollte es weiterhin sein, dass es beide Mannschaften in die Meisterrunde schaffen. Das Mittelfeld ist sowohl in der Landesliga als auch in der Oberliga sehr breit aufgestellt, und da werden wir bis zum letzten Spieltag kämpfen müssen. Nach der Hinrunde setzen wir uns im Februar zusammen, um die Situation neu zu bewerten. Je nach Tabellensituation der beiden Mannschaften soll dann der Fokus gelegt werden.
Ist diese Art der Doppelaufgabe für Sie eine ganz neue Erfahrung? Wie gehen Sie damit um?
So neu ist die Situation für mich tatsächlich nicht. Vor fünf Jahren habe ich bereits die A-Juniorinnen der JSG Nümbrecht/Oberwiehl und die Nümbrechter Damenmannschaft gleichzeitig trainiert. Da sich die weibliche A-Jugend für die Jugend-Bundesliga qualifiziert hatte und in dieser Zeit nur alle paar Wochen Turniere bestritt, haben wir uns im Verein Gedanken gemacht, wie die Mädels regelmäßig Spielpraxis bekommen können. Wir haben dann die jungen Nümbrechterinnen in die Damenmannschaft, die damals in der Verbandsliga gespielt hat, eingegliedert. Ich habe schließlich beide Teams übernommen, was sich am Ende mit der Mittelrheinmeisterschaft der A-Juniorinnen und dem Aufstieg der Damen in die Oberliga ausgezahlt hat.
Worin liegen dieses Mal die größten Herausforderungen?
Es ist eine andere Voraussetzung gegeben als vor fünf Jahren. Wir hatten nicht viel Zeit, die Strukturen neu zu planen, da hat mir die Vorerfahrung natürlich extrem geholfen. Interessant ist diese Erfahrung dennoch, da man ganz neue Einblicke erhält. Jede Mannschaft hat eine eigene Team-Persönlichkeit. Mitten in der Saison zwei Teams zusammenzulegen, war eine spannende Aufgabe, die nach den bisherigen zwei Monaten aber reibungslos gelöst wurde.
Wie sieht die Trainingsgestaltung mit zwei Mannschaften aus?
Wir trainieren dienstags mit beiden Mannschaften zusammen. Donnerstags wird der Schwerpunkt auf die Vorbereitung auf das Meisterschaftsspiel am Wochenende sowie die Spielphilosophie der zweiten Mannschaft gelegt und freitags dann analog auf die erste Herrenmannschaft. Montags findet das gemeinsame Athletiktraining sowie das Positionstraining statt.
Werden Sie bei zwei Teams denn allen Spielern gerecht?
Bei teilweise 26 Spielern im Training ist natürlich auch Kreativität gefordert. Dann müssen zusätzliche Übungen am Spielfeldrand aufgebaut werden, damit es nicht zu langen Wartezeiten bei den Übungs- und Spielformen kommt. Da kann ich mich aber auch voll auf meine Co-Trainer Ingo Werblow und Daniel Funk verlassen, die die verschiedenen Gruppen anleiten.
Wie gut kommen Sie selbst mit der Doppelbelastung zurecht?
Gerade zu Beginn war es sehr anstrengend, da ich als Hauptansprechpartner für zwei Teams einiges organisieren musste. Nach zwei Wochen hatte sich das Ganze aber schnell eingespielt. Elementar wichtig ist hier die Unterstützung von meinen Co-Trainern und dem Vorstand.
Welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus der Zusammenarbeit der beiden Teams?
Der größte Vorteil ist die Trainings- und Spielsteuerung. Fehlen mir beispielsweise freitags beim Abschlusstraining der ersten Herrenmannschaft Spieler, um ein Sechs-gegen-Sechs simulieren zu können, kann ich leicht den direkten Kontakt zu den Jungs der Landesligamannschaft nutzen. Aufgrund der ähnlichen Trainingsinhalte sowie der spieltaktischen Absprachen ist zweifellos ein Wechsel zwischen den Mannschaften problemlos durchzuführen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Gewisse Rituale und Absprachen können ebenfalls schnell eingeführt und verstanden werden. Das hat Vorteile für den Spielbetrieb, weil Spieler in den Teams einfacher zu integrieren sind. Andererseits muss ich nun deutlich mehr Gespräche führen, vieles vorab koordinieren und organisieren.
Kommt es dabei nicht auch zu terminlichen Problemen, wenn beide SSV-Teams gleichzeitig spielen?
Damit haben wir uns schon direkt beschäftigt und festgestellt, dass beide Mannschaften mit einer Ausnahme nie zeitgleich spielen. Besonders bei den Heimspielen spielen wir meist hintereinander.
So sieht es auch am Sonntag, 16. Januar, aus, wenn Ihre beiden Mannschaften nacheinander in Aachen antreten. Was haben Sie sich dort jeweils vorgenommen?
Ich habe alle Spieler beim Training bereits darauf hingewiesen, dass diese beiden Spiele bei Schwarz-Rot Aachen für uns richtungsweisend sind. Für das Landesligateam kann das ein großer Schritt in die Meisterrunde werden, die erste Herrenmannschaft kann bei erfolgreichem Abschneiden die Chance auf die Meisterrunde wahren. Dafür muss das Nachholspiel gegen den HC Weiden II am nächsten Freitag jedoch ebenfalls positiv gestaltet werden.
In der Hinrunde sind nur noch wenige Partien zu absolvieren, bis die Liga aufgeteilt wird. Wie lauten die Ziele bis Anfang Februar und im darauffolgenden Saisonverlauf?
Für beide Mannschaften ist weiterhin das Ziel das Erreichen der Meisterrunde, damit dann die nächste Saison geplant werden kann. Für beide Mannschaften ist das noch ein steiniger Weg. Deshalb können wir uns erst nach dem letzten Spieltag der Hinrunde Gedanken machen, welche Schwerpunkte wir in der Rückrunde setzen können. Das Ziel des Vereins bleibt es, auch in Zukunft im Herrenbereich weiter Oberliga- und Landesliga-Handball in Nümbrecht anbieten zu können.
Bis es soweit ist: Wer wird Europameister im Handball?
In diesem Jahr ist es schwierig, einen Favoriten auszumachen. Durch Corona gibt es immer wieder Ausfälle, auch von Topspielern. Ich denke, für Deutschland wird es sehr schwer werden. Der Titel wird unter Frankreich und Dänemark ausgespielt. Ich hoffe aber dann auf die Dänen, da ich deren Spielweise sehr mag.