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Versammlungsverbot wegen CoronaTierschützer wollen weiter helfen

Lesezeit 3 Minuten

Seine weißen Punkte  und seine Geruchslosigkeit tarnen das Rehkitz. Dennoch sind Hunde eine tödliche Gefahr

  1. Auch Tierschützer stehen in der Corona-Krise vor einign Problemen.
  2. Das Versammlungsverbot hindert sie zum Beispiel daran, Rehkitze im oberbergischen Kreis zu retten.
  3. Jetzt pochen sie auf Ausnahme-Regelungen...

Oberberg – Spätestens Ende April wird es für Oberbergs Kitzretter ernst: Dann nämlich bringen die Ricken erste Jungtiere zur Welt. Und um diese vor Feinden zu schützen und in diesem Schutz zu säugen, verstecken sie die Kitze in hohen Gräsern. Weil aber auch die Landwirte bereits in den Startlöchern stehen, um Weiden und Wiesen zu mähen, sind Tierfreunde wie Angelika Bonsch aus Wiehl-Drabenderhöhe gerade in großer Sorge. Sie fürchten, dass die Jungtiere in die Scheren der Mähwerkzeuge geraten und qualvoll getötet werden.

Um das zu verhindern, hat Angelika Bonsch im Mai vergangenen Jahres die Aktion „Werde Kitzretter“ gegründet. Danach zogen sie und fast 50 Helfer ins Grüne, um Rehkitze aufzulesen und wegzutragen: „Wir konnten viele vor dem Tod bewahren.“ Denn die Tiere entwickeln erst nach etwa zwölf Wochen den natürlichen Fluchtinstinkt, zuvor kauern sie sich in die Halme und warten auf die Rückkehr der Ricke. Zumeist waren die Retter im Nümbrechter Jagdrevier Überdorf, gelegen zwischen den Ortschaften Elsenroth und Marienberghausen, unterwegs. Und das würden sie ab der letzten Aprilwoche gerne wieder tun.

Brief an den Landrat

„Doch das Versammlungsverbot verhindert dies“, klagt Angelika Bonsch, die sich an den Oberbergischen Kreis gewandt hat, um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, sollten die Restriktionen über den April hinaus gelten. Gerade hat sie einen Brief an Landrat Jochen Hagt geschickt. „Für Erntehelfer gibt es solche Ausnahmen – warum also nicht auch für uns?“

Dann könnten die Retter, gemeinsam mit Oberbergs Jägern, ausschwärmen und die Landwirte davor bewahren, gegen Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes z verstoßen. Der schreibt nämlich vor, dass ein Landwirt jede Wiese vor der Mahd absuchen muss, damit kein Kitz unter den Traktor gerät. Vernachlässigt er diese Pflicht und nimmt den Tod der Tiere in Kauf, drohen hohe Bußen. So verurteilte das Amtsgericht in Gießen einen Landwirt im August 2018 zu einer Strafe in Höhe von 7500 Euro, weil er drei Kitze „vermäht“ hatte, wie es im Behördenjargon heißt.

Suche nach Kitzen auf 130 Hektar

„Dabei sind wir für jede Hilfe dieser Art dankbar“, versichert Franz Bellinghausen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Oberberg. Der Landwirt aus Engelskirchen-Bellingroth erzählt, dass er selbst eine WhatsApp-Gruppe installiert hat und eine Schar von 15 Helfern auf die Beine bringt, wenn er seine Wiesen- und Weideflächen mähen möchte. „Das sind etwa 130 Hektar und die Suche nach Kitzen hat immer hervorragend geklappt.“

Kreis will prüfen

Auf Anfrage bestätigt der Kreis, dass das Schreiben von Angelika Bonsch am Gründonnerstag eingetroffen ist. Landrat Jochen Hagt werde das Anliegen prüfen, versichert Sprecherin Iris Trespe.

Angelika Bonsch betont, dass für eine gründliche Suche das Ausschwärmen als Gruppe unbedingt notwendig sei: „Dabei halten wir ohnehin zwei Meter Abstand.“ So konnten im vergangenen Jahr fast 30 Kitze vor dem Tod bewahrt werden. (höh)

Dass die Mahd aufgrund des oft tollen Wetters früher beginnen könnte, glaubt Bellinghausen indes nicht. Er beruhigt: „Da die Nächte immer noch sehr kalt sind, wächst das Gras nicht so schnell – die Natur ist wegen der Nachtkälte wieder etwas zurückgeworfen.“ Derweil ist Manfred Kind, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, unsicher, ob nicht vielleicht die Kitze früher geboren werden könnten. „Wir rätseln, ob Veränderungen in der Natur bewirken, dass die Jungen früher als Ende April, Anfang Mai zur Welt kommen“, erklärt der Gummersbacher Experte.

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Diesen werden die ersten beiden Schnitte des Jahres gefährlich, wenn die Landwirte das erste Winterfutter für ihre Tiere einbringen. Bellinghausen: „Wir mähen gewöhnlich zwei- bis fünfmal im Jahr – manchmal bis in den Oktober hinein.“