AboAbonnieren

Nach der FlutEin Parkplatz für das Wasser der Leppe

Lesezeit 3 Minuten
dbo Lepperhammer003

Insbesondere am Lepperhammer hatte die Flut große Schäden angerichtet.

Engelskirchen – Wenn Wim Dissevelt, Leiter der Abteilung Talsperren und Fließgewässer beim Aggerverband, mit wenigen, einfachen Worten beschreiben soll, was sein Verband für das Engelskirchener Leppetal plant, dann spricht der Fachmann von einem Parkplatz für Wasser: Führt der kleine Fluss nach einem Starkregen etwa plötzlich zu viel Wasser, so schwappt dieses in der Blumenau über den natürlichen Damm und sammelt sich in einer Mulde. „Rund 4000 Kubikmeter finden darin Platz.“

Am Donnerstag haben Dissevelt, Engelskirchens Bürgermeister Dr. Gero Karthaus und Andreas Kiel, Fachleiter Tiefbau im Rathaus, vorgestellt, was in den kommenden Jahren zu einem Modellprojekt reifen könnte. „Wir arbeiten an einem Konzept für Retentionsräume im gesamten Gebiet des Aggerverbandes“, kündigt Dissevelt an.

Das könnte Sie auch interessieren:

Dieses beschreibe aber nicht allein technische Vorhaben, sondern vor allem ökologische: Dort, wo in der Blumenau sich auf gut 8000 Quadratmetern eine Futterwiese und Weide erstreckt, soll eine Aue entstehen – mit Binsen, Erlen, Stauden und was sonst eine echte Aue ausmacht.

Aggerverband rechnet im Kosten von 300.000 Euro

Bauen muss der Aggerverband dafür wenig, aber graben: „Wir gehen einen guten Meter in die Tiefe“, sagt Dissevelt. Die Kosten dafür beziffert er auf etwa 300 000 Euro. Auch müsse der natürliche Damm vielleicht etwas gesenkt werden, damit der Sprung für Leppe nicht zu hoch sei. Dabei könnte die Entsorgung des Erdbodens den größten Posten ausmachen. Bisher gebe es keinen Verdacht auf Belastungen durch Schwermetall oder ähnliches, sagt der Mann vom Aggerverband, allerdings könne es natürliche Schadstoffe geben, die sich aus der Geschichte erklären: In der Nähe war einst ein Blei- und Zinkwerk, der Strenger Hammerteich ist ebenfalls dort. Und die alten Erzadern seien noch vorhanden, ergänzt Bürgermeister Karthaus, selbst von Hause aus Fließwasser-Ökologe.

Er kennt das Gebiet, das Mitte der 1980er Jahre wegen einer nie dagewesenen Wanderung von Millionen Erdkröten Geschichte geschrieben hat, wie seine Westentasche. „Aus dem Aggertal kennen wir große Überschwemmungen schon lange, an der Leppe aber sind sie für uns neu“, blickt Karthaus auf den vergangenen Juli zurück, als das Wasser einem örtlichen Holz- und Metallhandel etwa schweren Schaden zufügte und Gebäude des Arztzentrums am Lepperhammer einstürzen ließ. „Überflutungen kann man meistens lindern, in Teilen vermeiden, aber niemals verhindern“, betont Karthaus. „Aber die neue Retentionsfläche nimmt den Druck für alle Orte, die flussabwärts liegen.“ Wo ein solches Fließgewässer Platz brauche, um sich auszubreiten, solle es diesen bekommen, so der Rathauschef.

Arbeit läuft schon seit zwei, drei Jahren

Dass die Pläne vom Aggerverband so kurze Zeit nach den verheerenden Ereignissen kommen, ist allerdings eher ein trauriger Zufall. „Tatsächlich arbeiten wir schon seit zwei, drei Jahren daran“, schildert Wim Dissevelt. Man halte seither nach verfügbaren Flächen Ausschau. So gibt es bereits in Wiehl-Oberwiehl ein ähnliches Projekt. Dissevelt rechnet damit, dass der Aggerverband das gesamte kommende Jahr für die weitere Planung und das Abarbeiten der Bürokratie benötigt, sodass die Bagger erst 2023 anrollen können. „In sechs Monaten sollte dann aber alles fertig sein.“ Das neue Retentionsgelände könne übrigens als Ausgleichsfläche auch für private Bauvorhaben angerechnet werden, betont der Experte. Wer zum Beispiel eine Garage auf hochwassergefährdeten Grund stellen will, soll das auch dürfen. Zurzeit kalkuliere er da mit 75 Euro für einen Kubikmeter Boden, sagt Dissevelt.