Karneval mit Leib und Seele verkörpert das Lindlarer Dreigestirn, das wir beim Auftritt begleitet haben.
Lindlarer DreigestirnJeden Augenblick mit dem Herzen genießen
In sich gekehrt und leicht angespannt steht Marcel Sausner im Künstlerbereich des großen Festzeltes. Michael Frangenberg ist ein paar Meter weiter an einem Stehtisch in ein Gespräch vertieft und Oleg Quiring nimmt gerade den Spiegel entgegen.
Hinter dem Vorhang ist es laut, Stimmengewirr ist zu hören und laute Karnevalsmusik. Markus Scherer, der Präsident des Komitees Lenkelner Karneval (KLK), schaut durch den Vorhang, dann auf die Truppe, die im Künstlerbereich versammelt ist. Die Adjutanten schauen, ob alles einsatzbereit ist. Prinz Marcel II. setzt die Kappe mit den langen Federn auf, Bauer Michael zieht die Handschuhe an, nimmt den Dreschflegel und Jungfrau Olivia schaut noch einmal nach, ob der Lippenstift okay ist.
Anspannung macht schnell der Freude Platz
Die Einzugsmelodie ertönt, das Schmölzchen ist sortiert. Angeführt von Markus Scherer geht es raus. Knapp 2000 kostümierte Männer warten bei der Herrensitzung der KG Rot-Weiß Lindlar darauf, dass es losgeht. Das Lindlarer Dreigestirn, das in diesem Jahr vom KV Rot-Weiß Fenke gestellt wird, ist der Eisbrecher, wie auch schon bei den Damensitzungen. Da waren Dreigestirn und jecke Damen gleichermaßen begeistert, berichtet Bauer Michael kurz vor der Sitzung. Bei der Herrensitzung sei die Anspannung im Vorfeld deutlich größer, denn man wisse nicht, was einen erwarte.
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Von der Anspannung ist kurz darauf aber nichts mehr zu spüren, durch den Saal zieht der ganze Tross singend und tanzend bis auf die Bühne. Auf dem Weg werden Hände geschüttelt und Jecke begrüßt. Die Gesichter strahlen. Auf der Bühne wird das erste vom Komitee Lenkelner Karneval für ganz Lindlar gekürte Dreigestirn von Sitzungspräsident Markus Günther vorgestellt. „1,2,3, ich bin high“, tönt es über die Bühne, als die Tollitäten ihr Sessionslied vortragen. Der Saal steht, es wird mitgesungen und geklatscht, das Eis ist gebrochen.
Adjutanten sorgen für den reibungslosen Ablauf
Ausmarsch durch die Stuhlreihen in die Garderobe. Die Stimmung ist bestens, alles hat gut geklappt. Jetzt erstmal durchatmen und etwas trinken, jetzt ist erstmal ein Getränk fällig, alles hat gut geklappt. Das direkt im Anschluss geplante „Bad in der Menge“ muss warten, bis der nächste Programmpunkt beendet ist, denn während ein Redner auf der Bühne seinen Vortrag hält, wolle man keine Unruhe in den Saal bringen, erklärt Prinz Marcel. Seine Frau Nadine Sausner ist auch seine Adjutantin, die beiden waren in der Session 2018/19 Prinzenpaar in Lindlar und haben viel Karnevalserfahrung. Um die langen Federn der Prinzenkappe zu schützen, ist ein großes Kunststoffrohr im Einsatz, in dem die Federn transportiert werden.
In einem Metallkoffer sind die weiteren Utensilien verstaut. Auch Ralf Homberg, Adjutant von Bauer Michael hat immer ein wachsames Auge darauf, dass die Ausrüstung sicher verstaut und entsprechend auch griffbereit ist.
Auch Jungfrau Olivia ist bei den Auftritten in guten Händen. Gianluca Nuzzo achtet darauf, dass das Kostüm richtig sitzt, die Zöpfe ordentlich gebunden sind und Oleg Quiring auch gut geschminkt ist. Natürlich muss auch der Spiegel immer blank gehalten werden.
