Wipperfürth – Was wiegt schwerer: Die Sicherung eines Familienunternehmens oder der Natur- und Hochwasserschutz? Eine Frage, die angesichts des katastrophalen Juli-Überschwemmungen eine ganz neue Aktualität gewonnen hat. Im Ausschuss für Stadtentwicklung wurde darüber kontrovers diskutiert.
Konkret geht es um das Autohaus Bongen in Niederwipper, das sein Firmengelände in Richtung Osten um rund 450 Quadratmeter erweitern möchte. Dort will das Unternehmen rund 25 zusätzliche Parkplätze für Kunden und Mitarbeiter schaffen und Anbauten errichten, für zusätzliche Ausstellungs- und Abstellflächen und den Ausbau des Reifenlagers.
Das Problem: Die Erweiterungsfläche liegt im Überschwemmungsgebiet der Wupper und im Naturschutzgebiet Wupperaue. Im Februar 2020 hatte der Stadtentwicklungsausschuss einstimmig die Änderung des B-Planes eingeleitet. Grünen-Fraktionschef Christoph Goller stimmte damals nur „mit Bauchschmerzen“ zu, wie er sagte.
Jetzt, eineinhalb Jahre später, stand im Ausschuss die Abstimmung über den B-Plan und die Satzung an. Der Ausschussvorsitzende Hermann-Josef Bongen erklärte sich für befangen, er nahm an der Diskussion und der Abstimmung nicht teil.
Wupperverband sieht Erweiterung kritisch
Beim Wupperverband sieht man die Pläne kritisch. Die Erweiterung bedeute einen Verlust von Überschwemmungsraum und schützenswerten Flächen. Die offizielle Stellungnahme stammt vom 10. Juli, also noch vor dem Jahrtausendhochwasser.
Einwände aus Naturschutzgründen gibt es auch von Seiten der Oberen Wasserbehörde bei der Bezirksregierung Köln und dem Amt für Planung, Entwicklung und Mobilität beim Oberbergischen Kreis.
Dem Verfahren zugestimmt hat dagegen der Naturschutzbeirat in seiner Sitzung Mitte Juni, unter der Voraussetzung, dass es am Autohausgelände keine weiteren Erweiterungen mehr geben dürfe. Die Begründung: Der Schutzzweck des Schutzgebietes werde durch die Erweiterung nicht beeinträchtigt.
„Das ist der völlig falsche Standort“
Die Wipperfürther Grünen, die UWG und die FDP haben ihre Meinung indes geändert. Grünen-Fraktionschef Goller begründete die Ablehnung zum einen mit den Überschwemmungen, zum anderen mit der Kritik des Wupperverbandes und weiterer Behörden. Außerdem sei nicht geklärt, was mit dem Bodenaushub, der aus Umweltschutzgründen vor Ort verbleiben muss, geschehen solle.
„Die Erweiterung sollte nicht weiter verfolgt werden, das ist der völlig falsche Standort“, sagt Franz-Josef Flosbach (FDP). Irgendwann müsse man Umweltthemen anders angehen, so Klaus Felderhoff, Fraktionschef der UWG.
Für eine Zustimmung warb Bernd Schnippering (CDU), der als Kreislandwirt zugleich Mitglied des Naturschutzbeirates ist. Das Autohaus wolle nur geringfügig erweitern. „Wenn die Firma woanders hingeht, entsteht in Niederwipper eine nutzlose Brache“, so Schnippering.
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Im Rahmen der Abwägung wiegt aus SPD-Sicht die Sicherung des Wirtschaftsstandortes schwerer als die Bedenken. SPD-Fraktionschef Frank Mederlet erklärte, dass man im Protokoll festhalten müsse, dass durch die Erweiterung keine Nachteile flussabwärts entstehen dürften.
CDU und SPD stimmten schließlich mit ihrer Mehrheit für die Änderung des Bebauungsplanes und die Satzung, die Abstimmung im Stadtrat steht noch aus.