AboAbonnieren

Innenpolitik im FokusGrünen-Sprecherin Irene Mihalic stammt aus Waldbröl

Lesezeit 4 Minuten

Mihalic ist in den neuen Bundestag eingezogen.

Waldbröl – Auch Irene Mihalic hat sich gefreut, als das Bundestagsmandat für Sabine Grützmacher feststand. Mihalic, bisher innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, zuletzt Obfrau im Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag am Breitscheidplatz und seit 2013 nun schon zum dritten Mal als Kandidatin der Grünen in Gelsenkirchen in den Bundestag eingezogen, weiß, was das erste Mandat für Oberbergs Grüne bedeutet.

Denn: Die 44-jährige Mihalic kommt selbst aus Oberberg. Genauer gesagt aus Waldbröl, wo sie geboren wurde, aufgewachsen und zur Schule gegangen ist. Erst Ende 2004, mit 29 Jahren also, zog sie nach Gelsenkirchen – der Liebe wegen, wie Mihalic erzählt. Heute ist sie mit dieser Liebe verheiratet und Mutter von zwei Kindern. „Meine Mutter wohnt aber immer noch in Waldbröl, mein Bruder in Nümbrecht und meine Schwester in Köln. Alle zwei bis drei Wochen bin ich zu Besuch im Oberbergischen.“

Ihr Weg nach Berlin – in die Bundespolitik – hingegen verlief etwas weniger direkt als ein Wochenendausflug von Gelsenkirchen nach Waldbröl. Der begann auf der Realschule in Waldbröl – und führte zunächst in den Polizeidienst. „Eine Klassenkameradin hat sich da beworben. Die Idee hat mir gefallen“, erzählt Mihalic.

Alles zum Thema Deutscher Bundestag

Parteieintritt als Trotzreaktion?

Schon damals habe sie sich zwar für Umweltschutz interessiert: „Politisch aktiv war ich aber noch nicht.“ Erst 2006 – unmittelbar nach dem Ende von Rot-Grün auf Bundesebene – trat sie in Gelsenkirchen bei den Grünen ein. Als Trotzreaktion? Mihalic lacht und sagt: „Ich dachte zumindest, dass ich was tun muss – anfangs vor allem für die Umwelt.“ Sehr schnell sei die Partei auf sie, aber auf ihr sehr spezielles Faible für die Innenpolitik aufmerksam geworden: „Als Polizistin habe ich vielleicht einfach die Fähigkeit, aus anderen Perspektive auf Fragen zu sehen als andere Grüne“, umschreibt sie es.

Nach der Ausbildung zur Polizeibeamtin hat Mihalic an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW ihren Diplom-Verwaltungswirt gemacht, später an der Uni Bochum Kriminologie und Polizeiwissenschaft studiert und vor drei Jahren an der juristischen Fakultät promoviert. Eine Kompetenz, die sie 2013 erstmals in den Bundestag führte und 2016 auf den Posten der Innenpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Polizistin hin, Polizistin her: „Für mich sind wir in diesem Bereich vor allem eine Bürgerrechtspartei.“ Nicht nur sie selbst, sondern auch die Grünen hätten sich dabei in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Und das heißt für Mihalic: „Auch wir betreiben eine Politik der Kriminalitätsbekämpfung, nur eben wissenschaftlich fundiert und faktenbasiert – und nicht aus einem Bauchgefühl heraus.“

Themenschwerpunkte sind Rechtsextremismus und Reichsbürgerbewegung

Alles andere als ein Hindernis für alle möglichen Regierungskoalitionen nach der Wahl, oder? Mihalic schmunzelt und stimmt zu: „Das ist einer der Bereiche, wo wir uns mit der FDP sicher besonders schnell einig wären. Das wurde auch schon 2017 bei den Jamaika-Sondierungen deutlich.“ Einer ihrer Schwerpunkte – neben ihrer Arbeit im Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz – ist auch Rechtsextremismus und Reichsbürgerbewegung. „Selbstverständlich bekomme ich aus der Ferne mit, dass das auch ein Thema in meiner alten Heimat ist“, sagt sie. Sie kenne die Wahlergebnisse aus Teilen Waldbröls, die als AfD-Hochburgen gelten. Und sie wisse auch, dass die Reichsbürger im Oberbergischen eine Rolle spielten. „Tatsächlich habe ich auch schon mit Sabine Grützmacher besprochen, dass wir uns das gemeinsam noch mal genauer ansehen werden.“

Ist die radikale Systemfeindschaft nur ein rechtes Problem? Welche Qualität hat die Bewegung der sogenannten „Querdenker“? Mihalic überlegt kurz und räumt dann ein: „Ja, es gibt ein esoterisches Milieu, das bisher eigentlich eher den Grünen nahestand.“ Wenn da jemand aber keine Hemmungen habe, auf bestimmten Demos Seite an Seite mit Rechtsextremisten und anderen zu zeigen – dann müsse man sich auch fragen, „ob das wirklich Menschen sind, denen wir politisch nahestehen wollen.“ Wichtig sei es, die Verbindungen nicht aus dem Blick zu verlieren: „Der Verfassungsschutz differenziert da oft schon zu sehr.“ Dabei verliere man den Überblick, wer mit wem alles Hand in Hand arbeite.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ihre neue oberbergische Fraktionskollegin Grützmacher hat Mihalic in dieser Woche auch schon in Berlin getroffen. Und einen guten Rat hat die Wahl-Gelsenkirchenerin, die nun in ihre dritte Legislaturperiode startet, dem Neuling auch schon mitgegeben. „Ich habe ihr gesagt, sie soll mal abends, wenn die meisten weg sind, hier über die Gänge laufen.“ Nichts sei nämlich schlimmer, als sich in den ersten Wochen ständig zu verlaufen. „Mir ist das damals passiert – auf dem Weg von der Kantine ins Büro“, erzählt Mihalic lachend.