Sandsäcke gegen FlutenStarkregen trifft Oberberg – Wupper-Talsperre wird abgelassen
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Oberberg – Der Starkregen trifft Oberberg seit Mittwochnachmittag mit großer Wucht, nachdem die Unwetterfronten noch am Vortag einen engen Bogen um den Kreis gemacht hatten. Bis in den Abend liefen in der Rettungsleitstelle mehr als hundert Notrufe auf, überwiegend wegen vollgelaufener Keller, umgestürzter Bäume und überfluteter Straßen. Nach und nach hatten die Feuerwehren aller 13 Kommunen in Oberberg ihre Unwetter-Meldeköpfe besetzt, um die vielen Einsätze selbst koordinieren zu können.
Update-Warnung der Feuerwehr: Wegen der extremen Regenfälle müssen kurzfristig große Mengen Wasser aus der Wupper-Talsperre abgelassen werden, teilt die Feuerwehr am späten Mittwochabend gegen 22 Uhr mit. Der Pegel der Wupper wird in Radevormwald in kurzer Zeit stark anschnellen, heißt es, es bestehe akute Gefahr durch Überflutung.
Das Technische Hilfswerk füllte in seinen Standorten Windhagen und Bergneustadt Sandsäcke. Diese wurden etwa in Marienheide gebraucht, um ein Haus vor der über die Ufer tretende Wipper zu schützen.
Auch in Dieringhausen, Bergneustadt und anderen Orten verließen Bäche und Flüsse ihr Bett. Im Industriegebiet bei Engelskirchen-Ehreshoven hielt das Dach eines Betriebes den Regenmengen nicht mehr stand und gab auf 50 Quadratmetern nach.
Wehrmann wird verletzt
Die Feuerwehr verlegte dort einen Ablauf, bei Flexarbeiten zog sich ein Wehrmann eine Schnittverletzung zu und wurde ins Krankenhaus gebracht.
In der Rettungsleitstelle in Kalsbach wurde am Nachmittag zusätzliches Personal aus der Bereitschaft geholt. Ein Stab aus Führungskräften wurde gebildet, der den Disponenten zuarbeitete. Im Rahmen der überörtlichen Hilfeleistung erhielt der Oberbergische Kreis Voranfragen aus der noch schlimmer betroffenen Stadt Leverkusen und dem Märkischen Kreis, berichtete Kreisbrandmeister Wilfried Fischer am Nachmittag: Eine Bergneustädter Einheit rückte ins märkische Kierspe aus. Je eine Löschgruppe aus Gummersbach und Nümbrecht stand parat, um in Leverkusen zu helfen.
Der aus östlichen Richtungen kommende Starkregen hatte am Morgen zunächst Wipperfürth und Hückeswagen erreicht, von wo aus um 7.20 Uhr die ersten Notrufe eingingen, sagte Kreisbrandmeister Fischer. In beiden Kommunen wurden zuerst die Unwetter-Meldeköpfe besetzt, und beide blieben den ganzen Tag Einsatzschwerpunkte: Kräfte aus dem restlichen Kreis rückten an, um den Kameraden in Wipperfürth und Lindlar zu helfen. Dabei gab es kreisweit ab der Mittagszeit vermehrt Einsätze, überwiegend in den Kommunen der Mitte des Oberbergischen.
Im Vergleich zu einigen Nachbarkreisen war Oberberg in den Morgenstunden zunächst relativ glimpflich davongekommen. Julian Seeger, Chef der Kreisleitstelle, berichtete noch zur Mittagszeit von gerade mal knapp 20 Einsätzen. Doch die Nachrichten und Bilder, etwa aus Hagen und dem Märkischen Kreis, waren schon zu diesem Zeitpunkt alarmierend. Zu den mehr als 60 Einsätzen, die bereits bis 17 Uhr in der Leitstelle aufgelaufen waren, kamen bis in den Abend eine Reihe weitere hinzu.
„Über Nacht werden sich Mitarbeiter bereithalten“
Auch der Aggerverband hielt die Lage besonders aufmerksam im Auge. Die komplette Mannschaft sei draußen, um zu kontrollieren, ob die Einläufe von Bächen und Rückhaltebecken frei von Ästen, Steinen und Unrat sind, berichtete Vorstand Prof. Dr. Lothar Scheuer: „Über Nacht werden sich Mitarbeiter bereithalten, um bei kritischen Situationen schnell reagieren zu können.“
Die wichtigste Rolle im oberbergischen Hochwasserschutz spielen die Talsperren: Die Genkel näherte sich im Laufe des Mittwochs der Maximalkapazität. Ihr Wasser fließt in den unterhalb liegenden Aggersee, der am Nachmittag noch fünf Millionen Kubikmeter Speicherkapazität hatte, sagte Betriebsleiter Helge Klopsch: „Erst wenn der Pegelstand am Agger-Fluss bei Rebbelroth die 1,25 Meter übersteigt, werden wir alle Wasserabgaben aus der Aggertalsperre stoppen.“
Diese Marke des „mittleren Hochwassers“ wurde um kurz vor 17 Uhr tatsächlich überschritten. Auch der für einen Ablass-Stopp der Wiehltalsperre ausschlaggebende Pegel bei Wiehl-Perke stieg binnen weniger Stunden rasant und näherte sich unaufhörlich der Hochwasser-Marke.
Eine Entspannung der Lage war am Mittwochabend noch lange nicht in Sicht, alle Feuerwehren waren in Alarmbereitschaft. In seiner Unwetterwarnung rechnete der Deutsche Wetterdienst bis Donnerstagfrüh mit weiterem Dauerregen – in einigen Lagen bis zu 160 Liter pro Quadratmeter.