Straßenränder werden kaum beachtet, doch sie können ein wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen sein. Das zeigt das Projekt „Lebenslinien“.
Unterschätzte WegesränderProjekt „Lebenslinien“ erfasst Artenvielfalt in Wipperfürth
Was am Wegesrand steht, wird gerne übersehen. Manuela Thomas aber interessiert sich besonders für Pflanzen und Tiere, die neben Straßen und Wegen wachsen und leben. Denn diese Säume sind oft besonders artenreich und eine Heimat für Glockenblume, Margerite und die seltene Wiesen-Witwenblume.
Thomas ist Projektleiterin der Biologischen Station Oberberg und seit 2023 damit beschäftigt, in Wipperfürth und Hückeswagen sowie in Burscheid Wegesränder an wenig befahrenen Straßen und Wegen zu kartieren – also genau zu erfassen, welche Arten dort vorkommen. Die Untersuchungen sind Teil des Projekts „Lebenslinien“, das vom Landschaftsverband Rheinland getragen wird, mit Unterstützung der Naturschutzverbände Nabu und RBN (Rheinisch-Bergischer Naturschutzverein). Auch die Landwirte vor Ort sind als Partner mit im Boot.
Elf Kilometer Wegesränder in Wipperfürth kartiert
Kürzlich präsentierte die Biologin den Zwischenstand ihrer Arbeit im Wipperfürther Ausschuss für Klima, Umwelt und Natur. Die wichtigsten Ergebnisse: Säume und Wegesränder sind wichtig, weil dort viele Pflanzen wachsen, auf deren Blüten und Nektar die Insekten angewiesen sind. Sie bieten einen Lebensraum für Vögel, Amphibien, Reptilien und kleine Säugetiere, und einen Rückzugsraum für Wiesenpflanzen, vor allem für solche, die nur auf Magerwiesen gedeihen. Bis jetzt hat Thomas in Wipperfürth und Hückeswagen rund elf Kilometer Säume kartiert und dabei über 200 verschiedene krautige Pflanzenarten und Gräser nachweisen können.
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Besonders hoch ist die Artenvielfalt entlang eines rund 400 Meter langen Wegestücks zwischen Wipperfürth-Wegerhof und Klespe. Dort wachsen 56 typische Grünlandarten.
Viele Randstreifen werden zu häufig gemäht
Doch viele Säume können ihre Funktion als Refugium für Pflanzen und Tiere nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erfüllen. Das liegt vor allem daran, dass die Wegesränder zu oft gemäht werden - mitunter noch vor oder während der Blüte, und dass die Mahd als Mulch liegen bleibt und damit das Wachstum anderer Pflanzen behindert.
Das Projekt Lebenslinien verfolgt deshalb das Ziel, die Pflege der Randstreifen unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten zu optimieren. Dazu tauscht sich Manuela Thomas mit den Beschäftigten des Bauhofs Wipperfürth-Hückeswagen aus, um sie zu sensibilisieren. Denn zu ihren Aufgaben gehört es, in den beiden Kommunen die Ränder der rund 400 Kilometer Straßen und Wege beidseitig zu mähen.
Ohne Mähen geht es nicht, wie Bauhofleiterin Verena Schrader erläutert. Denn die Stadt hat die Verkehrssicherungspflicht und muss verhindern, dass sich zum Beispiel Gräser über die Fahrbahn legen.
Aber nicht jeder Wegesrand muss zweimal im Jahr gemäht werden, und der Zeitpunkt des Mähens muss nicht zwingend in die Hauptblütezeit fallen. Manchmal reicht es, wenn der Schlepper mit dem Mähwerk nur eine Bahn mäht und den Rest stehen lässt. Thomas will demnächst an gezielten Stellen Schilder aufstellen lassen, um die Bevölkerung zu informieren, dass der „Wildwuchs“ am Wegesrand ein wertvolles Habitat bildet.