Bergisch Gladbach – Hausmeister Michael Welther hat die Schlüssel zum Bunker. Unter der Johannes-Gutenberg-Realschule in Bensberg befindet sich ein Überbleibsel des Kalten Krieges: Ein Hilfskrankenhaus mit 200 Betten, das insbesondere nach einem atomaren Angriff zur Verfügung stehen sollte. Gebaut wurde der Bunker in den 1960er Jahren. 2007 wurden deutschlandweit solche Bunker vom Bund aufgegeben. Der Bensberger war einer von rund 2000.
Seit dieser Zeit ist der Bunker im Grunde nichts weiter als ein zusätzlicher Keller. Allerdings ein Keller, der nur schwer zu nutzen ist. Es gibt nur einen einzigen kleinen Eingang, und moderne Brandschutzverordnungen lassen sich dort nicht umsetzen.
Es gab Anfragen von Musik-Bands
Der Notausgang führt über eine Leiter. Nicht wirklich barrierefrei. Im Gespräch waren schon einmal Proberäume für Musik-Bands. Es gab Anfragen. Durch die dicken Wände wäre die Umgebung perfekt vor lauten und schiefen Klängen geschützt. Aber aus den genannten Gründen geht es nicht.
Hausmeister Welther öffnet die Tür zum Bunker. Zwar hat der Bund das Gebäude besenrein geräumt – es gibt hier also keine Betten oder medizinischen Instrumente mehr –, aber die Beschriftung an den Türen und Schränken lässt die ursprüngliche Bestimmung erkennen.
Duschen, um atomaren Schmutz abzuwaschen
Da gibt es Duschen, um den atomaren Schmutz abzuwaschen, oder ein eigenes Abfallsystem für kontaminierte Wäsche. Zwei Dieselmotoren sollten das Hilfskrankenhaus mit Strom versorgen. Sie abzubauen war zu teuer, also stehen die beiden dort nutzlos herum. Welther kann sich noch an Zeiten erinnern, als die Motoren zwei Mal im Jahr zum Test angeschmissen wurden.
Bensberger Krankenhaus
Stadtdirektor war Chef des Krisenstabes
Für den Ernstfall war in den 1960er Jahren genau festgelegt, wie das Bensberger Krankenhaus genutzt werden sollte. In der Stadt standen für die Kommandozentrale direkt nach der Alarmierung zwei Funkstreifenwagen, 13 Krafträder, ein Motorroller und drei Mopeds zur Verfügung, außerdem sieben Gasmasken.
Das lässt sich den Akten des Stadtarchivs entnehmen. Chef des Krisenstabs war von Amts wegen der Bensberger Stadtdirektor. 40 Beamte waren ihm direkt zugeteilt und es war festgelegt, wer was zu erledigen hatte. Festgelegt war auch, dass in Friedenszeiten ein „Grundwärmestand von plus zehn bis plus 14 Grad“ zu halten“ sei. (nie)
Es gibt auch keinen Wasseranschluss mehr. Nur noch Strom für das Licht und eine Pumpe, die ab und zu für eingedrungenes Regenwasser angestellt wird. Ein wenig unheimlich sind die Telefonapparate, die die verschiedenen Abteilungen untereinander verbinden sollten. Es gibt da immer noch ein Freizeichen.
1000 Kartons für Belarus
Und während Welther durch seinen Bunker führt, kommt Dietmar Schur. Er arbeitet ehrenamtlich für den Verein „Hilfe Litauen Belarus“ und nutzt den Raum als Lager. Erst vor einer Woche ging ein Transport in das diktatorisch regierte Land. 1000 Bananenkartons mit Hilfsgütern, sowie 30 Fahrräder, Schultische und Stühle.
Die Caritas, so Schur, sorgt für die Verteilung. Allerdings ein schwieriges Unterfangen. „Soweit ich weiß, steht unser Container, den wir im Oktober geschickt haben, immer noch verplombt, ungeöffnet in einer Stadt in Weißrussland.“ Die staatlichen Stellen behindern laut Schur die Verteilung der Spenden.
Ein trockener Lagerraum
Aber trotzdem ist er schon dabei, die nächsten Kartons zu packen – für die Ukraine. Dass sein Lager ursprünglich als Hilfskrankenhaus geplant war, weiß er, habe aber keine Bedeutung. „Es ist ein ruhiger, sicherer und trockener Lagerraum.“
Hausmeister Welther erinnert daran, dass es mal eine Zeit gegeben hat, in der die atomare Bedrohung allgegenwärtig war. Er stammt aus Siebenbürgen in Rumänien, wuchs hinter dem Eisernen Vorhang auf, der Europa bis 1989 trennte. In eine Einflusssphäre der Sowjetunion und eine der USA.
Beide Seiten verfügten – und verfügen immer noch – über riesige Atomwaffenarsenale. Aus dieser Zeit der atomaren Bedrohung stammt der Bensberger Bunker. Für den heutigen Katastrophenschutz spielt er keine Rolle mehr. Die Zeiten der atomaren Abschreckung schienen ja vorbei. Neben dem Hilfsverein nutzt übrigens noch ein weiterer den Bunker: Der Gesangsverein Harmonie.