Tollitäten genießen das „Bad in der Menge“
Dann startet die Truppe in kleiner Besetzung zum „Bad in der Menge“. Das heißt, die Tollitäten gehen zu den Tischen, begrüßen Freunde, Bekannte, Bürgermeister und Landrat, machen mit den Jecken Selfies, feiern, singen und tanzen. Daneben werden auch Pins verkauft und Spenden gesammelt, denn der ganze Aufwand muss auch finanziert werden. Das ist auch ein wichtiger Punkt für das KLK, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, dafür zu sorgen, dass Lindlar jedes Jahr Tollitäten hat. Und das bedeutet eben auch, die nötigen Finanzmittel zu akquirieren.
Während auf der Bühne die Paveier richtig Gas geben, feiert das Dreigestirn mit den Jecken im Saal mit. Textsicher wird mit gesungen und die ein oder andere Tanzeinlage hingelegt. „Ein tolles Gefühl“, sagt Jungfrau Olivia, „es ist so wie doppelt feiern“. Selber gefeiert zu werden, anderen Freude bereiten und mitfeiern. Mit den Freunden im Dreigestirn unterwegs zu sein, sei der absolute Wahnsinn, sagt der 36-Jährige. Den Traum vom Dreigestirn leben und erleben Prinz Marcel und Bauer Michael ebenso intensiv.
Auch die Herren wollen Selfies
Jede Minute wollen sie auskosten, Momente erleben, an die man auch in vielen Jahren noch denken wird. Nach den Paveiern verabschiedet sich das Dreigestirn aus dem Festzelt. Und was ist der größte Unterschied zwischen den Auftritten bei der Herrensitzung und den Damensitzungen? „Die Herren brauchen mehr Zeit, um in Stimmung zu kommen und wollen nicht so viele Selfies mit uns machen“, sind sich die drei Freunde einig.
Beim Blick auf die Uhr wird klar, dass der Zeitplan nicht mehr zu halten ist. Statt wie vorgesehen zum Umziehen nach Hause zu fahren, geht es für das Trifolium direkt weiter in das Forum der Voßbruchhalle, nur ein paar Meter entfernt. Dort wird allerdings (noch) nicht gefeiert. Die drei sind vielmehr beim Aufbau für die Feier am nächsten eingeplant. Stühle und Tische müssen geschleppt, Deko angebracht und die Theke vorbereitet werden.
Das Lindlarer Dreigestirn
Prinz Marcel II., Bauer Michael und Jungfrau Olivia vom Karnevalsverein Rot-Weiß Fenke bilden das erste Dreigestirn für ganz Lindlar. Zum 60. Geburtstag des Vereins hatte das Festkomitee Lenkelner Karneval das Fenker Dreigestirn gekürt.
Marcel Sausner hat als Prinz schon Erfahrung, denn mit seiner Frau Nadine bildete er in der Session 2018/19 das Prinzenpaar des KV Fenke. Der 43-Jährige ist Präsident des Vereins und mit dem Karnevalsbazillus infiziert. Der Vater spielte im Spielmannszug der Ehrengarde Köln und der Sohn spielte im Musikverein Süng Trompete und seit 2002 bei der Ehrengarde Trommel.
Bauer Michael (Frangenberg) ist 39 Jahre alt und Vorsitzender des KV Fenke. Seit 2011 lebt er in dem Lindlarer Dorf und ist seit 2012 im Karneval aktiv. Und nicht nur dort, denn der Verein fördert das Dorfleben, nicht nur den Karneval. Alte Traditionen erhalten, neue schaffen, ist das Motto.
Jungfrau Olivia alias Oleg Quiring, ist mit 36 Jahren der Jüngste im Bunde und lernte den Karneval durch seine Frau Julia kennen. Sie begleitete als Adjutantin in der Session 2014/15 ihren Bruder Pascale. Oleg Quiring ist aktiv im Elferrat und fest im Fenker Vereinsleben verwurzelt.