Oberberg – Wenn die Kandidatinnen und Kandidaten, die sich im Oberbergischen Kreis um das Direktmandat für den Deutschen Bundestag bewerben, in den kommenden Wochen in Diskussionen direkt aufeinandertreffen, wird das ein oder andere Mal ein Platz auf dem Podium freibleiben. Michaela Engelmeier, die für die SPD antritt, hat ihre früher bereits bekundete Ankündigung umgesetzt: Sie hat ihre Teilnahme an allen Diskussionen abgesagt, zu denen auch Bernd Rummler als Kandidat der AfD eingeladen ist.
Auf Nachfrage erklärt Engelmeier, das habe vor allem mit den Ereignissen nach der letzten Wahl im Jahr 2017 zu tun, als sie Morddrohungen und Beleidigungen erhalten hatte, nachdem ein Video von ihr vom Wahlabend im Kreishaus im Internet erschienen war. Sie hatte den Staatsschutz eingeschaltet, ihre Facebook-Seite abgeschaltet und ihr Büro zeitweise geschlossen. Auch aus der AfD Oberberg sei sie verhöhnt worden. Deshalb habe sie vor ihrer Kandidatur jetzt von vorne herein angekündigt, nicht mit dieser AfD auf dem Podium zu sitzen. „Und ich bin stolz, dass meine SPD das so auch mitgetragen hat.“
Schulen regeln die AfD-Frage unterschiedlich
Den Vorwurf, dass Mitglieder der AfD Oberberg damals an den Angriffen über das Internet auf Engelmeier beteiligt waren, weist deren Kandidat Bernd Rummler zurück. „Ich kenne das Video natürlich, in dem sie vom Fackelzug zum Reichstag fabuliert hat, obwohl sie hätte wissen können, dass es linke Demonstranten vor einer AfD-Wahlparty waren.“ Bedrohungen aus Oberbergs AfD habe es aber nicht gegeben.
Neben der Podiumsdiskussion dieser Zeitung in Kooperation mit Radio Berg (s. Kasten) ist von Engelmeiers Boykott auch eine Veranstaltung des Homburgischen Gymnasiums in Nümbrecht betroffen. Schulleiter Thorgai Wilmsmann bestätigt die Absage: „Wir haben das darauf hin noch einmal diskutiert und auch mit der Bezirksregierung abgesprochen.“ Das Ergebnis: Das Gymnasium hält an seinem Format, das am 2. September stattfinden soll, fest – mit AfD. „Es geht uns darum, dass sich die Schülerinnen und Schüler ein Bild vom gesamten Spektrum der Politik machen können“, sagt Wilmsmann. Eine Partei auszuschließen, weil sie einem vielleicht nicht genehm ist, passe da nicht ins Bild.
Waldbröler Gesamtschule: Podiumsrunde ohne AfD-Kandidat Rummler
Für den 1. September hat die Waldbröler Gesamtschule eine Podiumsrunde geplant – ohne AfD-Kandidat Rummler. Die Entscheidung, ihn nicht zu berücksichtigen, habe die Schülervertretung lange vor Engelmeiers Absage getroffen, betont Schulleiterin Kirsten Wallbaum-Buchholz: „Vor allem mit Blick auf die Auszeichnung der Schule als ,Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage’.“ Als Leiterin trage sie die Entscheidung voll und ganz, auch mit Blick auf den schulischen Auftrag, Demokratie zu fördern und den Spielraum, den dieser ermöglicht.
Kandidatin und Kandidaten in der Diskussion
Wer vertritt Oberberg nach dem 26. September im Bundestag? Und was kann und sollte das Parlament für die Region und ihre drängendsten Probleme in den nächsten Jahren auf den Weg bringen?
Darüber sprechen die Chefredakteurin von Radio Berg, Wiebke Breuckmann, und Redaktionsleiter Frank Klemmer (Oberbergische Volkszeitung/Oberbergischer Anzeiger) am Freitag, 10. September, ab 17.30 Uhr im Forum der Volksbank in Wiehl mit den Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien sowie der Freien Wähler aufgrund der kommunalpolitischen Bedeutung der in ihnen organisierten Wählergemeinschaft.
Mit dabei sind also: Dr. Carsten Brodesser (CDU), Sabine Grützmacher (Bündnis 90/Die Grünen), Jörg von Polheim (FDP), Diyar Agu (Die Linke), Bernd Rummler (AfD) und Christian Abstoß (Freie Wähler). Michaela Engelmeier (SPD) ist nach wie vor eingeladen, hat aber ihre Teilnahme mit Blick auf die Beteiligung der AfD abgesagt.
Die Diskussion wird live im Internet unter ovz-digital.de zu sehen sein. Unklar ist wegen der aktuellen Corona-Lage, ob und wenn ja wie viele Leser die Diskussion live in Wiehl erleben können. Sobald diese Frage geklärt ist, werden wir Plätze kurzfristig über die Zeitung verlosen.
Eine Panne gab es beim Gummersbacher Lindengymnasium. Dort waren die Teilnehmer für ein Podium zu einem Zeitpunkt eingeladen worden, als die AfD noch keinen Kandidaten aufgestellt hatte, wie Politiklehrerin Gisela Mengelberg berichtet. Die Nominierung von AfD-Mann Rummler sei in der Folge an der Schule vorbeigegangen, wie auch Schulleiterin Beatrix Will einräumt. Mengelberg kündigte an, dass nun aber auch Rummler auf dem Podium sitzen werde.
Andere Parteien wollen AfD das Podium nicht überlassen
Die anderen Direktkandidaten wollen Engelmeiers Beispiel nicht folgen. Für Dr. Carsten Brodesser (CDU), Jörg von Polheim (FDP) und Christian Abstoß (Freie Wähler) war es nach eigener Aussage kein Thema, einer Diskussion aus dem Weg zu gehen. „Ich kann ja auch im Bundestag nicht weglaufen, wenn über einen Antrag der AfD beraten wird“, sagt Brodesser.
Das könnte Sie auch interessieren:
Sabine Grützmacher (Grüne) und Diyar Agu (Linke) räumen ein, dass es die Debatte auch in ihren Parteien gebe. Sie hätten sich aber gegen den Boykott entschieden. Agu: „Ich sage offen, dass ich nicht mit der AfD auf dem Podium sitzen möchte. Für mich steht aber auch fest: Wenn sie eingeladen ist, werde ich ihr nicht die Bühne überlassen.“