Wipperfürth/ Lindlar – Prägendes Ereignis – so nennt Claudia Fischer, die Verbandsratsvorsitzende des Wupperverbandes, das Hochwasser vom 14. und 15. Juli 2021. Alleine in Wipperfürth ging der Schaden, den die Fluten von Wupper, Hönnige und Gaulbach anrichteten, in die Millionen. Weiter flussabwärts, etwa in Leichlingen, gab es gar Tote zu beklagen.
Entsprechend groß war das Interesse am Jahrespressegespräch, zu dem der Wasserverband in Form einer Videokonferenz eingeladen hatte. Wupperverbandsvorstand Georg Wulf stellte das „Zukunftsprogramm Hochwasserschutz“ vor. Das sind die zentralen Bestandteile:
Technischer Hochwasserschutz
Mit verschiedenen Baumaßnahmen will der Verband bestehende Anlagen modernisieren und neu errichten. Dazu zählen neue Hochwasserrückhaltebecken, etwa in Wuppertal-Bornberg, aber auch die Sanierung von Deichen, Kläranlagen, Staumauern, Verrohrungen und Uferbefestigungen. Ein spezielles Augenmerk richtet man in Wuppertal auf die Talsperren. Eine Potenzialanalyse soll detailliert untersuchen, welche Talsperre wie zu einem besseren Hochwasserschutz beitragen kann. Den Anfang macht der WupperTalsperre, bis 2025 sollen Bever-, Silber- und Neye-Talsperre folgen. Mittelfristig könnte auch ein Ausbau der Talsperren eine Option sein.
„Grüner“ Hochwasserschutz
Eine weitere Renaturierung von Flussläufen und Flussauen soll Wupper, Dhünn und Co. mehr Platz schaffen, so etwa zwischen Marienheide und Wipperfürth. Untersucht werden soll auch, ob dies entlang der Hönnige möglich ist. Etwa, indem der Wupperverband Flächen entlang des Baches aufkauft. Auch die beabsichtigte Schleifung des Radium-Wehrs in Wipperfürth gehört zum „grünen“ Hochwasserschutz. „Diese Maßnahme ist durchaus realistisch“, so Wulf. Fällt das Wehr weg, könnte die Wupper mehr Wasser aus dem Gaulbach aufnehmen. Der tritt regelmäßig über die Ufer und setzt dann Teile der Wipperfürther Innenstadt unter Wasser.
Anpassung der Bewirtschaftung
Nach dem Rekordhochwasser geriet der Wupperverband mächtig unter Druck. Kritisiert wurde vor allem, dass es der Verband versäumt habe, in seinen Talsperren im Sommer 2021 genügend Stauraum für Hochwasserereignisse vorzuhalten. Für den Sommer 2022 ändert der Wuperveband seine bisherige Praxis. An den großen Talsperren am Oberlauf (vor allem Bever-Talsperre und Wupper-Talsperre“) sollen 4,5 Millionen Kubikmeter Stauraum frei gehalten werden, um bei Bedarf dort größere Regenmengen puffern zu können. Wulf betonte, dass die Talsperren „Multifunktionsbauwerke“ seien, der Hochwasserschutz sei nur eine der Aufgaben.
Optimierung von Messdaten
Gerade bei Starkregen und daraus folgendem Hochwasser spielt der schnelle Informationsaustausch eine entscheidende Rolle. Aktuelle Messpegel sollen künftig schneller und leichter abrufbar sein, der Verband will zudem sein Messnetz erweitern. Im Rahmen eines Forschungsprojekts soll das Städtedreieck Wuppertal, Solinge und Remscheid zu einer Modellregion mit einem verbesserten Hochwasserwarnsystem entwickelt werden. Ein Problem bleiben die kleineren, oft schnell fließenden Gewässer wie etwa die Hönnige. Werden dort steigende Pegel gemessen, ist es für Gegenmaßnahmen im Prinzip schon zu spät. Umso wichtiger ist der Austausch mit Meteorologen, um Prognosemodelle zu entwickeln und Prognosen zu erstellen.
Bessere Kommunikation
In der Analyse des Rekordhochwassers vom Juli 2021 hat man in Wuppertal erkannt, dass auch die Kommunikation verbessert werden muss – gerade in Notfallsituationen. Deshalb soll es künftig unter anderen ein „rotes Telefon“ zur Feuerwehrleitstelle in Wuppertal geben und einen eigenen Videokanal bei Hochwasserereignissen, den die Krisenstäbe der Kommunen und der Bereitschaftsdienst des Wupperverbandes nutzen können. Darüber hinaus sollen bestimmte Informationen, wie etwa die Meldeschwellen bei der Wasserabgabe aus Talsperren automatisch verschickt werden. Gemeinsame Schulungen und Übungen mit den Kommunen sind ein weiterer Baustein.
Behebung von Schäden
Über 2300 Kilometer Fließgewässer liegen im Einzugsbereich des Wupperverbandes. Das Juli-Hochwasser richtete vielerorts schwere Schäden an. Von 880 Schadensmeldungen im vergangenen Jahr habe man bis jetzt 330 bearbeitet, teilt der Verband mit. Durch das Hochwasser gelangte viel Öl in die Wupper, das sich unter anderem im Uferbereich der Wuppertalsperre absetzte. Auch Treibgut sorgte für Schäden. Dessen Beseitigung sei eine „Mammutaufgabe“, so Wulf.
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Die nächsten Schritte
Auf den Wupperverband warten in den kommenden Jahren große Herausforderungen. Die Diskussion über die Frage, wie viel Hochwasserschutz möglich und sinnvoll sei, müsse gesamtgesellschaftlich geführt werden, betont man in Wuppertal. Das gilt auch für die Frage, wie man mit den Folgen des Klimawandels umgeht. Die Kosten für einen verbesserten Hochwasserschutz sollen zum Teil durch Fördermittel von Bund und Land aufgefangen werden. Wupperverbandschef Georg Wulf machte auf Nachfrage aber deutlich, dass auch die Kommunen als Mitglieder des Zweckverbandes ihren finanziellen Beitrag leisten müssen. „Ohne eine Erhöhung der Verbandsabgaben wird es nicht gehen.“