Ein BesuchNeue THW-Wache in Bergneustadt zählt zu den modernsten im Land
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Bergneustadt – Um das Rasenmähen mussten sich Jürgen Köppe und seine Frauen und Männer noch nicht kümmern, das Grün neben der nagelneuen Unterkunft des Technischen Hilfswerks (THW) wächst noch ziemlich spärlich. Dafür liegt eine Mammutaufgabe hinter dem Bergneustädter Ortsverband – der Umzug in die modernste THW-Unterkunft in der Südhälfte von Nordrhein-Westfalen.
Sechs Wochen hat der Tapetenwechsel gedauert, der gerade abgeschlossen ist. Lastwagenweise wurden Ausrüstung, Gerät und Verwaltungskram von der Kölner Straße zu dem Neubau im Gewerbegebiet Lingesten gekarrt. Der alte Standort bot den Ehrenamtlern rund 2400 Quadratmeter Platz, die jetzige THW-Wache erstreckt sich über zwei Etagen, eine Fahrzeughalle und knapp 6000 Quadratmeter Fläche.
Einsatzfahrzeuge waren zu groß für alte THW-Zentrale
„Für uns ist das hier ein Quantensprung“, betont Köppe, Bergneustädter THW-Ortsbeauftragter, und damit zugleich Chef der 70-köpfigen Truppe und Hausherr des imposanten Einsatzzentrums.
Hinter den in Grau und natürlich THW-Blau lackierten Toren wartet ein halbes Dutzend Lastwagen auf den nächsten Alarm. Genau diese Fahrzeuge waren es, die letzten Endes das Bundesinnenministerium und die THW-Oberen von der Notwendigkeit eines Neubaus in Bergneustadt überzeugten.
Die beiden neuesten Großfahrzeuge passten beim besten Willen nicht in die alte Halle, erinnert sich Ausbilder Arend Weyland. „Und bei einem Dritten waren vorne und hinten nur wenige Zentimeter Platz. Es tat uns im Herzen weh, nagelneue Autos in den Regen stellen zu müssen.“
Gründung vor 50 Jahren
Der Ortsverband des THW wird 1972, also vor 50 Jahren, gegründet und bezieht Unterkunft an der Kölner Straße in Bergneustadt. 1975 rückt die Gruppe zum ersten Auslandseinsatz nach Äthiopien aus, 1979 ist sie zur Stelle, als Oberberg im Schnee versinkt. 1988 werden die beiden ersten Frauen im Ortsverband aufgenommen. In den 1990er Jahren gehen Einsätze bei Orkan „Wiebke“, sowie ein Brunnenbauprojekt in Somalia in die Chronik ein. 2002 sind die Bergneustädter beim Elbhochwasser im Einsatz, 2009 beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs.
Im vergangenen Jahr kämpft der Verband in Oberberg, Euskirchen und Bad Münstereifel insgesamt 5000 Stunden mit den Folgen des Juli-Hochwassers. (sfl)
Trockene Winterquartiere gewährten die Oberbergische Verkehrsgesellschaft (Ovag) und der Getränkemarkt in Wiedenest, doch sei es auf lange Sicht einsatztaktisch nicht sinnvoll gewesen, im Falle einer Alarmierung zunächst das über das Stadtgebiet verteilte Equipment zusammenzutragen, betont Jürgen Köppe. „Man hat erkannt, dass man nicht Technik im Millionenwert auf den Hof stellen kann, ohne für die passende Unterkunft zu sorgen.“
Letztlich übernahmen allerdings weder der Bund noch der THW-Dachverband die Rolle des Bauherrn – sondern der Bergneustädter Bauunternehmer Viktor Magnes, der 2019 aus dieser Zeitung von der intensiven Suche der Ehrenamtler nach einem Standort erfahren hatte und gerade die Bebauung eines Grundstücks am westlichen Rand des Gewerbegebietes plante. Als Magnes in jenem regenarmen Sommer eine THW-Gruppe bei der Bewässerung der Innenstadt-Beete entdeckte, sprach er die Helfer kurzerhand an.
13 Monate Bauzeit für neues THW-Gebäude in Bergneustadt
„Nach abgeschlossener Planung konnten wir den Bau in 13 Monaten fertigstellen“, blickt Magnes stolz auf das Gebäude, das er nun langfristig an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vermietet hat.
Auf den 13 Stellplätzen der neuen Unterkunft reihen sich mehrere Anhänger aneinander, vom rollenden Stromerzeuger, der locker ein ganzes Stadtviertel unter Spannung setzt, bis zur Hochleistungspumpe, die zum Beispiel beim Juli-Hochwasser 2021 etliche oberbergische Keller von Schlamm befreite. Genug Platz ist nun auch für die Rollwagen, mit denen der Ortsverband seine Wagen je nach Lage schnell und flexibel beladen kann.
Waren die Einsatzkräfte bislang beengte Verhältnisse beim Umziehen gewöhnt, punktet die neue Umkleide mit viel Raum in und vor den Schränken und einem separaten Fach, das die private Kleidung strikt von der verschmutzten Einsatzuniform trennt. „Heizung und Stromversorgung sind so konstruiert, dass wir uns im Notfall komplett selbst versorgen können“, erklärt Köppe.
Außerdem gibt es mehrere Arbeitsplätze, die nach einheitlichen THW-Standards eingerichtet sind und an denen auch andere Ortsverbände sofort arbeiten können – sollte über Bergneustadt einmal die ganz große Katastrophe hereinbrechen.
Nächste Woche soll mit dem Hochregal das vorerst letzte Möbelstück in Lingesten angeliefert werden. Für das Frühjahr plant das THW einen Aktionstag, bei dem die Bevölkerung eingeladen ist, die neue Unterkunft zu erkunden. Bis dahin dürfte auch der Rasen dicht gewachsen sein.