AboAbonnieren

Schon Termine in BerlinDas steht für Oberbergs erste Grüne im Bundestag jetzt an

Lesezeit 4 Minuten

Spaß an der Politik gefunden hat Sabine Grützmacher (r.), hier beim Wahlkampf in Wipperfürth. Jetzt zieht sie in den Bundestag ein.

Gummersbach – Das Handy von Sabine Grützmacher blieb stumm. „Es war eine lange Nacht, aber es hat einfach nicht geklingelt“, erzählte die Direktkandidatin der oberbergischen Grünen, die die ganze Zeit auf den erlösenden Anruf gewartet hatte. Denn eigentlich sollte der aus Berlin kommen, falls sie es tatsächlich doch noch über die Landesliste der Grünen in den Bundestag geschafft hat.

Ja, das Handy blieb stumm, aber die gute Nachricht sah sie dann gegen 6 Uhr am Montagmorgen digital: Auf der Internetseite des Bundeswahlleiters stand schwarz auf weiß, dass die Gummersbacherin Mitglied des neuen Bundestags sein wird. Ein Glück, das Michaela Engelmeier (SPD) und Jörg von Polheim (FDP) nicht hatten. Beide fehlen auf dieser Liste.

Sabine Grützmacher: Erste Sitzungen in Berlin stehen an

„Auch wenn ich sehr vorsichtig bin, habe ich dann mal vorsichtig und langsam angefangen, die Koffer zu packen“, erzählt Grützmacher am Telefon. Da sitzt sie drei Stunden später schon neben ihrem Mann im Auto, der mit ihr nach Berlin fährt. Ein Inlandsflug – das hatte sie schon im Wahlkampf und auch noch am Wahlabend gesagt – komme für sie nicht infrage.

Dennoch muss sie los, denn schon am späten Montagnachmittag wird sie in der Hauptstadt zu den ersten internen Sitzungen der Grünen erwartet, bevor sich am Dienstag alte und neue Fraktion treffen. Wie sich das anfühlt? Grützmacher lacht und sagt: „Ich schwebe gerade nach Berlin.“

„Grandios“: Oberbergerin Sabine Grützmacher zieht in Bundestag ein

Tatsächlich ist die 35-Jährige, in Waldbröl geboren, in Morsbach aufgewachsen und nach einem Studium zur Diplom-Sozialarbeiterin und Diplom-Sozialpädagogin an der Fachhochschule Kiel 2012 in ihre Heimat zurückgekehrt, die erste oberbergische Grüne überhaupt, die den Sprung ins Parlament geschafft hat. „Das ist grandios für uns. Vor 20 Jahren hatten wir mal jemanden auf der Liste stehen. Das war aber auch schon alles“, sagt Marc Zimmermann, gemeinsam mit Grützmacher Kreissprecher der Partei.

Vor etwas mehr als einem Jahr hätte sich vor allem die Geschäftsführerin der VSB gGmbh, eines gemeinnützigen Bildungsträgers, das selbst noch gar nicht vorstellen können. Mit einem kategorischen Nein antwortete sie damals auf Nachfragen zu einer möglichen Kandidatur. „Es war dann vor allem der Wahlkampf vor der Kommunalwahl 2020, der mir Appetit gemacht hat, Politik hauptberuflich zu betreiben“, sagt sie.

Ihr Arbeitgeber ist vorbereitet. Teile ihrer Tätigkeit im Bereich Finanzen übernimmt eine Kollegin, eine weitere Nachfolge arbeite sie gerade noch ein: „Ich mache mich also gerade ersetzbar.“

Ampel-Koalition unter SPD-Führung wäre Wunschmodell

Von ihrem Start in der Hauptstadt hat sie auch schon sehr konkrete Vorstellungen. „Ja, ich war immer vorsichtig, egal wie gut die Umfragen waren. Aber ich hasse noch mehr, unvorbereitet zu sein.“ Am liebsten, sagt sie, würde sie natürlich ihren Beruf zu ihrem Thema machen – die Vergabe von Fördermitteln: „Wir wollen die regionale Daseinsvorsorge im Grundgesetz, das würde vieles erleichtern.“ Für sie könnte das, wenn die Fraktion mitmacht, den Weg in den Europaausschuss bedeuten.

Einen zweiten Schwerpunkt will sie auf digitale Netzpolitik legen: „Digitalisierung ja, aber weniger das Thema Breitbandausbau als zum Beispiel die Frage, wie wir mit der Entwicklung von Algorithmen umgehen.“

Was eine mögliche Regierungsbeteiligung angeht, würde Grützmacher eine Ampel-Koalition unter Führung der SPD bevorzugen. Dass die Spitzen ihrer Partei sich da zurückhaltender äußern, kann sie aber auch gut verstehen: „Die müssen ja erstmal verhandeln. In deren Haut möchte ich gerade nicht stecken.“

Nächste Schritte: Büro und Wohnung in Berlin

Und schließlich hat sie auch erstmal was anderes zu tun: Zunächst mal muss Grützmacher im Bundestag ankommen und sich ein Büro aufbauen. Auch da sei sie aber schon sehr weit mit ihren Planungen, verrät sie. Dasselbe gilt für die Unterkunft: „Nur im Hotel leben? Das kommt für mich nicht infrage.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Sie werde die Wohnung einer Freundin übernehmen – eine gute Gelegenheit, weil die diese gerade aufgegeben habe. „Die liegt in Köpenick – echtes Berlin, bloß nicht in der Bundestagsblase hängenbleiben.“ Mit der S-Bahn sei sie trotzdem in 35 Minuten am Parlament. Sabine Grützmacher ist vorbereitet auf Berlin.