Im Januar 2026 soll die Dechant-Wolter-Straße in der Stadtmitte den Namen verlieren. Zur Wahl stehen Sankt-Michael-Weg und „Zum Klösterchen“.
Nach MissbrauchsskandalIn Waldbröl entscheiden Anlieger über neuen Namen für ihre Straße
Frühestens am 1. Januar 2026 soll die Dechant-Wolter-Straße im Stadtzentrum von Waldbröl ihren Namen verlieren. Doch wird dieser auch danach noch für eine längere Zeit, vielleicht sogar für ein paar Jahre, dort zu lesen sein. Am Donnerstagabend hat der Ausschuss für Kultur und Tourismus des Stadtrats, stets einstimmig, die Umbenennung dieser Straße auf den Weg gebracht, am 26. März entscheidet der Rat endgültig. Und bis dahin sollen auch Anwohnerinnen und Anwohner abstimmen. Zur Wahl stehen: Sankt-Michael-Weg und „Zum Klösterchen“. Für das Datum 1. Januar hat sich das Gremium ausgesprochen, weil dann die beiden anstehenden Wahlen erledigt sind.
Anlass für die Umbenennung ist ein Bürgerantrag der Waldbröler Christina Simon und Stefan Monreal: Der Geistliche Emmerich Wolter (1898 – 1976) gilt als einer von fünf mutmaßlichen Tätern, die sich in Diensten der katholischen Pfarre St. Michael an Kindern und Jugendlichen vergangen haben sollen. Dort war Wolter von 1945 bis 1973 Dechant und Pfarrer, auf dem kirchlichen Friedhof im Walberfeld ist der Geistliche beerdigt.
Auf Anfrage dieser Zeitung hatte das Kölner Erzbistum im vergangenen Oktober eine mutmaßliche Täterschaft Wolters erstmals bestätigt: „Im juristischen Sinne ist von einem mutmaßlichen Täter zu sprechen“, teilte die Referentin Dagmara Kowalkowski mit. Das Erzbistum berufe sich dabei auf die Ergebnisse aus der Aufarbeitung möglicher Missbrauchsfälle.
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Eines der Missbrauchsopfer ist der Waldbröler Michael Schenk, der heute in Ruppichteroth lebt und arbeitet
Zu den mutmaßlichen Opfern gehört der frühere Waldbröler und heutige Ruppichterother Michael Schenk (56), der den Missbrauch an ihm als Drei- bis Sechsjährigen durch Geistliche im Herbst 2020 öffentlich gemacht und im Februar 2022 dann auch Dechant Wolter als den letzten von drei mutmaßlichen Tätern dem Erzbistum gegenüber benannt hat.
Jetzt ist es an der Politik, der Straße einen neuen Namen zu geben. Sieben Vorschläge seien im Rathaus eingegangen, berichtete Christoph Thiel vom Hauptamt der Verwaltung und erklärte das Vorgehen: „Der Name muss noch eine Zeit lang lesbar bleiben, allerdings wird ein roter Balken darübergelegt.“ Zudem, so Thiel, werde darunter ein Zusatzschild mit dem neuen angeschraubt. „Die Stadt Münster zum Beispiel hat solche Schilder für drei Jahre hängen lassen.“
Waldbröls Rathaus wird in Kürze die Anwohnerschaft über den geplanten Namenswechsel und die Abstimmung informieren – und auch mitteilen, dass die Stadt die Kosten für die Änderung in den Personalausweisen aufkommt. Grundbucheinträge werden dagegen von Amtswegen geändert und sind damit kostenfrei. „Bei Kfz-Scheinen können wir leider keine Entlastung schaffen, die sind Sache des Kreises“, bedauerte Bürgermeister Larissa Weber, die als „Straßen-Umbenennerin“ fundierte Erfahrung hat: In ihrer Zeit als Leiterin des Ordnungsamtes der Nachbargemeinde Reichshof sind dort in den Jahren von 2015 bis 2017 insgesamt 123 Straßen ausgewiesen worden, weil es deren Bezeichnungen bis dahin doppelt oder sogar dreifach gab.
Hinter den beiden, zuvor meist genannten Vorschlägen für die Dechant-Wolter-Straße stehen zum einen der heilige Schutzpatron und Erzengel Michael, zum anderen der historische Verweis auf das Franziskanerkloster, das einst dort stand, wo heute das CBT-Wohnhaus St. Michael und die katholische Kindertagesstätte St. Michael zu finden sind. „Das Klösterchen ist in Waldbröl noch immer vielen ein Begriff und in liebevoller Erinnerung“, freute sich etwa Anne Pampus (SPD) über die Auswahl, während Martina Kretschmer (UWG) gefordert hatte, gänzlich auf Kirchlich-Christliches zu verzichten: „Man weiß ja nicht, was da noch alles kommt.“ Ihr Favorit: Novalisweg.
Für die Grünen hatte Claudia Hein mit Hedwig Dransfeld eine Frau und ihre Verdienste um die KFD ins Spiel gebracht: „Auch sind in Waldbröl zu wenige Straßen nach Frauen benannt.“
Das sagt die Pfarre
Auch die betroffene Kirchengemeinde St. Michael hat Namensvorschläge eingereicht und erstmals Stellung genommen zu den Vorwürfen: „Zu erfahren, dass in der Vergangenheit wohl leider immer wieder Seelsorger sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und Schutzbefohlenen verübt haben, erfüllt uns mit Entsetzen“, sagt Tobias Zöller, Leitender Pfarrer im Sendungsraum Oberberg-Süd. Dies sei ein verbrecherisches Verhalten und widerspreche in eklatanter Weise den Werten und dem Selbstverständnis einer Gemeinschaft, die sich auf Glauben, Hoffnung und Liebe stütze. „Unsere Gedanken, Gebete und unsere Solidarität gilt den Betroffenen.“
Ermutigt durch den konstruktiven Austausch mit Bürgermeisterin Larissa Weber und mit Blick auf die Kindertagesstätte St. Michael und das CBT-Wohnhaus St. Michael schlage die katholische Kirchengemeinde als neue Namen für die Straße vor: Sankt-Michaels-Weg oder Erzengel-Michael-Weg.
Das sind alle Namensvorschläge und ihre Urheber
- Sankt-Michaels-Weg oder Erzengel-Michael-Weg, vorgeschlagen von der katholischen Kirchengemeinde St. Michael
- Hedwig-Dransfeld-Weg oder Hedwig-Dransfeld-Straße, vorgeschlagen von den Grünen als Erinnerung an die Kölner Gründerin des Katholischen Frauenbundes 1903, Hedwig Dransfeld (1912 – 1925)
- Michaelisweg, vorgeschlagen von der Fraktion der CDU
- Novalisweg, vorgeschlagen von der Fraktion der SPD als Würdigung des deutschen Romantikers Georg Philipp Friedrich von Hardenberg (1772 – 1801)
- „Am Klösterchen“ oder „Zum Klösterchen“, ebenfalls vorgeschlagen von der SPD zur Herstellung eines historischen Bezugs
- Sankt-Michael-Weg, vorgeschlagen durch den Bewohnerbeirat des CBT-Wohnhauses St. Michael und durch die katholische Kindertagesstätte St. Michael sowie durch das Laiengremium der Pfarrgemeinde St. Michael
- Sankt-Michael-Straße, Vorschlag im ursprünglichen Bürgerantrag von der Waldbröler Christina Simon und Stefan Monreal