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„Ich finde hier jeden“Raimond Hauschka ist Talsperrenmeister an der Wiehltalsperre

Lesezeit 4 Minuten

Talsperrenmeister Raimond Hauschka wohnt an der Wiehltalsperre und dort oberhalb der 53 Meter hohen Staumauer.

  1. Raimond Hauschka ist Talsperrenmeister an der Wiehltalsperre.
  2. Er wohnt fünf Meter oberhalb des Staudamms.
  3. Hauschka kennt jeden Winkel des Geländes und sorgt dafür, dass niemand ins Wasser springt.

Brüchermühle – Weit hinaus aufs Wasser und tief ins Grüne reicht der Blick und unverbaubar ist dieses Panorama auch noch. Und selbst in Oberberg muss lange suchen, wer einen stilleren Flecken Erde finden möchte als jenen, den Raimond Hauschka sein Zuhause nennen darf: Der 62-Jährige lebt fünf Meter oberhalb des Staudamms, zu seinen Füßen erstreckt sich die Wiehltalsperre. Auf dem Betriebsgelände des Aggerverbands in der Reichshofer Ortschaft Brüchermühle wohnt der Talsperrenmeister Hauschka seit 1992.

„Man muss die Einsamkeit lieben, um hier zu leben“, sagt der gelernte Elektromeister – wobei: Einsam ist er nicht wirklich, denn an seiner Seite ist Lebensgefährtin Frauke (59). Und Schäferhund Anton folgt seinem Herrchen nicht nur bei den täglichen Kontrollgängen über das etliche Hektar große Gelände. „Großgeworden bin ich an der Aggertalsperre – meine Eltern hatten da das Hotel an der Staumauer“, verrät Hauschka. Heute beherbergt die frühere Unterkunft ein thailändisches Restaurant. Große Talsperren aber haben Raimond Hauschka schon als Kind fasziniert, also bekam er nicht nur die Stelle, sondern ein Haus auf dem Gelände des Wasserwerks Auchel gleich dazu. Beworben hatte er sich übrigens auf ein Inserat des Aggerverband in dieser Zeitung.

Der letzte Griff des Tages geht an die Alarmanlage

Nach Lantenbach kehrt der gebürtige Bergneustädter immer wieder gern zurück. „An der Aggertalsperre liegt übrigens mein Bötchen, ich segle dort sehr gerne.“ An der heimischen Wiehltalsperre indes darf Hauschka nicht mal den dicken Zeh ins Wasser tunken: Schließlich liefert die – gemeinsam mit der Genkeltalsperre – rund 500 000 Oberbergern etwa 25 Millionen Kubikmeter Trinkwasser im Jahr.

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Natürlich käme es immer wieder vor, dass sich Ausflügler am Ufer zum Picknick niederließen oder Abkühlung im Wasser suchten – aber das ist eben verboten. „Und ich finde hier jeden“, sagt der Talsperrenmeister und lacht. Denn er kennt jeden Winkel auf dem Gelände, aber wo man da nah ans Wasser kommt, das hält Raimond Hauschka geheim. Lieber schwärmt er von den offiziellen Aussichtspunkten, dem an der „Krombacher Insel“ in Nespen und dem anderen oberhalb des Auchel-Fjords, gelegen zwischen Heischeid und dem Abzweig nach Schemmerhausen. „Dort ist es richtig schön.“

Wer vom Auchel-Fjord (u.r.) auf die Talsperre blickt, der ahnt, wie riesig der Trinkwasservorrat ist.

Mit kühler Technik beginnt dagegen Hauschkas Arbeit gegen 7 Uhr. Der Griff zur Maus am Leitsystem ist der erste Handgriff des Tages. „An diesem Bildschirm erkenne ich, ob alles in Ordnung ist, ob die Talsperre funktioniert.“ Ist alles im grünen Bereich, trifft sich der Hüter der Anlage mit seinen Kollegen in der Werkstatt am Wohnhaus – einem Schlosser, einem Betonbauer und einem Landschaftspfleger – zur Besprechung. Und danach gibt’s Wiski. Das ist kein orthografisch verunglücktes Getränk, sondern eine Langzeit-Auswertung, die alle Daten der Talsperre erfasst und grafisch darstellt. „Ist auch da alles okay, gehe ich auf die erste Runde.“ Und mit dem letztes Handgriff am späten Nachmittag schaltet er die Alarmanlagen scharf.

Blick in die Geschichte der Wiehltalsperre

Mit einem Fassungsvermögen von fast 31,9 Kubikmetern Wasser ist die Wiehltalsperre die größte des Aggerverbands. Die beiden anderen sind die Aggertalsperre (mehr als 17 Millionen Kubikmeter) und die Genkeltalsperre (etwa 8,2 Millionen Kubikmeter). Auch an der Genkeltalsperre gibt es eine Wohnung: Dort ist der stellvertretende Talsperrenmeister Martin Lichtinghagen eingezogen.

Gebaut wurde die Wiehltalsperre von 1967 bis 1973. Ihre Staumauer ist 360 Meter lang und 53 Meter hoch. Die Wohnung des Talsperrenmeisters liegt weitere fünf Meter über der acht Meter breiten Krone.

Elf Ortschaften versanken damals im Wasser. Auchel ist eine davon: An sie erinnert der Aussichtspunkt Auchel-Fjord. Einen schönen Blick auf das Vorbecken der Wiehltalsperre gibt es zudem in der Ortschaft Nespen: Dort stehen Bänke am Ufer, mitten im Wasser liegt die Krombacher Insel. Bekannt geworden ist diese einst, man ahnt es, durch eine Bierwerbung. (höh)

Demnächst nimmt auch Hauschkas Nachfolger an diesen Runden teil, denn 2022 ist für ihn Schluss. „Mein Nachfolger ist ausgeguckt“, sagt er. „Und auch er wird hier oben wohnen.“ Wo er selbst dann Quartier mit seiner Frauke bezieht, das weiß Raimond Hauschka noch nicht ganz sicher. „Wahrscheinlich geht’s nach Morsbach“, überlegt er. Den Blick aufs weite Wasser wird er dort wohl vermissen. „Aber in Morsbach ist wenigstens ein Bach in der Nähe. Und Abwechslung hat schließlich noch nie geschadet.“